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Brans Reise

Titel: Brans Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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anderen Schiffen hinüber. Dann drehte er sich um. »Ich kann ihn nicht sehen, Vater!« Er rannte zurück zu den Tirganern. »Er ist tot! Bran ist tot!«
    Jetzt erblickte Bran noch andere Menschen des Felsenvolkes. Kaer beugte sich in seinem kurzärmligen Hemd und der dünnen Lederhose nach unten und nahm Vord auf den Arm. Drei Tirganer weiter rechts standen Nosser und Tiene, mit Decken und Umhängen über den Schultern, als hätten sie einfach ihr Bettzeug um sich geschlungen.
    Bran folgte den Spuren der Tirganer mit seinem Blick. Eine kleine Anhöhe trennte den Strand von der Stadt, und die Spuren führten an einer steinernen Umzäunung entlang, die sich über die Anhöhe zog. Da sah er hinter der Anhöhe eine Kapuze auftauchen. Sie sank nach unten und verschwand, bevor ein Gesicht, das halb von Haaren und einem Schal verborgen war, wieder aus dem Boden emporwuchs. Dann kamen die Schultern zum Vorschein, die Krücke und der hinkende Körper. Der einbeinige Turvi humpelte auf die Anhöhe, lehnte sich auf seine Krücke und spähte in Richtung Strand. Bran wischte sich über die Augen und reckte seine Arme zum Himmel. Da sah Turvi ihn.
    »Dielan!« Er winkte mit den Händen und humpelte weiter nach unten. »Dielan! Nicht dort unten! Er ist hier!«
    Bran rannte über das Deck und kletterte auf den Bugsteven. Er erkannte die dunklen Haare seines Bruder, der sich zwischen den Tirganern hindurchdrängte. Dann tauchte er unmittelbar vor dem Bug auf.
    »Bran.« Er atmete aus und blinzelte in die Sonne. »Ich… Wir haben gewartet.«
    Bran fasste sich ans Kinn. Er wusste nicht, was er sagen sollte.
    »Er ist lang geworden.« Dielan neigte den Kopf zur Seite, sah auf und lächelte. »Dein Bart, meine ich. Du siehst aus wie Hagdar.«
    »Hagdar?« Bran hängte sich an den Steven und ließ sich in den Sand fallen. Dielan reichte ihm die Hand. Bran ergriff sie und stand auf. Er wollte ihm auf die Schulter klopfen und mit ihm lachen, doch er musst es erst wissen.
    »Sag, dass er lebt«, bat Bran. »Sag, dass er stark ist, wie er es immer gewesen ist.«
    Dielan blickte zu Boden. »Er…«
    Da stand Gwen vor ihnen. Sie nahm Dielans Hand und führte sie beide durch die Menge der Tirganer. »Hagdar lebt«, sagte sie. »Lass uns zum Lager zurückgehen. Als er die Schiffe sah, sagte er, er wisse, dass du an Bord seist. Er bat darum, dich ins Lager zu bringen, sobald wir dich gefunden hätten.«
    Bran folgte Dielan und Gwen den Strand hinauf. Sie bahnten sich einen Weg zwischen jubelnden Tirganern, Kindern und Kriegern hindurch, die ihre neuen Narben zur Schau stellten. Ken und Narie, Vermer und die anderen umringten sie. Er grüßte sie und ließ sich auf die Schulter klopfen, doch er fühlte keine Freude dabei. Warum konnte Hagdar nicht selbst hier sein? Und Tir… Er reckte den Hals und starrte zum Strand hinunter. Er konnte sie nirgends sehen.
    Dann stand Turvi vor ihm. »Häuptling.« Der Einbeinige runzelte die Stirn, und sein Kinn zitterte unter seinem Bart. »Wie lange habe ich darauf gewartet! Du bist zurück… zurück bei deinem Volk!«
    Bran legte seinen Arm um den Alten, der zu schluchzen begann und sich das Gesicht mit seinen Haaren abwischte. Bran stützte ihn und half ihm weiter.
     
    Es war eine Stadt aus Eis. Der Sturm hatte Schneewehen an den Hausecken aufgetürmt, und die Zweimaster hinter der Mole waren festgefroren und eingeschneit. Die Türme ragten wie spitze Klippen über die weißen Hausdächer. Nach Arborg kamen ihm selbst die größten Gebäude klein vor, und die Straßen waren im Vergleich zu dem breiten Platz auf dem obersten Plateau der Stadt der Riesen nur schmale Pfade. Von der Mole bis zum Rand des Eises, an dem sich die Wellen brachen, war es nur ein guter Steinwurf, aber dennoch lag der Schnee in Tirga so hoch, dass er die Stadt kaum wiedererkannte.
    Er folgte dem Felsenvolk am Hafen entlang. An der Spitze der vordersten Mole lagen ihre kleinen Boote kieloben, wie er es im Traum gesehen hatte.
    »Vor ein paar Tagen habe ich dort vorne gestanden«, sagte Dielan lächelnd. »Ich habe übers Meer geschaut und gespürt, dass du bald kommen wirst.«
    Bran ging in die Straße, die zwischen den beiden untersten Häuserreihen hindurchführte. Vor sich konnte er das Lager und die schwarze Feuerstelle inmitten der verschneiten Zelte erkennen. Sie standen so da, wie er sie verlassen hatte, einzig verbunden mit einem spinnwebartigen Geflecht von Trampelpfaden im Schnee. Einige der Frauen grüßten ihn aus dem

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