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Brans Reise

Titel: Brans Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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weg!« Er richtete seinen Speer auf sie und fletschte die Zähne, gleichermaßen um seine Angst zu verbergen und um Gefährlichkeit auszustrahlen. »Lasst sie fallen!« Er stampfte auf dem Boden auf und nickte in Richtung ihrer Bogen.
    Die Fremden sahen einander an. Der Vorderste sagte etwas zu den anderen, und dann ließen sie ihre Bogen zu Boden fallen. Sie zogen ihre Messer aus den Gürteln und warfen sie vor Bran auf die Erde.
    Die Frauen senkten ihre Bogen, behielten die Pfeile aber an den Sehnen. Bran beugte sich hinunter und hob die Messer auf. Klinge und Knauf waren aus einem Stück geschmiedet und der Schaft war mit gelben Steinen besetzt. Zwischen den Steinen waren Drachen und Schlangenfiguren eingeritzt. Niemals zuvor hatte Bran derart vollendetes Handwerk gesehen.
    »Wo kommt ihr her? Seid ihr Kretter?« Er trat, den Speer vorgestreckt, einen Schritt auf sie zu. Als der Vorderste die Hand hob, schob Bran seine Waffe nach vorn, so dass die Speerspitze auf der Brust des Fremden ruhte. Seine erhobene Hand begann zu zittern und Tränen pressten sich unter seinen Lidern hervor. Er beklagte sich jammernd mit unverständlichen Worten.
    »Er wollte nur die Richtung zeigen.« Dielan berührte Bran am Arm. »Lass den Speer sinken, Bruder. Ich glaube nicht, dass das Kretter sind.«
    Bran zog den Speer zurück und spürte Hagdars schwere Faust im Rücken.
    »Zeig ihnen, dass wir freundliche Absichten haben«, flüsterte er. »Sonst bekommen wir nur Schwierigkeiten mit ihnen.«
    Bran senkte die Speerspitze vollends zu Boden. Die Angst hatte die Wut in ihm geweckt, und dann sah er überall Feinde und Gefahren. Er hob den Arm und zeigte ihnen seine geöffnete Hand.
    »Wir kommen aus dem Norden«, sagte er. »Wir sind weit gesegelt und brauchen Wasser. Könnt ihr uns zeigen, wo wir etwas finden?«
    Da drehte sich der Vorderste der großen Männer nach hinten zu den anderen um. Sie wechselten ein paar leise Worte, ehe der Mann in Richtung der Büsche deutete und lächelte.
    »Den Weg«, sagte er. »Wir sind Jäger.« Er sprach auf eine merkwürdige Weise, dachte Bran. Der Mund legte sich in seinem schmalen Gesicht irgendwie schwer um die Worte und ließ die scharfen Laute verschwommen und undeutlich werden.
    »Seid ihr viele?« Bran versuchte zwischen den Bäumen etwas zu erkennen.
    »Wir sind die Jäger des Inselkönigs.«
    Bran hörte den Stolz in ihren Worten. Die Fremden verschränkten die Arme vor der Brust und schienen wieder ein wenig ihres Mutes zurückgewonnen zu haben.
    »Der große Saal liegt nur einen halben Tagesmarsch von hier entfernt.« Der Jäger deutete in die Richtung, in die das Wildschwein geflohen war. »Der König ist ein gastfreundlicher Mann. Er wird euch vielleicht Essen und Wein geben. Und er liebt es, Geschenke auszutauschen.«
    »Das hört sich gut an.« Hagdar trat an Brans Seite. »Ich glaube nicht, dass sie böse Absichten haben. Sollen wir mit ihnen gehen?«
    »Wir haben keine Geschenke, die wir eurem König geben könnten.« Bran zeigte seine Handflächen. »Wir sind nicht reich. Wir können ihm nichts zurückgeben.«
    Da lachten die Jäger, so dass ihre Bärte wackelten. »Ihr macht Scherze«, grinste er. »Ihr seid witzig! Aber ich habe Augen im Kopf…« Er deutete auf sein Auge und lachte erneut.
    »Lass uns mitgehen«, sagte Hagdar. »Auf jeden Fall können sie uns den Weg zu einem Bach zeigen.«
    »Ja«, nickte der große Mann. »Kommt mit! Der König bekommt seit dem Krieg gegen die Arer nur noch selten Besuch!«
    Die Jäger grinsten. »Wir werden essen und trinken und ihr könnt uns erzählen, wo ihr herkommt. Und der König wird euch Geschenke machen. Er ist ein gastfreundlicher Mann.«
    Bran musste über das ungewöhnliche Benehmen lachen. Es war ihnen anscheinend wichtig, zu betonen, wie gastfreundlich ihr König war. Aber er war sich sicher, dass sie ihn nicht hintergehen würden. Außerdem konnte er nicht leugnen, dass ihm etwas Wein und frisches Fleisch gut schmecken würden.
     
    Nach einer kurzen Beratung gingen Ken, Nosser und Dielan mit den Frauen zurück zum Strand. Hagdar hatte gehört, dass die Männer im Süden ihre Frauen wie Sklavinnen behandelten, und Bran hielt es für das Beste, sie bei den Booten warten zu lassen. Deshalb gingen nur Bran und Hagdar mit den Jägern. Sie wendeten sich nach Westen und wanderten lange durch dichtes Geäst, ehe sie auf einen Pfad kamen. Hier bildeten die gelben Blumen fast einen Teppich zwischen den Bäumen. Die Luft war schwer und

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