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Brans Reise

Titel: Brans Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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ans Ruder und lehnte seinen Kopf an den Achtersteven.
    Dielan blickte zu Gwen. Sie kroch zu ihm herüber und legte die Arme um seine Schultern. Das Felsenvolk fürchtete Gift, denn der Vogelmann hatte ihnen von den vergifteten Pfeilspitzen der Tuurer erzählt. Sie wurden in den Saft giftiger Beeren getaucht und töteten einen Mann schon beim kleinsten Kratzer.
    »Lass mich das machen.« Tir strich Bran über dessen fiebrige Stirn. »Sonst stirbt er.«
    »Warum sollte ich dir trauen?« Dielan zog sein kurzes Jagdmesser aus seinem Gürtel. Er deutete mit der Klinge auf sie, doch Gwen zog an seinen Kleidern.
    »Frauen wissen mehr über so etwas«, sagte sie. »Weißt du nicht mehr, wie mir Linvi bei der Geburt geholfen hat?«
    Dielan ließ sein Messer sinken und besann sich. Gwen hatte Recht. Keiner der Männer hatte Gwen zu helfen gewusst, als Konvai geboren wurde. So, wie die Männer erzogen worden waren, um zu jagen und zu töten, wurde den Frauen alles beigebracht, um Leben zu bewahren. Vater hatte das einmal gesagt. Dielan reichte ihr das Messer.
    »Alles, was ich tun kann, ist, das tote Fleisch und den Eiter zu entfernen.« Sie trennte Brans Hose auf und schnitt längs durch die aufgedunsene Wunde. Dann drückte sie auf die Wundränder. Gelber Eiter sickerte zwischen den Hautfetzen hervor. Dielan hielt sich die Hand vor den Mund, denn die Übelkeit stieg in ihm empor. Tir kümmerte sich nicht darum, sondern stach das Messer tief in die Pfeilwunde im Oberarm. Auch hier drückte sie die Wundränder zusammen, so dass die stinkende Wundflüssigkeit heraussickern konnte.
    »Jetzt müssen wir sie zunähen«, sagte Nangor, als sie fertig war. Er hatte von seinem Platz am Steuer aus verfolgt, was geschehen war. »So große Wunden wachsen nicht von selbst zusammen.«
    Gwen suchte eine Knochennadel und ein Stück Sehne heraus und nähte die Haut, so gut es nur ging. Tir saß dicht neben ihr und hielt die Wundränder zusammen. Dielan dachte nicht groß darüber nach. Er war froh, dass sein Bruder schlief, denn als sie mit dem Schenkel fertig waren, meinte Tir, dass es das Beste sei, so auch mit den Wunden in Hals und Rücken zu verfahren. Tir schnitt auch noch die letzten Wunden auf, drückte den Eiter heraus und presste dann die Wundränder zusammen, während Gwen nähte. Bran lag regungslos da, und nur das Zischen seines Atems verriet, dass er noch am Leben war.
    »Vielleicht versucht er zu sterben?«, sagte Nangor fragend, als sie die Enden der Sehne an den Rändern seiner Halswunde verknoteten. Tir antwortete nichts darauf, sondern kletterte auf die Ruderbank und wusch sich die Hände im Meerwasser.
     
    Am fünften Abend vertäuten die Männer die Boote aneinander und hielten Rat.
    »So geht es nicht weiter«, sagte Nosser. »Meine Kinder haben Durst, doch ich darf ihnen nicht mehr als einen Becher pro Tag geben, denn niemand weiß, wann wir wieder Land sehen!«
    »Lass uns umkehren.« Velar stand auf und ließ seinen Blick über die Gesichter der anderen Männer gleiten. »Ich habe von einem Land im Norden geträumt, einem fruchtbaren Land! Brans Kurs hat uns nur ins Unglück gestürzt!«
    Kai und Nosser nickten beifällig. Doch Hagdar erhob sich und deutete auf Bran.
    »So, du willst also Häuptling sein? Kannst du vielleicht die Wunden ertragen, die Bran auf sich genommen hat?«
    Velar blinzelte in die Sonne. »Du hast doch auch geträumt, Hagdar. Warum unterstützt du das Halbohr?« Er trat in Kais Boot und kletterte von dort in das von Dielan. Dort schlug er das Segeltuch zur Seite. »Seht euch euren Häuptling an! Er ist bald tot!«
    Dielan packte seine langen Haare und zog ihn nach hinten. »Wie kannst du es wagen, meinen Bruder zu verspotten? Er wird leben! Und du wirst niemals Häuptling!«
    Velar wand sich los. Alle wussten, dass sich die zwei nicht mochten. So war es gewesen, seit Velar um Gwen geworben hatte.
    »Sieh zu, dass du in dein Boot kommst!« Dielan zog Kais Boot heran und hielt es fest, bis Velar kopfschüttelnd hinübergeklettert war.
    »Lasst uns nicht in Unfrieden miteinander sprechen«, sagte Turvi. »Berav hat Bran auserwählt, und er ist es, dem wir folgen müssen. Ich weiß, dass er einen Kurs nach Süden gesehen hat. Der Wind weht noch immer aus Norden, und ich sage euch, lasst uns dorthin segeln, wohin uns der Wind weht.«
    »Nach Ar!« Nangor sah von dem Weinfass auf, das er sich aus Kais Boot erschlichen hatte, und rülpste kurz und bestimmt. »Wenn wir diesem Kurs folgen, kommen wir zu

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