Brans Reise
überleben wird, Rivalen sind.«
»Ich verstehe.« Visikal legte die Hände auf die Armlehnen. »Aber sag mir, wie hat er seine Verwundungen bekommen?«
»Er hat um sie gekämpft«, antwortete Vare lächelnd. »Um Tir, meine ich. Er hat gegen den Sohn des Aardkönigs gekämpft, nachdem er den Aardkönig ertränkt hat.«
Visikal grinste. »Das sind gute Neuigkeiten. Sar war eine Plage und viel schlauer, als die Mansarer sonst sind. Dieser Häuptling muss belohnt werden, wenn er überlebt.«
»Und du musst tief in deine Truhe greifen, Visikal.« Ylmer zeigte auf ihn. »Denn du hast noch nicht gefragt, wo die Fremden Tir gefunden haben, und sie selber hat es, schamvoll wie sie ist, ja auch noch nicht gesagt. Aber ich werde es dir sagen, denn du bist ihr Onkel und sollst die Wahrheit wissen. Sie fanden sie in Sars Harem!«
Visikal umklammerte mit den Händen die Armlehnen, und seine Augen wurden schmal. Dann stand er auf und ging zum Kamin hinüber. Dort wühlte er mit der Eisenzange in der Glut herum, ehe er ein brennendes Tangbündel zu fassen bekam.
»Wir werden nach Aard segeln und Sars Krieger töten, alle.« Er hob das Tangbündel an und starrte in die Flammen. »Wir werden ihre Köpfe auf Pflöcke spießen und ihre Körper den Haien zum Fraß vorwerfen. Und wir werden alle seine Sklaven befreien und uns die Inseln Untertan machen. So werden wir das Unrecht rächen, das Sar der Tochter meines Bruders und all den anderen, die unter seiner Macht gelitten haben, angetan hat!«
Ylmer erhob sich. »Warum nur Aard? Nach allem, was ich weiß, verdienen sich die Vandarer wahre Reichtümer mit dem Sklavenhandel. Wir müssen sie von den Meeren vertreiben, sie vernichten! Cernunnos hat seit zwei Wintern kein Blut mehr gesehen. Und er ist durstig!«
»Das ist Unsinn«, brummte Vare. Er schlug mit der Faust auf den Tisch, so dass die Waffen klirrten, und wies den jüngeren Mann mit seinem Blick zurecht. »Rache ist eine gute Sache, Krieg ist etwas anderes! Sag mir, Ylmer: Hast du vergessen, was vor fünf Wintern geschehen ist, als wir zwei die Schlachtreihen gegen die Åskönige angeführt haben?«
Ylmer setzte sich wieder hin, aber Vare ließ nicht so leicht locker. »Weißt du noch, was wir gesehen haben, als wir in diesen Stall gegangen sind? Ich weiß es noch, Ylmer. Ich sehe die alte Frau und ihren Mann noch vor mir, getötet von dem Schwerthieb deines Heerführers. Ich erinnere mich noch an die Kinder, die versucht haben, sich im Heu zu verstecken, während er diesem Mädchen die Kleider vom Leib riss. Erinnerst du dich noch, Ylmer, was er versucht hat zu tun? Und weißt du noch, was ich mit ihm gemacht habe?«
»Er war jung!«, schrie Ylmer. »Das war nicht meine Schuld! Visikal hat ihm eine Stellung zuteil werden lassen, die er niemals hätte bekommen dürfen, nur weil sein Bruder darum gebeten hat!«
»Silak war dir untergeordnet!« Vare deutete mit zitternden Fingern auf ihn. »Du hättest ihn straffer leiten müssen! Wenn wir das nicht schaffen, sind wir nicht zum Skerg geeignet!«
»Silak ist kein Problem mehr.« Visikal stieß die Eisenzange wieder in den Kamin. »Darüber haben wir schon gesprochen, und ich habe eingestanden, dass es ein Fehler war, meinem Bruder nachzugeben. Warum regt ihr euch also so auf? Du hast ihm seine Strafe gegeben, Vare. Die Sache sollten wir vergessen.«
»Ja, ich habe ihm seine Strafe gegeben!« Vare schaute auf seine gewaltigen Hände hinab. »Ich habe ihn zurück auf mein Schiff gebracht und ihn hingerichtet, wie es sich für einen wie ihn gehört. Sein Skalp flattert noch immer von der Spitze meines Mastes, und es erinnert mich daran, was Krieg sein kann. Deshalb habe ich Angst davor, in Vandar einzufallen. Was, wenn sich noch mehr von unseren Kriegern als Unmenschen offenbaren? Solche Menschen bringen Schande über unser ganzes Volk, und Cernunnos hasst sie.«
»Die Strafe sollte sie abschrecken.« Ylmer sah zur Decke hoch und atmete aus. »Die Menschen sprechen noch immer voller Furcht darüber, wie du ihm die Gedärme aus dem Leib gerissen hast.«
Vare strich sich über den Bart und dachte an die Hinrichtung zurück. Es hatte ihm kein Vergnügen bereitet, und noch immer rissen ihn die nächtlichen Erinnerungen an den schreienden Mann aus dem Schlaf.
»Jeden Abend bete ich zu Cernunnos um Vergebung dafür, was mein Heerführer getan hat«, sagte Ylmer. »Aber wir sind ein Volk von Kriegern und wir brauchen Blut. Lass uns ihre Häfen und ihre Schiffe niederbrennen.
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