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Brans Reise

Titel: Brans Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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Wir brauchen nicht an Land zu gehen. Es reicht, ihnen die Flügel zu stutzen. Eine solche Kriegsführung würde Cernunnos gefallen, denn er erachtet es nicht als ehrenhaft, fremde Länder ihrer Reichtümer zu berauben.«
    »Richtig.« Visikal setzte sich wieder an den Tisch. »Es ist der . Kampf, der uns einen Platz an Cernunnos Thron sichert, nicht das Plündern. Wir machen es, wie du vorgeschlagen hast, Ylmer. Oder was meinst du, Vare?«
    Vare legte die Hände übereinander und blickte auf. »Wenn wir Krieg führen müssen, ist das die einzig mögliche Vorgehensweise. Aber wir können nicht lossegeln, ehe das Korn eingebracht ist. Wir müssen warten, bis die Männer die Sensen aus den Händen gelegt haben.«
    »Das gibt uns die Zeit zu planen«, sagte Ylmer. »Die Waffenschmiede können die Schwerter schleifen und neue Sehnen für die Bogen drehen. Aber wenn die Ernte vorüber ist, stechen wir in See.«
    Vare nickte. »Wenn wir das wollen, dann ist das die Zeit.«
    »Dann sind wir uns einig.« Visikal lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Morgen schicke ich einen Reiter nach Old-Myre mit der Nachricht, was wir vorhaben. Die Skerge dort werden uns unterstützen, das tun sie immer. Sie werden einen Boten nach Arborg aussenden, und wenn sie dort hören, dass sowohl Tirga als auch Old-Myre hinter dem Angriff stehen, können sie nicht Nein sagen.«
    »Sie werden sich einen Angriff wünschen«, meinte Ylmer. »Das haben sie letzten Sommer gesagt, als ich dort war.«
    »Dann lasst uns darauf anstoßen!« Visikal klatschte in die Hände, und seine Frauen kamen die Treppe herunter. Sie gaben jedem Mann einen Krug und verschwanden wieder nach oben.
    »Auf den Sieg! Auf Cernunnos!«
    »Auf Cernunnos!« Die drei Skerge hoben ihre Krüge und ließen den Wein die Kehle herabrinnen. Ylmer betäubte die schmerzhaften Erinnerungen an die Hinrichtung seines Freundes, Vare ertränkte seine Angst davor, was geschehen könnte, wenn Ars Kriegslust geweckt wurde, und Visikal trank, um seinen Hass zu schüren.
     
    Tir legte den Lappen in ihren Schoß. Sie stand von ihrem Stuhl auf und ging zu der anderen Seite des kalten Steinraumes hinüber. Vor dem Fenster blieb sie einen Augenblick stehen und sah auf die Stadt hinunter. Sie blickte über den Hafen und die Langschiffe, folgte mit den Augen den Gassen in Richtung Osten und erkannte das Lager des Felsenvolkes. Dann bückte sie sich und hob den Eimer an, der unter dem Fenster stand, ging zum Tisch zurück und schüttete Wasser in die Schüssel. Sie nahm ein wenig Salbe aus dem Töpfchen, das daneben stand, und schmierte sie in den Lappen. Dann benetzte sie das Tuch mit dem Wasser, drehte sich um und kniete vor dem Bett nieder.
    »Bran«, sagte sie, »du hast kein Fieber mehr. Du kannst aufwachen!«
    Sie wartete nicht auf eine Antwort, sondern legte das Tuch über seine Brust. Dann wusch sie den Schweiß von seinem Oberkörper, spülte den Lappen im Wasser aus und fuhr mit den Armen fort. Sie waren schwer, doch sie war es gewohnt, kranke Männerkörper anzuheben.
    »Jetzt hilf mir!« Sie legte eine Leinendecke um ihn, stützte sich mit dem Fuß an der Bettkante ab und drehte ihn auf die Seite. »So, ja. Liegst du gut?«
    Bran öffnete den Mund. Sie wusste, dass das eine Folge davon war, dass sich der Kopf jetzt nicht mehr so gut abstützen konnte wie zuvor. Doch sie sprach weiter mit ihm, denn sie fühlte sich dann sicherer.
    »Die Wunden heilen«, sagte sie lächelnd. »Bald können wir die Fäden ziehen.« Sie löste einen weiteren Lappen von ihrem Gürtel, tauchte ihn ins Wasser und drückte ihn dann auf die Stichwunde im Schenkel, bevor sie das Töpfchen neben ihn stellte und Salbe in die Wunde strich. Der Duft breitete sich im Raum aus. Dieser Geruch erinnerte sie immer an Lilien, aber er war stärker und stach in der Nase. Sie wusch seine Hüften und Beine, drehte ihn wieder auf den Rücken und fuhr mit der Vorderseite der Schenkel fort. Der tiefe Schnitt war gut verheilt. Dennoch würde er als alter Mann hinken, denn sie hatte viel Fleisch entfernen müssen.
    Tir wusch seinen ganzen Körper, wie sie es jeden Tag seit dem Ritual getan hatte. Sie strich Salbe in die Pfeilwunde, auf den Rücken und über den Schnitt im Hals und kämmte seine Haare mit ihrem eigenen Knochenkamm. Dann schob sie den Stuhl dicht ans Bett heran und setzte sich.
    »Du hast kein Fieber mehr«, wiederholte sie. »Also, warum schläfst du? Ich weiß, dass du keine Knochenbrüche hast, denn wir haben dich von

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