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Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Titel: Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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die Schule in Bremen einen außerordentlich guten Ruf, drittens lerne ich gleichzeitig Deutsch. Viertens ist die Ausbildung gratis, so daß ich nur für Essen und Wohnen Geld brauche.“
    „Aber Deutsch kannst du doch schon ausgezeichnet.“
    „Ach, ich stolpere oft in der-die-das; das mußt du doch gemerkt haben.“
    Das hatte ich allerdings, aber was spielte es für eine Rolle, ob er „das“ Esel oder „der“ Butterbrot sagte, ich verstand ihn ja ausgezeichnet.
    „Schön wäre es, wenn du nach Bremen kämst. Dann könntest du übers Wochenende und Weihnachten zu uns kommen. Bremen ist von uns aus die nächste Stadt.“
    Pierre lächelte.
    „Ja, schau, das wäre der fünfte Grund, warum ich absolut nach Bremen möchte.“
    Die Frühstückszeit kam heran, die Kinder verschwanden. Pierre und ich saßen wieder auf der Bank und verzehrten seine Butterbrote und meinen Sandkuchen.
    „Erzähl nun ein bißchen von dir, Britta. Wofür interessierst du dich nun auf dieser Welt?“
    Ich schwieg lange. Dies war eine schreckliche Frage. Ich hatte keine Ahnung, wofür ich mich interessierte. Interessierte ich mich überhaupt für etwas auf der Welt?
    „Malerei“, sagte ich schließlich. „Ich bin ja die Tochter eines Kunstmalers. Und Pferde und Reiten.“
    „Aber was willst du werden? Malerin oder Reiterin?“
    Da mußte ich lachen.
    „Weder noch! Am liebsten möchte ich Stewardeß werden. Also Luftfahrt-Stewardeß. “
    „Was? Stewardeß? Ist das dein Ernst?“
    Und ob das mein Ernst war! Vor etwa einer dreiviertel Minute war es mein Ernst geworden.
    „Aber du bist noch zu jung, um aufgenommen zu werden, Britta. Und du mußt sehr gute Sprachkenntnisse haben, um Stewardeß zu werden. Deutsch ist ja deine Muttersprache, Französisch lernst du jetzt, aber Englisch mußt du fließend können!“
    „Ja“, sagte ich kleinlaut. „Aber glaubst du nicht, daß ich das lernen kann, wenn ich mich gewaltig darauf konzentriere? Ich meine, wenn ich wieder zu Hause bin. Wenn ich dann anfange, aus Leibeskräften Englisch zu lernen? Meine Tante gibt Englischunterricht.“
    „Klar, daß du es lernen kannst. Man kann alles lernen, wenn man alles daran setzt. Und wer Stewardeß werden will, muß beinahe alles lernen! Wenn du in der Zwischenzeit Kinderpflege lernen kannst, ist es großartig, von Krankenpflege mußt du auch etwas verstehen, und vor allem mußt du mit Menschen umgehen können. Du mußt höflich und freundlich sein - und unsagbar geduldig!“
    „Kinderpflege kann ich daheim auf dem Seehundsrücken lernen!“ sagte ich. „Dort ist ein großes Kinderheim für Bronchitiskinder, und da brauchen sie immer Hilfe!“
    „Glückspilz!“ sagte Pierre. „Ich meine, du bist ein Glückspilz, weil du so viel von deiner Ausbildung umsonst bekommen kannst. Für mich ist es schlimmer, seit Papa starb. Nun, wir werden sehen. Du kannst dir kaum vorstellen, wie fleißig ich Geld spare! In Deutschland habe ich neben meinen Studien ganz gut verdient. Ich gab unbegabten Kindern Nachhilfestunden in Französisch und Mathematik.“
    „In Bremen gibt es bestimmt auch unbegabte Gören!“ lachte ich. Keiner von uns hatte gemerkt, daß der Himmel sich bewölkt hatte. Plötzlich fiel ein Regentropfen auf meine Nase.
    Pierre sah in die Höhe.
    „Verflixt noch mal, es fängt an zu regnen! Ja, dann können wir für heute Schluß machen. Falls es morgen in Strömen regnet, komme ich nicht. An allen Regentagen habe ich frei.“
    „Frei?“ sagte ich hoffnungsvoll. Wie schön, wenn Pierre und ich.. schoß es durch meinen Kopf.
    „Ja, das heißt: frei von den Eseln. An Regentagen helfe ich dem Kaufmann im Nachbarhaus mit seiner Buchführung. Da verdiene ich auch etwas.“
    „Jetzt fehlt nur, daß du sagst, du wärst auch Portier in einem Nachtklub“, sagte ich.
    Pierre warf einen nachdenklichen Blick auf mich.
    „Da bringst du mich auf einen Gedanken! Wenn ich das könnte! Ein tüchtiger Portier verdient sicherlich eine Menge Trinkgeld.“
    „Wer weiß, vielleicht genug für ein halbes Jahr Bremen“, sagte ich. - „Ach, jetzt wird es aber Ernst mit dem Regen!“
    „Lauf fix zur Metro, Britta. Du hast ja keinen Regenmantel mit. Und sei vorsichtig. Was ist eigentlich mit deiner Cousine?“
    „Ich bekam heute einen Brief, sie kommt bald“, rief ich, während ich davonsauste.
    Es regnete in Strömen, als ich aus dem Zug in Colombes stieg. Bis auf die Haut naß, kam ich nach Hause. Wäre es nun wenigstens im Haus warm und gemütlich

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