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Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Titel: Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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gewesen, sauber und aufgeräumt! Doch es war kälter und unerfreulicher als je. Die Katzen hatten in dem ungemachten Bett Zuflucht gesucht. Ich schaltete den elektrischen Ofen an und stellte den Katzenkorb davor. Dann zog ich mich um, von Kopf bis Fuß. Die nassen Kleider warf ich auf einen Haufen. Ich war müde und hungrig. Ich mußte irgend etwas essen, bevor ich anfing aufzuräumen.
    Uff, jetzt ging das Niesen wieder los; meine Augen fingen zu tränen an. Es war wohl das, was die Leute im allgemeinen unter einer richtigen Erkältung verstehen. So etwas kannte ich noch nicht. Das Klima auf dem Seehundsrücken schützt einen davor.
    Am besten war es wohl, einzukaufen, ehe es noch schlimmer würde. Ich ging in die Garderobe, nahm meinen Regenmantel und entdeckte einen Zettel auf dem Fußboden.
    Sieh da, eine Stromrechnung. Aber um Himmels willen, hatten wir denn so viel Strom verbraucht? Uff, zu dumm, daß ich nicht alles lesen konnte, was auf der Rechnung stand. Vielleicht war es eine Vierteljahresrechnung? Vielleicht hatten Aubels so viel Strom gebraucht? Oder war es leichtsinnig, daß Vati und ich jeden Tag ein warmes Brausebad genommen hatten? Vielleicht brauchte der Ofen mehr Strom, als ich wußte?
    Ich ging ins Zimmer zurück und guckte den Ofen von allen Seiten an. Richtig, da stand es: Zweitausend Watt! Zweitausend! Und ich hatte den Ofen jeden Tag stundenlang eingeschaltet gehabt; Vati und ich hatten in der ersten Zeit dasselbe getan.
    Ofen oder nicht Ofen, Bad oder kein Bad - hier lag die Rechnung, und die mußte bezahlt werden. Etwas war rot gedruckt.
    Vielleicht bedeutete es einen Termin, einen letzten Termin vor der Sperrung?
    Aber wenn ich die Rechnung bezahlen mußte, blieb sehr wenig übrig zum Leben. Da mußte ich Vati sofort schreiben und ihn um Geld bitten.
    Zum Glück hatte ich ja das Geld im Brustbeutel, das mich retten sollte, wenn ich wirklich in Verlegenheit kam.
    Ich wußte so ungefähr, wo die Zahlstelle der Stadtwerke lag. Also nur schnell in den Regenmantel und die verflixte Rechnung in die Tasche gesteckt.
    Meine Augen tränten wieder; ein Frösteln lief mir über den Rücken.
    Und dann war es wieder der vernünftige Teil von mir, der die Führung übernahm.
    Beeile dich, Britta! - sagte er. Besorge alles, was besorgt werden muß. Vielleicht liegst du morgen ganz krank im Bett; kauf für die Katzen und für dich selbst ein. Schreib an Vati, vielleicht kannst du es morgen nicht mehr.
    Ich schluckte zwei Tabletten und ging davon; bezahlte die schreckliche Rechnung und kaufte für die Katzen Essen. Besser, ein paar Büchsen Dosenfutter mitzunehmen. Vielleicht war es gut, wenigstens einen kleinen Vorrat im Haus zu haben.
    In einem Schaufenster stand eine Schüssel Krabbensalat, er sah lecker aus. Ich könnte mittags Krabbensalat und Brot essen, dann brauchte ich nicht zu kochen.
    Ich kaufte ein Paket Biskuits. Falls ich morgen nicht ausgehen konnte, war es besser, Biskuits im Haus zu haben als harte Brotkanten. Was hatte doch Latour von den Clochards erzählt, den Herumtreibern, die oft in der Nähe der Seine oder in den Metrostationen auf den Bänken saßen und schliefen? Abends gingen sie zu den Hintertüren der Restaurants und bettelten um Brot. Sie bekamen ganze Beutel voll Brotreste von allen Tischen.
    Hätte ich bloß einen Clochard in der Nähe gehabt! Es war Sünde, all diese Brotreste wegzuwerfen, aber sie waren wirklich unbrauchbar. Ich verstand, warum die Franzosen zweimal am Tag Brot kauften.
    So, nun hatte ich alles. ein Glück! denn es regnete immer schlimmer, und es gluckste in meinen Schuhen.
    Zu Hause war es nach wie vor unsagbar ungemütlich. Keine Fee war gekommen, hatte Staub gewischt, aufgewaschen und den Ofen versorgt.
    Ich mußte zugreifen. Aber ich fror so entsetzlich. Ich mußte mich zuerst aufwärmen.
    Jetzt war das schreckliche Einsamkeitsgefühl wieder da. Es regnete Bindfäden und würde bestimmt auch morgen weiter regnen. Es gab also keinen Pierre in den Tuileren, und ich hatte keinen Menschen, mit dem ich sprechen konnte. Ich war rotnasig und erkältet, müde und elend. Ich kroch tief in mein Bett hinein und nahm das Buch von Inken. Ein wenig später hatte ich alles um mich vergessen.
    Es war nicht zu fassen, wie gut diese Edda Callies schreiben konnte! Die neunzehnjährige Heldin ihres Buches hatte eine Anstellung in London bekommen, wo sie keinen Menschen kannte. Sie wohnte in einem möblierten Zimmer und war völlig allein. Die Einsamkeit war so unglaublich,

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