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Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta

Titel: Bratt, Berte 02 - Zwei Briefe fuer Britta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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draußen, so bin ich im Büro, aber in der Regel warte ich draußen auf die Busse, auf denen ,Deutscher Führer’ oder ,Deutsch-englischer Führer’ steht. Kriege ich Dich wieder zu sehen, Britta?
    Herzlichen Gruß von Pierre.“
    Was war ich froh! Die Sonne schien, nett gekleidete Kinder liefen herum, die Tauben gurrten, die Esel zogen oder trugen kleine Kinder, der ganze Großstadtverkehr sang in der Luft um mich, in der pariserblauen Luft. Hatte ich mich wirklich einsam gefühlt? Ich, der die ganze Welt gehörte!
    Die mitten in dieser wunderbaren Stadt saß, in der Märchenstadt, in der Traumstadt für so viele Menschen.
    Pfeif drauf, daß ich wenig Geld hatte! Das würde schon in Ordnung kommen. Ich war gesund, ich war in Paris.
    ... und Pierre war auch in Paris!
    Zu Hause kamen mir die Katzen entgegen, sprangen an mir herauf und miauten. Ich sang und trällerte und pfiff durcheinander, ich kochte Katzenessen, ich räumte auf, wischte Staub, legte Tante Eddas Bettwäsche in den Waschkorb, brachte ihr Zimmer in den Zustand, wie es vor unserem Einzug einmal war: ein netter kleiner Arbeitsraum. Warum hatte ich nicht gleich daran gedacht, mich ins Schlafzimmer zu legen?
    Ich hatte die ersten Tage überhaupt nichts gedacht. Jetzt wollte ich aber alles nachholen. Was hatte Tante Edda gesagt: „Erst wenn man allein ist, lernt man sich selbst kennen, und wenn man sich selber kennt, kann man sich selbst auch erziehen“ und: „Ich kann die Einsamkeit nicht entbehren. Sie schenkt einem Zeit. “
    Ja, ich hatte Zeit, und die sollte jetzt ausgenutzt werden!
    Ich machte es mir gemütlich und freundlich. Niemals mehr wollte ich in Schmutz, Unordnung und Ungemütlichkeit versinken. Als die Zimmer frisch und sauber waren, bereitete ich das Essen für mich. Ein wenig sonderbar wurde das Essen ja, denn ich wollte keinen einzigen Centime ausgeben, um einzukaufen. Ich aß ein Ei, einen Rest Pudding und ein Stück Brot.
    Dann schrieb ich an Vati ein paar Worte, daß ich sehr auf Geld warte und fragte ihn, ob er meinen Brief nicht erhalten habe. Dann schrieb ich an Tante Edda die erste von den täglichen Karten, die ich ihr versprochen hatte.
    Die ganze Zeit während ich saubermachte, während ich aß und die Karten schrieb, zitterte ein blankes, goldenes kleines Glück in mir. Morgen, Punkt neun Uhr wollte ich vor dem Reisebüro „International“ stehen. Keine zehn wilden Pferde würden es schaffen, mich um neun Uhr woanders hinzuzerren.
    Ich ging aus dem Haus und steckte die Karten in den Briefkasten. Auf dem Heimweg traf ich den Nachtwächter aus der Fabrik. Er grüßte mich wie eine alte Bekannte, lachte und erkundigte sich nach den Katzen.
    Ich fing tatsächlich an, Freunde hier zu kriegen! Ich hatte den Nachtwächter, hatte meinen wunderbaren alten Clochard von der Metro, und ich hatte. ja, ich hatte Pierre!
    An diesem Abend tat es nicht weh, allein zu sein. Ich setzte mich mit dem französischen Lesebuch hin, doch bald merkte ich, daß ich gar nicht verstand, was ich las. Meine Gedanken liefen immer wieder andere Wege. Aber es waren helle und gute und frohe Gedanken. Und Stunden, die man mit guten Gedanken verbringt, sind bestimmt nicht vergeudet. Im Gegenteil!

Ein unerwarteter Job
    Am nächsten Morgen kam eine Karte von Ellen, aber überhaupt nichts von Vati. Ganz unbegreiflich!
    Ellen schrieb:
    „Britta, drück mir die Daumen, der zweite Abstrich war negativ; wenn der dritte es auch ist, darf ich aus dem Krankenhaus. Ich muß aber eine ganze Woche warten, bis sie den dritten Abstrich machen, es ist einfach nicht auszuhalten! Und wenn von diesen ekligen Diphtherieviechern noch einige versteckt in meiner Schleimhaut sitzen, so schreie ich so laut, daß Du es bis Paris hörst.“
    Eine Woche. dachte ich. Eine Woche wird also das mindeste sein, was ich noch allein aushalten muß. Im allerallergünstigsten Fall kommt Ellen in einer Woche. Aber ich würde es schon scharfen!
    Ich würde die Woche schrecklich vernünftig verwenden, das versprach ich mir selbst.
    Mit diesem Versprechen schloß ich die Haustür ab und ging in die Stadt.
    Vor dem Reisebüro standen drei große rote Busse mit Lautsprechern und Plakaten auf französisch, deutsch und englisch. Das Herz schlug mir bis zum Hals.
    Ein Mann in Uniform ging über den Gehsteig und durch die offene Tür in das Büro. Da stand ein anderer, auf dem Trittbrett zum Bus. Ein dritter kam gerade aus dem hintersten Bus. Dem flog ich entgegen, ohne auf die Leute Rücksicht zu

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