Bratt, Berte - Marions gluecklicher Entschluss
du der beste Vater auf der Welt bist und weil du gern was Gutes tun möchtest und weil Marion gerade. na, wie hast du eben gesagt? Richtig: weil sie eine neue Umgebung braucht! Und weil unser Haus so voll ist, daß es auf eine Person mehr oder weniger gar nicht ankommt und weil. und weil.«
». das Schicksal uns dieses Mädchen ins Haus geschickt hat«, ergänzte Vati. »Wenn Sie einverstanden sind, Herr Seising, kommen Sie mit ins Wohnzimmer. Ich möchte Sie gern mit dem Rest des Hausstandes bekannt machen.«
Herr Seising stand auf. Immer noch hatte sein Gesicht diesen fragenden erstaunten Ausdruck. Unsicher, als suche er nach Worten, sagte er: »Sie sind ein sehr guter Mensch, Herr Dieters!« Vati lachte.
»Von wegen! Nein, Herr Seising, aber ich bin Vater! Und ein glücklicher Mensch. Sehen Sie, wenn Marion geholfen werden soll, dann nur von glücklichen Menschen. Von Menschen, die glücklicher sind als das Personal in einem Erziehungsheim!« Ich lief schnurstracks zu Marion. Ich wollte sie sprechen, bevor der Onkel bei ihr erschien.
Ihr Gesicht war vollkommen verändert. Gestern hatte sie etwas mit uns gesprochen, heute früh sogar einmal gelächelt, ein scheues, kleines Lächeln. Jetzt war ihr Gesicht finster und verbissen.
»Oh, du bist es«, sagte sie nur.
»Ja, paß mal auf, Marion, ich komme schnell, um dir etwas zu erzählen.«
»Brauchst du nicht. Ich weiß, daß er da ist. Tante Edda hat’s erzählt. Frau Callies, meine ich.«
»Ach, das war es ja gar nicht. Ganz was Schönes will ich dir erzählen. Vati hat dich eingeladen, einen Monat hierzubleiben, und dein Onkel ist einverstanden!«
»Eingeladen - Quatsch mit Soße! Die beiden Männer haben es so ausgemacht, daß ihr mich übernehmt und auf mich aufpaßt.«
»Marion, du Schafskopf! Du bist eingeladen, hörst du! Nur wollte Vati es dir erst sagen, wenn er das Einverständnis deines Onkels hatte. Sonst hätte er dich nachher enttäuschen müssen. Oder« - ich sah Marion fragend an, jetzt fühlte ich mich unsicher - »oder möchtest du vielleicht gar nicht hierbleiben?« Marion drehte das Gesicht zur Wand. »Mir ist es schnurzpiepe, wo ich bin«, sagte sie. In diesem Augenblick hörte ich Schritte auf dem Korridor. Der Onkel trat ins Zimmer. Ich verdrückte mich, und da ich im Augenblick nichts anderes vorhatte, ging ich zu Vati und gab ihm die Riesenumarmung und die Bussis, die er wahrhaftig verdiente.
»Jetzt setze ich mich gleich hin und heule«, sagte ich. Ich hatte Marion ihr Abendessen gebracht und kam ins Wohnzimmer zurück. »Bitte, hier ist ein Taschentuch«, sagte Tante Edda. »Aber bevor du anfängst, erklärst du uns vielleicht, warum?«
»Wegen Marion«, seufzte ich. »Sie ist vollkommen verändert. Sagt kein Wort, sieht aus wie eine Gewitterwolke.«
»So«, sagte Tante Edda. »Und wie, meinst du, sollte sie sonst aussehen?«
»Fröhlich natürlich, weil sie bei uns ist und nicht bei dem gräßlich prächtigen Onkel!«
»Britta, ich nahm an, daß du wenigstens ein Fünkchen Verstand hättest! Begreifst du denn überhaupt nichts? Hast du keine Phantasie? Was, glaubst du, hat der Onkel ihr gesagt? Er hat ganz sicher alles zerstört, was wir aufgebaut hatten, oder sagen wir, das bißchen, was wir aufgebaut hatten.«
»Sicher!« rief Bernadette. »Marion hat natürlich zu hören bekommen, daß sie sich nun anständig benehmen muß.«
»Bei diesen so freundlichen Menschen, die das große Opfer bringen«, fuhr Ellen fort.
»Und die Krankheit sei die Strafe des Himmels, weil sie ausgerückt war«, ergänzte ich.
»Ja, so in dieser Richtung«, nickte Tante Edda. »Mit dem Resultat, daß das Mädchen nun daliegt und uns alle haßt. Aber eins sage ich euch« - Tante Eddas Stimme klang energisch -, »wir müssen zusehen, daß wir wieder Kontakt mit ihr kriegen, und zwar solange sie noch krank und schwach ist.«
»Warum?« fragte ich.
»Weil ein Mensch, der fiebert, der sich schwach und elend fühlt, nicht viel Widerstand aufbringen kann«, erklärte Tante Edda. »Marion steht in Opposition zu ihrem Onkel und nun leider, leider auch zu uns. Jetzt müssen wir ihr begreiflich machen, daß sie sich irrt, jetzt muß es ihr klarwerden, daß diese. diese Einladung von uns kein sentimentales Mitleid ist, sondern der ehrliche Wunsch, ihr zu helfen. Ein unsentimentaler Wunsch. Wie bringen wir ihr das bei?«
»Ja, wer das wüßte!« seufzte ich. »Im Augenblick ist sie gewiß für jegliche Logik unempfänglich. Na, wie dem auch sei,
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