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Bratt, Berte - Marions gluecklicher Entschluss

Bratt, Berte - Marions gluecklicher Entschluss

Titel: Bratt, Berte - Marions gluecklicher Entschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Charakteristik von jedem. Marion hörte aufmerksam zu. Es trat eine kleine Pause ein. Marion sah aus, als ob sie mit sich kämpfte. Tante Edda kam zu Hilfe.
    »Marion, wollen wir wetten, daß ich weiß, woran du denkst?«
    »Das wissen Sie nicht.«
    »Doch, genau. Du denkst darüber nach, ob du jetzt etwas über dich erzählen sollst. Das brauchst du aber nicht, denn wir wissen Bescheid.«
    Eine Angst schoß in Marions Augen. Sie richtete einen fragenden Blick auf Tante Edda. »Was wissen Sie?«
    Tante Eddas Stimme war vollkommen ruhig und nüchtern und genauso laut oder wenig laut wie immer: »Daß du mit einer Verwarnung davongekommen bist, Gott sei Dank.
    Noch einen Schluck Tee?« Marions Lippen zitterten.
    »Ja, und dann wissen wir, daß du von zu Hause ausgerückt bist. Mach doch kein so entsetztes Gesicht, Kind. Sei lieber froh, daß wir es wissen, dann brauchst du es nicht selbst zu sagen. Übrigens weiß dein Onkel, wo du dich befindest, und ist froh, daß du in Sicherheit bist. Na, war das nicht gut zu erfahren?«
    Es vergingen ein paar Augenblicke, bevor Marion sprach. Schließlich fragte sie mit ganz leiser Stimme: »Schicken Sie mich nach Hause?« Tante Edda lächelte.
    »Du drückst dich aber komisch aus. Du bist doch kein Paket, das man verschicken kann! Zuerst wollen wir dich gesundpflegen. Später sprechen wir ein bißchen zusammen. Vielleicht können wir dir mit einem guten Rat helfen. Weißt du, ein Haus mit so vielen erfinderischen Köpfen - einer von uns wird bestimmt auf eine gute Idee kommen.«
    Wieder eine Pause. Dann fragte Marion: »Warum machen Sie das?«
    »Was machen wir?«
    »Mir helfen.«
    »Menschenskind, deine Fragen werden immer komischer. Was tätest du, wenn ein krankes Mädchen vor deinen Augen zusammensackte, hohes Fieber und keine Bleibe hätte? Na, also! Und außerdem: In diesem Haus sind wir Überraschungen gewohnt, und wir sind so viele Frauenspersonen, daß eine mehr oder weniger überhaupt nichts ausmacht.«
    »Aber wenn Sie Bescheid wissen.«
    »Dann meinst du, hätten wir dich wieder rausschmeißen sollen und sagen: >Du hast Dummheiten gemacht, deswegen wollen wir dir nicht helfen.< Sei doch ein bißchen logisch, Marion. Natürlich hast du Dummheiten gemacht, das haben wir alle. Du hast dir nur die Art deiner Dummheiten ein bißchen unglücklich gewählt. Es ist ein Vorrecht der Jugend, Dummheiten zu machen, aber man sollte bei solchen bleiben, die einen nicht mit der Polizei in Konflikt bringen.
    Na, du bist ja heil davongekommen, zum Glück! Wenn du in ein paar Tagen wieder auf den Beinen bist, werden wir dir vielleicht helfen, ein paar andere Streiche auszutüfteln, die nicht ganz so gefährlich sind - mehr privater Natur sozusagen. So, mein Kind, meine fünf Minuten sind längst überschritten, jetzt verschwinde ich. Schlaf gut, und Kopf hoch, das Leben ist lang, und du hast den größten Teil noch vor dir. Gute Nacht, Kleines!«
    Marion preßte die Lippen zusammen. Sie konnte nicht antworten. Aber Tante Eddas Augen verrieten mir etwas über den Händedruck, den Marion ihr gab.

8.
    Prokurist Seising war ein Mann zwischen fünfzig und sechzig Jahren. Daß er bei seiner Ankunft nicht gerade zum Lachen aufgelegt war, fanden wir begreiflich. Aber sein Gesicht sah so aus, als ob er die Lachmuskeln überhaupt wenig gebrauchte. Er und Vati wechselten die üblichen Höflichkeiten, dann zogen sie sich zurück. »Sie nehmen doch eine Tasse Kaffee, Herr Seising? Britta, du bringst uns vielleicht. «
    »Aber sicher, Paps!«
    Ich hatte es kommen sehen und hielt alles in der Küche bereit. Nach wenigen Minuten brachte ich das Tablett hinüber ins Atelier. »Danke, meine Deern. Ja, Herr Seising, dies ist also meine Tochter Britta, die Marion pflegt. Sie verstehen sich schon recht gut, glaube ich.«
    »Gewiß, prima! Marion ist auch eine sehr nette, folgsame Patientin.«
    »Haben Sie etwas dagegen, daß Britta hierbleibt, Herr Seising? Was Sie mir erzählen wollen, geht besonders meine Tochter an, denn sie ist es ja, die.«
    »Ja, bitte bleiben Sie, Fräulein Dieters«, sagte Seising. »Ihr Herr Vater hat mir gerade erzählt, daß Sie die unwahrscheinliche Liebenswürdigkeit haben, Marion hierzubehalten, solange sie krank ist.«
    »Ach, das ist doch selbstverständlich. Moment mal, ich hole auch für mich eine Tasse.«
    Ich blieb zwei Minuten weg, bat nur schnell Tante Edda, zu Marion reinzugucken. Dann setzte ich mich wieder zu Vati und Herrn Seising. Er fing an zu erzählen. Ich

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