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Braut der Nacht

Braut der Nacht

Titel: Braut der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kalayna Price
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öffnete die Finger, und auf seiner Handfläche schwebte eine kleine Kugel von der Größe einer Murmel. Im Innern der Kugel befand sich ein kleiner blutroter Punkt. Vielleicht wusste ich nicht viel über Magie, aber ich erkannte Blut, wenn ich es sah. Als ich die Hand danach ausstreckte, schlossen sich Avins Finger schnell wieder darum.
    »Ich bin gekommen, um meinen Gefallen einzufordern.«
    »Schon?«
    »Nun ja, eigentlich hatte ich vorgehabt, ihn mir für etwas Besonderes aufzusparen, aber ich hatte einen ziemlich schlechten Tag.« Er schob seine Kapuze zurück.
    Ich konnte ihn nur entgeistert anstarren.
    Sein rotes Haar war verschwunden, und ohne es sah sein Kopf irgendwie deformiert aus. Ehrlich gesagt war er deformiert. Wenn er mir gesagt hätte, dass ihn jemand mit einem Vorschlaghammer frisiert hatte, dann hätte mich das nicht überrascht. Schnitte zierten sein Gesicht, einige davon so klaffend, dass der Knochen zu sehen war. Sein Kiefer hing schief herab. Avin schenkte mir ein schwaches Lächeln. Die meisten seiner Zähne fehlten.
    »Ich bin ein wahres Monsterwerk, nicht wahr?« Er kicherte und betastete sein Gesicht. »Das hab ich ein paar Straßengangstern zu verdanken. Ich sag dir, Schätzchen, diese Welt ist um einiges gefährlicher geworden seit dem letzten Mal, als ich wach war.«
    Es kostete mich Mühe, meinen Blick von seinen verstümmelten Zügen loszureißen. Ich konzentrierte mich auf einen Fleck über seiner linken Schulter. »Kannst…« Ich räusperte mich. »Kannst du das wieder heilen lassen?«
    »Nö, dieser Körper ist tot. Ich kann von ihm Besitz ergreifen und ihn erhalten, aber heilen kann ich ihn nicht. Und hier kommt der Gefallen ins Spiel, den du mir schuldest.«
    Ich zuckte leicht zusammen, da mir die Richtung, die diese Unterhaltung eingeschlagen hatte, bereits alles andere als gefiel. Avin bemerkte es nicht.
    »Ich brauche einen neuen Körper. Und du wirst mir einen besorgen.«
    Das meint er doch hoffentlich nicht ernst! Aber die entstellten Züge ließen nicht auf einen Scherz schließen. Mondverflucht. Genau das bin ich. Absolut mondverflucht.
    Ich ließ mich wieder auf die Schaukel sinken und schüttelte den Kopf. »Also was jetzt? Willst du, dass ich eine Leiche für dich ausgrabe? Uns in ein Leichenschauhaus schmuggle?«
    »Aus dem Leichenschauhaus komme ich gerade, und ich hab nicht vor, so schnell wieder eines von innen zu sehen. Ich schwör’s dir, in dieser Welt kann man sich nicht einmal mehr ausruhen, ohne dass die Leute gleich annehmen, man wäre ein Mordopfer. Aber ich bin sicher, dass ich die Gerichtsmediziner ganz schön auf Trab gebracht habe. Die konnten nicht herausfinden, wie ich gestorben bin, aber noch mehr haben sie darüber gerätselt, warum jemand mir das hier antun würde«, er deutete auf sein Gesicht, »und zwar post mortem. Ich bin sicher, die drehen gerade durch, weil jetzt auch noch meine ›Leiche‹ verschwunden ist.« Er warf mir ein verstörendes, zahnloses Lächeln zu. »Aber ich schweife vom Thema ab. Ich will eine frische Leiche. Jemanden, der noch nicht lange genug tot ist, um in die Leichenhalle zu kommen. Würdest du in einem Körper leben wollen, der schon anfängt zu verwesen? Außerdem ist das Einbalsamieren ein echt widerlicher Brauch. Schaltet die Hälfte meiner Sinne aus.«
    »Okay, also muss ich eine Leiche klauen, bevor sie auf dem Einbalsamierungstisch landet.«
    Er rümpfte die schiefe Nase. »Leichen fangen schnell an zu verwesen, und das Ritual, das nötig ist, um von einem Wirtskörper in den nächsten zu schlüpfen, ist lang. Aufs Geratewohl irgendeine Leiche zu stehlen geht nicht. Ich muss schon bereitstehen, wenn sie sterben.«
    »Nein.« Er deutete damit an, dass ich jemanden für ihn umbringen sollte. Und das würde ich nicht tun.
    »Wir hatten ›nicht lebensbedrohlich‹ abgemacht.«
    »Tja, weißt du, du musst vorsichtig mit deiner Wortwahl sein, Schätzchen. ›Lebensbedrohlich‹ bedeutet gefährlich für dich, und einen Menschen auszusaugen, ist das nicht. Also, dann lauf mal los und erledige deine ›Besorgung‹.«
    »Nein.«
    »Ernsthaft? Du kannst die Abmachung nicht brechen. Du schuldest mir einen Gefallen. Ich fordere ihn ein.« Er streckte die Hand aus und öffnete sie, um mir die Kugel erneut zu zeigen. Eine Art Blitz zuckte durch das Innere der Kugel. Wieder traf mich der glühende Schmerz. Er verwandelte die Welt in blendendes Weiß und schleuderte mich zu Boden.
    Ich unterdrückte den Schrei, der sich

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