Braut der Nacht
meine Kehle emporkrallte. Als das letzte Zucken des Schmerzes verebbte, lag ich auf den Knien. Mein Mantel war aufgegangen und hing offen in den Schnee.
»Hübsche Beine, Schätzchen. Ich hatte ganz vergessen, dass ihr Untoten die Kälte nicht spürt.«
Wütend funkelte ich ihn an, während ich den Mantel wieder zuzog und mich vom Boden hochrappelte. Sein schiefes Lächeln war nicht mehr Furcht einflößend– es lud mich ein, ihm sein Gesicht noch ausführlicher umzugestalten. Ich ballte die Hand zur Faust und holte aus.
Der Schlag hatte keine Zeit zu landen.
Avins Blick flog zu meiner Faust, und wieder durchzuckte ein Blitz die Kugel. Eine Lawine aus Schmerz traf mich. Feuer rollte brüllend über meine Haut, entflammte mein Inneres, ließ meine Knie schmelzen.
»Jetzt sei artig«, sagte er mit einem Lächeln, als meine Beine nachgaben. »Vielleicht habe ich es vergessen zu erwähnen, aber Vampire sind dem Tod nah genug, um von Nekromanten beeinflusst zu werden, ganz besonders, wenn ein Nekromant über eine Blutprobe besagten Vampirs verfügt.« Er schüttelte die Kugel, und die Welt drehte sich.
Blut?
Das Messer.
Diese verdammte Zeremonie. Er musste mein Blut nach dem Ritual von der Klinge genommen haben. Und Bryants Antworten waren nutzlos.
Nichts davon spielte jetzt noch eine Rolle. Ich konnte die Vergangenheit nicht ungeschehen machen. Im Augenblick war alles, was zählte, diese verdammte Kugel– und die Tatsache, dass Avin von mir verlangte, jemanden für ihn zu töten.
»Du bist doch ein großer, mächtiger Magier, warum suchst du dir nicht deine eigene Leiche?«
»Meine Spezialität sind Dinge, die bereits tot sind.« Er zuckte mit den Schultern und schloss die Finger wieder um die Kugel. »Wenn ich meinen neuen Wirtskörper töte, würde er Anzeichen von Gewalteinwirkung aufweisen. Das macht es schwierig, unter den Menschen nicht aufzufallen. Aber ihr Vampire, ihr hinterlasst wunderschöne Leichen. Ihr saugt sie aus, versiegelt die Wunden, und mein neuer Wirt stirbt in makellosem Zustand.«
»Du hast so was schon mal gemacht.«
»Na klar. Wie, glaubst du, bin ich an diesen schönen Körper gekommen?«
Ich starrte ihn an.
»Na ja, er war mal schön«, räumte er mit einer Grimasse ein. »Das ist übrigens eine Bedingung, weißt du? Ich will eine gut aussehende Leiche. Jung. Attraktiv. Aber niemand Berühmtes. Ich will mich nicht vor Verwaltern und Paparazzi verstecken müssen.«
Eines Nachts würde ich aufwachen, und alles würde einen Sinn ergeben. Normal sein. Aber diese Nacht war todsicher nicht heute. Ich presste mir die Handflächen auf die Augen und wünschte mir inbrünstig, Avin wäre verschwunden, wenn ich sie wieder fortnahm.
Er war es nicht. Natürlich nicht. Er fuhr damit fort, beiläufig zu beschreiben, welche Art von Person ich für ihn von der Straße zerren und abmurksen sollte.
»Hörst du mir eigentlich zu, Schätzchen?« Er trat näher, bis seine schiefen Schultern drohend vor mir aufragten. »Ich hab’s ein bisschen eilig, deshalb will ich sichergehen, dass du weißt, wonach du suchen sollst. Oh. Das hätte ich beinahe vergessen. Du wirst das hier brauchen.« Er hielt mir einen kleinen Ring hin, der im bleichen Mondlicht schimmerte.
Ich griff nicht danach. »Das ist Silber.«
»Wieso erzählst du mir eigentlich ständig, aus welchem Metall mein Zeug ist? Nimm das verdammte Ding! Ist ja nicht so, als wär’s ein Verlobungsring. Du trägst ihn, rufst meinen Namen, sobald du einen geeigneten Körper gefunden hast, und ich kreuze auf und bereite das Ritual vor, bevor du den Typ umbringst. So einfach ist das.« Erneut hielt er mir den Ring hin.
Widerstrebend streckte ich die Hand aus. Sofort durchzuckte mich Schmerz, als er ihn in meine Handfläche fallen ließ, und ein taubes Gefühl breitete sich in meinen Fingern aus und kroch meinen Arm entlang. Perfekt. Ich schob den Ring in die Tasche. Wie bringe ich mich nur immer wieder in solche Schwierigkeiten?
»Bis morgen um Mitternacht solltest du genug Zeit haben, einen angemessenen Körper zu finden, denkst du nicht?«, meinte er, und mir fiel die Kinnlade herunter.
»Morgen?« Verzweifelt suchte ich nach irgendeiner Möglichkeit, Zeit zu schinden. »Ich kann nicht…«
Ich hatte keine Gelegenheit, den Satz zu Ende zu bringen. Avin hob die Kugel. Licht blitzte darin auf, und unsichtbare Flammen griffen mich an.
»Du hast mir einen nicht näher bezeichneten Gefallen versprochen, Schätzchen. Also stelle ich die Regeln
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