Braut der Nacht
Löwen und Tigern nur ein jämmerlicher Abklatsch eines Shifters gewesen. Ich hatte es mir nicht ausgesucht, ein Vampir zu werden, aber warum sollte ich auch erwarten, dass ich irgendetwas anderes als jämmerlich sein würde?
Ich wusste nicht, was Nathanial aus meinem Gesicht ablesen konnte, oder vielleicht machte er auch von dem emotionalen Barometer Gebrauch, das zu unserer Verbindung gehörte und für das ich zu blind war, um darauf zugreifen zu können, aber innerhalb eines Augenblicks war er bei mir. Er schlang mir die Arme um die Taille, warm und beschützend, und seine Lippen streiften meine Stirn.
Ich schloss die Augen und ließ mich von seiner Wärme, seinem aromatischen Duft einhüllen, und einen Augenblick lang hatte ich beinahe das Gefühl, dort hinzugehören. Beinahe. Dann war der Augenblick vorüber und wich Verlegenheit. Nathanials Arme wurden schwer auf meinem seidenen Morgenmantel. Ich schüttelte sie ab.
»Du solltest trinken und dann ins Bett gehen«, flüsterte er.
Trinken … Mit anderen Worten: von ihm. Ich schüttelte den Kopf, doch als ich den Mund öffnete, entschlüpfte mir ein Gähnen. Nathanial ignorierte meinen Protest. Er ging zum Bett und band die Baldachinvorhänge los– ich hatte recht gehabt, sie waren so dünn, dass sie regelrecht durchsichtig waren. Als er damit fertig war, stand ich immer noch reglos da. Er runzelte die Stirn. Dann kam er zurück zu mir, nahm mich bei der Hand und zog mich in Richtung Bett.
Ich stolperte über meine eigenen Füße, weil ich zwischen zwei Lidschlägen kurz eingenickt war. Okay, dann hatte er eben recht– ich konnte kaum noch die Augen offen halten.
Nathanial setzte sich an den Rand des Betts und zog mich neben sich. »Trink«, flüsterte er und bot mir sein Handgelenk an.
Die Dämmerung war schon zu nahe, und ich war zu müde, um mich zu wehren. Er zog mich enger an sich, als meine Zähne seine Haut durchbohrten. Als seine Finger über meine Hüfte streichelten, zogen sich meine Eingweide kribbelnd zusammen. Mein Verstand tauchte in seinen, aber die nahende Dämmerung ließ meine eigenen Gedanken zu langsam, zu vernebelt werden, als dass ich seinen Erinnerungen folgen konnte. Warme Zufriedenheit breitete sich in mir aus, und ich zog mich zurück und versiegelte die Wunde.
Nathanial ließ mich sanft auf die Matratze zurücksinken. Der spitzenbesetzte Kissenbezug, auf dem mein Kopf landete, fühlte sich rau und kratzig an, aber das Daunenkissen in seinem Innern war herrlich weich.
»Schlaf«, flüsterte er, während er mir mit den Fingern sanft durchs Haar strich, und ich schlief ein, in einem fremden Haus, voll fremder Vampire, und dennoch fühlte ich mich zum ersten Mal seit Jahren sicher und behaglich.
Kapitel 20
D as ist langweilig«, murmelte ich leise, während ich unruhig auf meinem Platz herumrutschte.
Nathanial sah mich lange genug an, um seine Missbilligung über mein Gezappel zum Ausdruck zu bringen, dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf die Bühne.
Nicht dass es auf der Bühne irgendetwas zu sehen gab. Die Sammlerin hatte von dem Ausblick aus ihrer privaten Loge geschwärmt, dennoch sah man von dort aus immer noch dieselben Musiker, die schon seit einer halben Stunde spielten. Ein Sänger hätte die Sache vielleicht ein wenig aufgelockert, aber es folgte nur ein Instrumentalstück nach dem anderen.
Ich zappelte erneut, worauf Nathanial sich einen weiß behandschuhten Finger an die Lippen legte, ohne diesmal überhaupt zu mir herzusehen. Mit geschlossenen Augen bewegte er leicht die Finger zu der Musik, als wäre er der Dirigent. Er genoss die Symphonie offensichtlich. Verdammt, er war beinahe verzückt von ihr.
Mit einem Seufzen pustete ich mir eine verirrte Strähne aus dem Gesicht und fummelte an dem kleinen Pompadour-Täschchen herum, in dem ich Avins Ring verstaut hatte. Vor lauter Verzückung sollte Nathanial besser nicht vergessen, dass wir nicht in Demur bleiben! Die Sammlerin mochte zwar »jede ihrer Städte dazu ermuntern, zu einer Kulturhauptstadt heranzuwachsen«, wie sie es ausgedrückt hatte, aber ich würde todsicher nicht ihrer Kuriositätenschau beitreten, nur damit Nathanial in den Genuss von Symphonien kam.
Ich lümmelte mich in meinen Sitz und zupfte an den Satinhandschuhen, die zu meinem scharlachroten Kleid passten. Als die letzte Note verklungen war, hatte ich es geschafft, eine der Innennähte meines rechten Handschuhs aufzutrennen. Verlegen ballte ich die Hand zur Faust, um den Schaden
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