Braut der Schatten
nun mehr über seine Art wusste, waren ihre Schuldgefühle noch schlimmer geworden – wenn sie auch zugleich einen Funken Hoffnung für ihre Zukunft verspürte.
Dann fiel ihr wieder ein, dass sie ihn immer noch nicht finden konnte.
Eine Gestaltwandlerin – offenbar die Kellnerin – kam an ihren Tisch geschlendert. »Was wollt ihr trinken?«
»Offensichtlich sind wir Sorceri.« Sabine wies mit einer zierlichen Geste auf ihre strahlende Erscheinung. »Ergo würden wir gerne ein wenig Sorceri-Wein genießen.«
»Haben wir nicht.«
Sabine hob eine rote Augenbraue. »Ach ja? Frag doch mal bei Erol nach, Gestaltwandlerin. Er wird eine Flasche für den Notfall vorrätig haben – denn immer wenn ich herkomme, handelt es sich um einen Notfall.« Sie tippte ihre Klauen aneinander. Während die Gestaltwandlerin davonhuschte, riet Sabine ihr noch: »Und wage es nie wieder, mir eine negative Antwort zu geben.« Im nächsten Moment war sie wieder beim Thema. »Du hast immer noch keinen Grund, die Rückkehr deines Vampirs zu erwarten?«, fragte sie Bettina.
»Ich weiß nicht.«
Nicht den geringsten.
»Vielleicht?«
Niemals.
Salem schnaubte. »Also, im Grunde genommen hat der Vampir ihr gesagt: ›Ich befinde mich gerade in einer schwierigen Phase meines Lebens und brauche mehr Freiraum.‹ Allerdings hat er ihr das mitgeteilt, indem er mit einem blutigen Schwert vor ihr rumgefuchtelt und vor dem versammelten Königreich ›Ich verlasse dich!‹ gebrüllt hat.«
Bettina starrte finster auf die Tischplatte, doch dann gab sie zu: »Ich glaube, ich habe ihn sozusagen … gebrochen.« Nachdem sie lange über jene Woche nachgedacht hatte, war sie dazu übergegangen, Dakiano mit Metall zu vergleichen, das einer größeren Belastung ausgesetzt war. Zu wenig Blut und Schlaf hatten ihm zugesetzt wie Druck und Hitze im Falle von Metall. Offensichtlich hatte das Verleugnen seiner Instinkte wie Korrosion gewirkt.
Und ihre Bitte um Gnade war schließlich der Schlag eines Schmiedehammers gewesen.
Zerbrochen
.
»Hör mir gut zu«, sagte Sabine, als sie Bettinas reuevolles Gesicht sah. »Bei Rydstrom und mir ist auch nicht alles von Anfang an glattgelaufen. Unsere Romanze begann damit, dass ich ihn in einem Kerker angekettet und sexuell gefoltert habe. Aber wir sind darüber hinweggekommen.«
»Es gibt doch sicher Karten für solche Anlässe.« Salem kicherte vor sich hin.
»Aber Rydstrom hat dich nicht aus den Augen gelassen, bis die Bindung zwischen euch da war. Ich kann meinen Mann ja nicht mal finden, um unsere Probleme aus dem Weg zu räumen.«
In diesem Augenblick kehrte die Kellnerin mit einer Flasche Wein und feinen Kristallgläsern zurück. Ihre Hand zitterte, als sie einschenkte. »Erol sagt, das … das geht aufs Haus.«
Sabine musterte sie. »Natürlich tut es das!« Ehe sie Hals über Kopf davonrannte, machte die Frau drei Schritte rückwärts, wie man es bei einer Königin tun würde – die Sabine ja auch war.
»Wo wir gerade von
aufs Haus gehen
sprechen …« Sabine hob ihr Glas. »All meine neuen Schmuckstücke sind ab sofort kosten
frei
, bis meine Schwester wieder
frei
ist.«
»Du willst wohl, dass unser frischgebackenes Unternehmen den Bach runtergeht?«, ereiferte sich Salem. »Wir haben Kosten, Sorcera …« Er verstummte. »Hey, ich seh da gerade meinen Kontaktmann. Ich geh mal eben rüber und quatsch ’ne Runde mit ihm.«
Ehe Bettina ihn etwas fragen konnte, hatte er sich aus dem Staub gemacht.
»Mir gefällt dein gieriges kleines Phantom«, sagte Sabine ohne den geringsten Sarkasmus. »So ein angenehm geldgieriges Kerlchen.« Sie ließ ihren Blick noch einmal durch den ganzen Raum schweifen, bis er dem des älteren Wolfes an der Bar begegnete.
Der Lykae warf seinen ungestümen Gefährten einen warnenden Blick zu, ehe er sich durch die Menge hindurch einen Weg zu ihnen bahnte.
Das war keine große Überraschung. Sabine war wie ein Magnet.
Doch einige der jüngeren Lykae hoben ihre Gläser und prosteten Bettina zu. Sie winkte und lächelte.
Warum konnte ich mich nicht in einen heißen jungen Schotten verknallen?
Einen unkomplizierten Welpen, der gerne Rugbybälle apportierte?
Als der Lykae ihren Tisch erreichte und seinen hoch gewachsenen Körper auf den Stuhl neben Sabine sinken ließ, hob die Sorcera nur müde eine Augenbraue. »Munro MacRieve, wie er leibt und lebt.«
Sie kannte diesen beeindruckenden Wolf? Er war auf dunkle Art und Weise attraktiv, mit offenen maskulinen Zügen und Augen von
Weitere Kostenlose Bücher