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Braut der Schatten

Braut der Schatten

Titel: Braut der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kresley Cole
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Lager aus Pelzen auf dem Boden – wie es bei Vampiren üblich war – vorgefunden. Alle erdenklichen Annehmlichkeiten und jede Menge Luxus, die nur auf ihn warteten. Die Horde war von jeher reich gewesen.
    Also hatte er seine wenigen Besitztümer ausgepackt. In der Eile war er gezwungen gewesen, vieles zurückzulassen, aber er hatte die beiden Gegenstände mitgenommen, die ihm am meisten bedeuteten: das Schwert seines Vaters und den Sucherkristall. Ersterer besaß einen sentimentalen Wert, Letzterer war unbezahlbar.
    Nachdem er seine Standarte vor dem Zelt aufgehängt hatte, hatte er es sich erst einmal gemütlich gemacht, denn dies hier war jetzt so etwas wie sein Zuhause.
    Eine kurze
Unterhaltung
mit dem Vampirknappen des toten Mitbewerbers hatte Trehan dann auch noch einen neuen Diener beschert.
    In den Straßen unter ihm begannen nun die verrückten Grabenkämpfe von Delegierten und Teilnehmern, die versuchten, einander auszuspionieren. Schon bald würde auch er zu seiner eigenen Erkundungsmission ausziehen müssen, aber jetzt konzentrierte er sich voll und ganz auf Bettina.
    Durch den Nebel hindurch nahm er eine Bewegung am Fuß der Burg wahr. Eine verborgene Tür wurde geöffnet, und Bettina kam auf deren Schwelle zum Vorschein. Sie trug einen Umhang, der ihr Haar und den größten Teil ihres Körpers verbarg, sowie eine Maske. Doch er konnte sehen, dass sie schwer atmete und ihre behandschuhten Finger sich an den Türrahmen klammerten.
    Sie sah aus, als wäre sie ein Vampir, der die Uhrzeit herausfinden wollte – mithilfe einer Sonnenuhr.
    Ihre Augen zuckten wild hin und her, als sie einen ersten zögernden Schritt hinauswagte, dann einen zweiten. Als sie endlich das nächstgelegene Gebäude erreicht hatte, musste sie innehalten und ihre zarte Gestalt an eine Wand lehnen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, da sie kurz davorstand, zu hyperventilieren.
    Fürchtet sie sich so sehr davor, sich mit mir zu treffen?
    Aber schließlich hatte er ihr dazu auch jeden Grund gegeben. Er hatte eine überbehütete, jungfräuliche – und noch sehr junge – Frau gezwungen, sich zu einem heimlichen Rendezvous in sein Zelt zu schleichen. Für sie war er fast ein Fremder, und sie hatte sicherlich keine Vorstellung, was er von ihr fordern würde.
    Zweifellos war sie auf das Schlimmste gefasst und mit den Nerven am Ende. Er fühlte sich schuldig.
    Doch dann stieß plötzlich ein Kobold – eine Art reptilienähnlicher Gnom –, der nach Nahrung suchte, einen Korb ganz in ihrer Nähe um und huschte davon. Das Geräusch ließ sie zusammenzucken, und sie drückte sich mit einem Aufschrei gegen die Wand. Sie murmelte etwas vor sich hin – wenn ihre keuchenden Atemzüge es zuließen – und drückte eine Hand gegen die Stirn. Sie schwankte sichtlich.
    Da ging es eindeutig um mehr als überreizte Nerven, um mehr als jungfräuliche Bedenken. Sie war vor Angst außer sich.
    Der Anblick ihres zitternden Körpers erinnerte ihn an einen Moment der letzten Nacht, als er darum gerungen hatte, sie nicht zu beißen. Obwohl er durch die Erweckung fast völlig von Sinnen war, fielen ihm jetzt die Worte ein, die sie geflüstert hatte:
»Nicht schon wieder.«
    Sie hatte geglaubt, er wollte ihr wehtun. Offenbar war ihr so etwas schon einmal zugestoßen. War es ein anderer Vampir gewesen? Das glaubte Trehan eigentlich nicht, denn beim Turnier hatte sie auf den Horde-Vampir nicht anders reagiert als auf jeden anderen Teilnehmer. Aber wer war es dann gewesen?
    Sie war wirklich wie das fesselndste Buch, das er je gesehen hatte. Doch wie konnte er auf die nächste Seite umblättern?
    Mit einem Mal kehrte diese seltsame, unerklärliche Frustration zurück, die er vor einigen Monaten verspürt hatte; die Angst, die ihn aufgeweckt hatte. Er rieb sich die Brust. Was hatte ihn damals nur aufgeschreckt? Es musste etwas mit ihr zu tun haben.
    Beschützen.
    Trehan translozierte sich hinter sie und hüllte sie insgeheim in Nebel ein. Als seine Blutfrau war sie von seiner Art – selbst wenn sie das noch nicht akzeptierte –, und der Nebel war ein Teil von ihnen allen.
    Schon bald beruhigte sie sich, wenn auch nicht vollständig, aber so weit, dass ihre Atmung sich normalisierte und sie bis zum Zelt gehen konnte.
    Er musste unbedingt herausfinden, wovor seine kleine Braut sich fürchtete, damit er es vernichten konnte.
    Selbstverständlich war er der Letzte, dem sie vertrauen würde, aber es gab andere Möglichkeiten, solche Dinge über sie zu erfahren.

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