Braut der Schatten
geschenkt hatte. Wenn sie doch nur ein und derselbe wären!
Sie winkte, damit ein Diener ihr Glas erneut füllte.
»Hast du Schuldgefühle?«, fragte der Vampir mit leiser Stimme.
»Aber selbstverständlich habe ich jetzt das Gefühl, Caspion untreu geworden zu sein.«
Diese Antwort passte ihm ganz und gar nicht. »Denk immer daran«, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen heraus, »wenn er nicht so selbstsüchtig und blind gewesen wäre, befändest du dich gar nicht erst in dieser Lage. Schließlich hat er mich in dein Königreich gebracht.« Doch dann schien er seinen Ärger zu zügeln, als er hinzufügte: »Du musst dir das nicht ansehen. Geh mit mir fort.«
»Du erwartest doch wohl nicht, dass ich jetzt gehe?«
»Doch. Das tue ich. Du bist mein, Bettina. Wir sind vom Schicksal füreinander bestimmt. Wir haben unser Blut ausgetauscht, Lust ausgetauscht. Du bist an meiner Hand gekommen und ich in deiner.«
Wieder war sie verwirrt. Sie konnte die Wahrheit seiner Worte nicht leugnen, aber das spielte jetzt keine Rolle. »Wenn du glaubst, ich könnte in diesem Moment irgendwo anders sein als hier, dann kennst du mich überhaupt nicht.«
Raum kam an den Tisch zurückgeschwankt, um das Signal zu geben. Das Horn erklang. Caspion und der Cerunno traten einander gegenüber.
Caspions Hörner hatten sich vor Feindseligkeit gestreckt. Sein Antlitz, das so manchen Seufzer hervorrief, war grimmig.
Aber der Cerunno wirkte übermächtig, sein Muskelspiel unter den Schuppen war eindrucksvoll.
»Du sorgst dich umsonst«, sagte Dakiano. »Bedauerlicherweise wird dein Dämon diesen Kampf gewinnen. Und was noch bedauerlicher ist: Er wird es in diesem Turnier weit bringen.«
»Wie kannst du dir da nur so sicher sein?«
»Er ist stark für sein Alter, und mit jedem Sieg nimmt seine Kraft noch zu. Zudem mangelt es ihm nicht an technischem Geschick.«
»Aber mit deinem ist es nicht zu vergleichen«, sagte sie, ohne die Augen vom Ring abzuwenden.
»Nein. Das ist es nicht.«
»Und du wirst all dein Geschick einsetzen, um ihn zu töten.«
»Sollte er gegen mich antreten müssen.«
Als Cas dem ersten Schwertstreich des Cerunno nur knapp ausweichen konnte, schnappte sie nach Luft. Sie konnte die Augen des Vampirs auf sich fühlen, aber dies war Cas! Natürlich würde sie eine Reaktion zeigen.
Ein zweiter Hieb der Schlange. Wieder nur knapp daneben. Es half Cas, dass er sich translozieren konnte, aber der Cerunno war schnell wie der Blitz.
Bettina rang die Hände im Schoß. Sie riskierte einen raschen Blick auf Dakiano. Seine Miene wirkte auf einmal undurchschaubar, aber, oh!, seine Augen waren schwarz wie die Nacht.
»Wenn du meine Sorge nicht mitansehen willst, dann geh«, murmelte sie und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Kampf.
Er antwortete nicht.
Warum versuchte Cas denn nicht, den Cerunno anzugreifen? Sie wusste, dass er ein viel besserer Kämpfer war, als er hier zeigte. Sie wandte sich zu Raum um, musterte dessen Miene, seine gerunzelte Stirn.
Nicht gut.
Wieder griff der Cerunno an – und endlich verteidigte Cas sich. Ihre Schwerter schlugen klirrend aufeinander, wieder und wieder. Funken sprühten, wenn Metall auf Metall traf. Während die beiden Männer einander umkreisten, beleuchteten die großen Fackeln Cas’ schweißnasses Gesicht und die schimmernden Schuppen des Cerunnos. Es schien, als ob keiner von beiden einen entscheidenden Vorteil erringen könnte.
Dann bemerkte sie, dass sich der Schwanz der Schlange streckte und von hinten an Cas anschlich, während dieser sich darauf konzentrierte, Schwerthiebe abzuwehren.
Gerade als sie schreien wollte: »Pass auf!«, kamen ihr andere Zuschauer zuvor. Cas versuchte sich zu translozieren – zu spät. Der schlangenartige Schwanz hatte sich bereits um seine Beine und Hüften gewickelt und hielt ihn fest. Er wehrte sich nach Kräften, um freizukommen, aber das Schwert der Schlange parierte jeden einzelnen Hieb. Und die ganze Zeit über schlängelte sich der Schwanz an Cas’ Leib empor, schnürte ihn ein, schwächte ihn.
Bettina sah ungläubig zu, wie der Cerunno seine Arme um Cas legte und dessen Körper zusammendrückte, bis Cas’ wunderschönes Gesicht vom aufsteigenden Blut gerötet war und die Adern in seinen Schläfen hervortraten.
»Oh ihr Götter, nein. Raum, tu doch etwas!«
Cas sackte zusammen, seine Arme erschlafften. Sein Schwert fiel scheppernd zu Boden.
»Nein. Nein.
Nein!
Raum!«
»Es tut mir so leid, Tina.« Er legte
Weitere Kostenlose Bücher