Braut der Schatten
fehlte ihm nach wie vor.
Ich muss sehen, was meiner kleinen Braut passiert ist.
Ich muss ihre Feinde finden und sie dafür bezahlen lassen …
Er spürte die Präsenz eines anderen im Zelt. Er riss die Augen auf und translozierte sich auf die Füße, während seine Hand schon zur Waffe griff. »Du wirst mich niemals überrumpeln, Viktor. Also hör auf damit, es immer wieder zu versuchen.«
Sein Cousin materialisierte sich vor ihm. »Das lag keineswegs in meiner Absicht. Wie du vielleicht noch weißt, habe ich es nicht mehr eilig, dich zu töten.«
Trehan machte sich gar nicht erst die Mühe, seinem Cousin zu widersprechen und ihn darauf hinzuweisen, dass ihm das sowieso nicht gelingen würde. »Zwischen uns besteht immer noch eine Blutfehde.« Sie war zwar lediglich ererbt, aber das spielte keine Rolle.
»Das ist so eine Sache mit diesen Blutfehden. Sie haben leider kein Verfallsdatum.« Er schnalzte missbilligend mit der Zunge, während er Trehan musterte. »Du siehst grauenhaft aus, alter Mann.«
Verständlich. Er hatte wenig Schlaf bekommen und noch weniger Blut zu sich genommen. Als er vorhin versucht hatte zu trinken, hatte er den Inhalt des Kelchs wieder ausgespuckt. Er fürchtete, dass er jegliches Blut ungenießbar finden würde, nachdem er Bettinas gekostet hatte. »Bist du aus einem bestimmten Grund hier?«
»Waffenstillstand für diese Nacht. Ich bin hier, weil ich deine Hilfe brauche.«
Trehan sah ihn überrascht an. Viktor bat nie um Hilfe.
Ich hoffe nur, er hat einen guten Grund dafür.
Da erklang die Stimme eines weiteren Mannes. »Wir alle brauchen deine Hilfe.« Mirceo? Er tauchte nun ebenfalls in Trehans Zelt auf, zusammen mit Stelian.
Sämtliche königlichen Cousins an einem Ort versammelt. Zumindest alle, die noch bei Verstand waren.
»Waffenstillstand?« Trehan erhob sein Schwert. »Ich soll tatsächlich glauben, dass wir vier uns in einem Zelt befinden – und es allesamt wieder lebendig verlassen werden?« Jeder von ihnen war groß und dunkelhaarig, jedem von ihnen war die Familienzugehörigkeit deutlich anzusehen. Doch sie waren keine Familie. »Mir fehlt die Geduld für eure Späße. Zieht eure Waffen.«
Viktor zuckte mit den Achseln. »Ich schwöre beim Mythos, dass wir nichts Böses im Schilde führen.«
»Zumindest nicht heute Nacht«, fügte Stelian hinzu.
Ein Eid, der beim Mythos geschworen wurde, konnte nicht gebrochen werden. »Ich weiß nicht, warum ihr gekommen seid, und es ist mir auch egal. Ich habe jetzt meine eigenen Probleme. Ein eigenes
Leben
.«
»Mir scheint, deine Werbung verläuft gut«, bemerkte Viktor.
»Was weißt du schon davon?«, fragte Trehan barsch, aber er fürchtete, es bereits zu wissen. Die Dakier waren ein Volk von Beobachtern …
Viktor grinste breit. »Deine Braut sieht im Nebel wunderschön aus.«
»Ihr habt uns beobachtet?« Das sollte ihn nicht überraschen, aber, bei den Göttern, es machte ihn wütend.
»Ich habe in erster Linie auf die Kämpfe geachtet. Und wir haben Mirceos Kopf weggedreht«, sagte Viktor. »Irgendwann.«
Trehan wusste nicht, wen er zuerst angreifen sollte. Ihre Blicke waren auf den bebenden Körper seiner Braut gerichtet gewesen; sie hatten gesehen, wie Trehans Nebel ihre Haut geküsst hatte. Seine Fänge schärften sich.
»So viel Aggression …«, sagte Stelian missbilligend. »Du bist genauso schlimm wie Viktor. Deine Erweckung hat dich zu einem Wilden gemacht.«
»Nun kann ich dir noch besser die Kehle durchbeißen, Stelian.«
»Du würdest mich angreifen, während mein Schwert in der Scheide steckt?«
Verdammt! Keiner von ihnen hatte seine Waffe gezogen.
»Sieh dir nur mal diese Fänge an, Trey!«, rief Viktor aus. »Willst du immer noch behaupten, dass du deine Braut nicht gebissen hast?«
Ich habe sie nie gebissen.
Aber er hatte ihr Blut getrunken.
Und ich würde es wieder tun.
Stelian hob seine Flasche. »Du kannst lernen, deine Fänge zu beherrschen, Cousin.«
Kann ich das?
Trehan schüttelte entschieden den Kopf. »Kämpft oder geht! Ich habe mit euch nichts mehr zu schaffen.«
»Dein Fortgehen hat einen Dialog zwischen uns dreien eröffnet«, sagte Mirceo.
»Wovon redest du?«
Obwohl Mirceo für gewöhnlich ein Mann war, der nur wenige Dinge ernst nahm – ein notorischer Hedonist –, wirkten seine grauen Augen nun ernst. »Uns ist klar geworden, dass wir die ganze Zeit über um etwas gekämpft haben, das wir eigentlich gar nicht wollen. Du hast deinen Anspruch auf den Thron aufgegeben. Aber
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