Braut der Schatten
einen, dann den anderen Kopf einkassiert.
Im Duell gegen den Volardämon hatte er genauso wenig Emotionen gezeigt. Mit ausdrucksloser Miene und teilnahmslosen grünen Augen hatte er der Kreatur die Arme abgeschlagen und sie dann ohne Mühe geköpft.
Eine ganze Reihe Abaddonae spekulierten, dass er ein gewandelter Mensch sei, ein Deviant. Einige glaubten, er müsse der älteste Deviant sein, der je gewandelt worden war, angesichts seiner Kraft und seines Geschicks beim Translozieren.
Die meisten hielten ihn für eiskalt.
Wenn sie jedes Mal ein Goldstück bekommen hätte, wenn Cas murmelte: »Der Mistkerl hat Eis in den Adern …«
Aber es erregte Bettina, ihm beim Kämpfen zuzusehen. Da sie sich grundsätzlich für mechanische Präzision interessierte, bewunderte sie seinen kühnen, aber methodischen Stil.
Eine Tötungsmaschine.
Doch sie hatte ihn so gesehen wie kein anderer: wenn sein grimmiges Gesicht vor Stolz leuchtete, seine Augen tanzten …
Selbst wenn sie leugnen konnte, dass sie ihn vermisste, konnte sie nicht leugnen, dass ihr Körper sich nach mehr von dem sehnte, was er ihr gegeben hatte.
Ihre einzige Kommunikation bestand in der Verbeugung, mit der er sie nach jedem seiner Duelle ehrte, und in dem durchdringenden Blick, mit dem er sie ansah.
Wenn sie nur daran dachte, wie seine Augenfarbe sich veränderte, sobald er sie erblickte – wie das Waldgrün von Schwärze überflutet wurde –, erschauerte sie. Sein Blick sagte:
Ich kämpfe für dich. Schon bald wirst du die Meine sein.
Dabei fühlte sie sich wie die begehrenswerteste Frau auf der ganzen Welt.
Andere machten sich mittlerweile bereits über die Art, wie er sie ansah, lustig und hatten ihm den Spitznamen Prinz der Obsession verpasst. Bettina Abaddon – ein Objekt der Obsession?
Das kam ihr selbst merkwürdig vor.
Außerdem, wenn er von ihr besessen war, warum unternahm er dann keinerlei Anstrengung mehr, Kontakt mit ihr aufzunehmen? Salem hatte erwähnt, dass er tagsüber nie in seinem Zelt zu finden war. Wohin ging der Vampir, wenn Dakien doch für ihn tabu war?
Ihr war aufgefallen, dass seine Kleidung häufig in Unordnung war, als hätte er sich von einem anderen Kampf direkt in den Ring transloziert. Mal war seine Hose mit Dreck bespritzt, mal sein Hemd zerrissen. Einmal waren seine Stiefel voller Schnee und sein Hemd mit Blut befleckt gewesen. Was sollte das? Ging er etwa noch einem Teilzeitjob nach, oder wie sollte sie das deuten?
Vielleicht hatte er es auch einfach nur satt, ihr hinterherzujagen. Immer wieder dachte sie an seine Abschiedsworte:
Denn sonst verlierst du einen Mann, der nur dich begehren wird …
Bei der Vorstellung, ihn zu verlieren, erfasste sie eine Welle der Traurigkeit. Das ergab doch keinerlei Sinn. Wenn sie doch schon einen Mann liebte, wie konnte sie dann etwas für einen anderen empfinden?
Zugegeben, die Lage zwischen Cas und ihr war angespannt. Je mehr er sich bemühte, ihr gegenüber sein bestes Verhalten an den Tag zu legen, umso größer schien die Kluft zu werden, die sich zwischen ihnen auftat.
Wenn er ihr bei einem endlosen Bankett Gesellschaft leistete, anstatt sich mit seinen ungehobelten Freunden aus dem Staub zu machen, konnte er die Zuvorkommenheit in Person sein. Bis zu dem Moment, in dem sein Blick unweigerlich sehnsüchtig in Richtung Ausgang wanderte oder eine dralle Serviererin seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Dann wirkte er so schuldbewusst, als ob er sich innerlich die größten Vorwürfe machte. Das wiederum verursachte ihr ein schlechtes Gewissen, weil sie ihn überhaupt erst in diese Lage gebracht hatte. Würde er nun für alle Zeit immer wieder andere Frauen ansehen und sich fragen, ob eine von ihnen vielleicht die für ihn bestimmte war? Würde er nun für immer der Vorstellung nachtrauern, andere Dämoninnen zu erproben, um seine Schicksalsgefährtin zu finden?
Inzwischen nagte die Eifersucht allerdings nicht mehr so schlimm an ihr wie zuvor – nicht nach allem, was sie mit Dakiano getan hatte. Nein, sie dachte immer öfter über Cas’ Behauptung nach, dass ihm eine andere Frau vom Schicksal zugedacht war. Und wenn er damit recht hatte?
Womöglich habe ich … mich geirrt.
Vielleicht lag es gar nicht an ihrer unterschiedlichen Stellung oder seiner Unsicherheit aufgrund seiner Geburt. Vielleicht war es gar nicht nur darum gegangen, sich die Hörner abzustoßen.
Cas und sie hatten sich in der Gegenwart des anderen noch nie zuvor unwohl gefühlt. Manchmal fürchtete sie,
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