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Braut von Assisi

Braut von Assisi

Titel: Braut von Assisi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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sofern ihre Kräfte es zulassen, oder Suor Beatrice erledigt es für sie, ihre jüngste leibliche Schwester, der sie am meisten vertraut. Außerdem konnte Magdalena gar nicht schreiben. Das weiß ich ganz genau.«
    Leo neigte sich tiefer.
    »Für mich sieht das eindeutig nach Schlehdorntinte aus«, beharrte er. »Die hab ich mir selbst jahrelang mühsam von den Fingern kratzen müssen. Ich bin ganz sicher.«
    »Magdalena hat hauptsächlich in der Küche gearbeitet«, sagte Suor Regula. »Vielleicht irgendein stark färbender Pflanzensud? Sie war ja ständig am Köcheln und Herumexperimentieren. «
    Jetzt hätte er am liebsten Leintuch und Kutte weggezogen und den nackten Leichnam von Kopf bis Fuß genau inspiziert, aber das war natürlich unmöglich. Ob er die Nonne irgendwie kurz ablenken konnte?

    Doch Regula stand so steif und gerade wie eine Säule neben der Totenbahre. Ihr Gesicht verriet höchste Achtsamkeit.
    Vielleicht gelang es ihm ja auf andere Weise, hinter ihre Fassade zu dringen.
    »Das war in Wirklichkeit gar kein Unfall, nicht wahr?«, sagte Leo und brachte es fertig, seine Stimme beiläufig klingen zu lassen und damit die Ungeheuerlichkeit des Inhalts zu mildern. »Eine Schwester, die heimlich die vorgeschriebene Klausur verlässt und sich aus dem Kloster stiehlt, nachts, mutterseelenallein … und die man Stunden später mit zerschmetterten Gliedern tot auffindet. Deshalb ist sie nicht in der Kirche aufgebahrt, sondern liegt hier, in diesem trostlosen Verlies. Weil ihr nämlich eine Todsünde vermutet. Ihr geht davon aus, ihr Tod sei kein Unfall, sondern vielmehr Selbstmord gewesen …«
    Regula wandte rasch den Kopf ab, aber nicht rasch genug. Das Entsetzen in ihren Augen war ihm nicht entgangen. Doch er war noch nicht ganz fertig.
    »… oder vielleicht sogar Mord. Denn man kann sich ja nicht nur aus eigenem Antrieb in die Tiefe stürzen. Man kann auch von fremder Hand in die Tiefe gestoßen werden. Hatte Suor Magdalena Feinde? Und wenn ja, welche?«
    »Was fällt dir ein?«, fuhr die Nonne zu ihm herum. Dann jedoch schien sie sich zu besinnen, wer vor ihr stand, und sie beruhigte sich rasch. »Natürlich hatte sie keine Feinde! Unsere Magdalena hätte keiner Fliege etwas zuleide tun können«, fuhr sie fort, um vieles versöhnlicher. »Aber sie war manchmal betrübt. Besonders in letzter Zeit. Als ob eine schwere Last auf ihr läge. Ich hab sie heimlich seufzen hören. Ein frommes, trauriges Kind Gottes. Wer hätte ihr schon etwas Böses antun können?«
    »Das werde ich eben Mutter Klara fragen müssen«, sagte
Leo. »Dies und vieles andere mehr. Und du wirst dabei meine Dolmetscherin sein. Gehen wir!«
    »Du kannst sie nicht sehen, wie ich schon gesagt habe.« Suor Regula wirkte plötzlich größer. »Madre Chiara ist viel zu schwach, um Besuch zu empfangen. Der Tod einer ihrer geliebten Schwestern hat sie sehr mitgenommen.«
    »Aber ich muss sie sehen«, beharrte er. »Wenigstens auf ein Wort.«
    »Versuch es morgen wieder!« Regulas Stimme klang abschließend. »Ich werde ihr ein Stärkungsmittel verabreichen, das schon manchmal geholfen hat. Vielleicht fühlt sie sich dann morgen besser. Doch das liegt allein in Gottes allmächtiger Hand.«
    Die Endgültigkeit in ihrem Tonfall machte ihn ärgerlich, vor allem, weil er glaubte, auch noch eine Spur trotziger Genugtuung zu hören, aber er ließ sich nichts davon anmerken. Sie würden schon noch zu spüren bekommen, wie hartnäckig er sein konnte!
    Hatten sie überhaupt das Totengebet für die Mitschwester gesprochen? Dieses Kellerloch strahlte eine Verlassenheit aus, die ihn sogar daran zweifeln ließ.
    Leo faltete seine Hände. »O Herr, gib Schwester Magdalena die ewige Ruhe!«, betete er laut. »Und das ewige Licht leuchte ihr. Lass sie ruhen in Frieden! Amen.«
    Er ging zur Tür, die steile Treppe nach oben und atmete auf, als er wieder in die Wärme und Geborgenheit des strahlenden Sommertages entlassen wurde. Dann drehte er sich zur Infirmarin um, die ihn aus schmalen Augen musterte.
    »Bis morgen früh nach der Terz!«, sagte er. »Und ich bin ganz sicher, dann wird Madre Chiara mich empfangen.«

    »Ihr seid ja schon wieder magerer geworden, Signora Stella! « Wenn sie sich erregte, wie gerade, vergaß Aldiana, den kleinen Buckel zu verstecken, den sie sonst so geschickt unter losem Faltenwurf zu kaschieren wusste. »Wollt Ihr etwa, dass Euer Bräutigam sich in der Hochzeitsnacht an Euren Knochen wund stößt?«
    Ilaria brach in

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