Braut wider Willen
neben ihn, als er die Hand ausstreckte und die Kerze erstickte.
Sie lag da und lauschte, wie sein Atem in den tiefen, ebenmäßigen Rhythmus des Schlafes überging. Er ist
unmöglich
!,
dachte sie. Es gab keinen logischen Grund, ihn nicht zu begleiten, wenn sie gewillt war zu reiten.
Silbernes Mondlicht fiel auf die Truhe am Fuß des Bettes und ließ seine Gürtelschnalle aufblitzen. Die Schlüssel hingen noch am Gürtel.
Es würde eine Sache von Sekunden sein, mit dem weichen Wachs aus dem Untersatz der Kerze einen Abdruck der Schlüssel herzustellen. Sie hatte Brians Dokument zwar noch nicht gesehen, da aber Cato so kurz vor der Abreise stand, war ungewiss, wann sich ihr diese Gelegenheit wieder bot.
Sie glitt auf den Boden. Reglos dastehend horchte sie auf seine Atemzüge. Der Rhythmus war unverändert. Auf Zehenspitzen schlich sie um das Bett herum zur Kerze und hob sie vom Untersatz. Das herabgeflossene Wachs, das sich noch nicht erhärtet hatte, würde genügen.
Phoebe sammelte das Wachs in einer Hand und knetete es zu einer Kugel, dann schlich sie auf Zehenspitzen ans Fußende des Bettes. Es war gar nicht nötig, dass sie die Schlüssel vom Gürtel löste. Aber welches war der Schlüssel zum Schreibtisch? Es musste einer der zwei kleineren sein.
Sie kniete mit angehaltenem Atem nieder und löste vorsichtig einen der kleinen Schlüssel vom übrigen Bund. Ein leises Klirren war zu hören, als ihr einer entglitt und gegen die anderen schlug. Phoebe hielt den Atem an. Falls Cato erwachte, hätte sie nicht zu erklären vermocht, was sie in der Dunkelheit auf dem Boden mit einer Wachskugel in der Hand machte.
Ihr Blut dröhnte ihr so laut in den Ohren, dass sie nichts anderes hörte. Rasch drückte sie den Schlüssel fest ins Wachs, dann drehte sie die Kugel um und tat dasselbe mit dem zweiten der kleineren Schlüssel.
Geschafft. Alles Übrige war einfach. Falls sie sich entschließen sollte, Brian bei seinen Plänen zu helfen, konnte er Duplikate der Schlüssel anfertigen lassen. Es würde ganz einfach sein, den Schreibtisch zu öffnen, sein Siegel auf das Dokument zu drücken und dieses ans Hauptquartier zu schicken. Sie konnte dem Boten weismachen, Cato hätte es ihr mit der Anweisung anvertraut, sie solle dafür Sorge tragen, dass es möglichst rasch zu Cromwell gelangte. Man würde Cato überschwänglich preisen, und niemand würde jemals wieder seine Bündnistreue anzweifeln. Und er würde seine Frau, die ihn vor ernster Gefahr bewahrt hatte, nicht mehr nur als lästige Person sehen, die ihren Platz kennen sollte.
Einfacher ging es gar nicht.
Phoebe stand auf, die Wachskugel flach auf der Handfläche. Cato würde anerkennen müssen, dass sie über Einfallsreichtum verfügte und imstande war, ihm zu helfen, wenn er selbst die Problematik nicht erkennen konnte. Vor allem aber würde er einsehen, dass sie eine vertrauenswürdige Partnerin war.
Abrupt setzte sie sich auf die Truhe. Vertrauenswürdig? Was, zum Teufel, bildete sie sich ein? Wie hatte sie nur so dumm und naiv sein können?
Wie konnte er je einer Frau trauen, die sich so hinterhältiger und verstohlener Mittel bediente, um etwas zu beweisen? Was sie tun wollte, war abscheulich. Ihre Haut prickelte am ganzen Körper vor Abscheu. Wie hatte sie sich von Brian Morse einreden lassen können, dass dies überhaupt möglich war?
Doch sie kannte die Antwort. In ihrem Eifer, Cato vor Augen zu führen, dass sie seines Vertrauens würdig war, hatte sie sich von Brians Plan blenden lassen. Sie hatte sich eingeredet, sie sei es, die Brian benutze, und nicht umgekehrt, während es natürlich umgekehrt war. Brian war in der bösen, schmutzigen Welt der Spionage zu Hause. Intrigen dieser Art gehörten zu seiner zweiten Natur. Er hatte sie wie ein Marionettenspieler tanzen lassen. Wie hatte sie sich über Megs Warnung so einfach hinwegsetzen können, obwohl sie wusste, dass ihre Freundin in solchen Dingen immer Recht behielt.
Phoebe warf einen Blick zum Bett hin. Catos Körper war als Wölbung unter der Decke zu erkennen. Sein Kopf lag als dunkler Schatten auf dem Kissen, ein starker brauner Arm lag frei, mit offener, nach oben gekehrter Hand und leicht gekrümmten Fingern.
Ihr Herz wurde von einer unbezwingbaren Woge der Liebe erfasst. Und gleich darauf von bitterer Enttäuschung. Wie kam es, dass sie ihn so ganz, so bedingungslos liebte, obwohl sie wusste, dass er nicht dasselbe für sie empfand, es vielleicht gar nicht konnte. Musste sie sich damit
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