Brautflug
Ada sah nichts, ihre Augen waren so müde, dass alles unscharf war. »Ich weiß es wirklich nicht«, murmelte sie und fiel zurück auf den Teppich, legte ihren schweren Kopf auf die Arme und schwebte davon, liederlich zufrieden. Dann drückte er unerwartet fest mit Daumen und Zeigefinger auf ihren Hintern. »Mein Fahrradsattel!«, rief sie aus und fing an zu lachen, ein Lachen, das klar hervorgluckerte und das sie von ganz früher kannte. Auch dieses Lachen betrachtete er andächtig.
Natürlich kam doch irgendwann das Morgenlicht auf leisen Sohlen angeschlichen, ein ungeladener Gast, der sich schon beim Eintreten entschuldigte, aber dennoch hereinkam. Durchgefroren wachten sie auf, das Feuer war ausgegangen. Frank briet Eier mit Speck, die sie mit Tee herunterspülten. Im Schlafzimmer zogen sie die Gardinen zu, um die Nacht noch etwas zu verlängern. Sie rieben sich unter der Decke warm. In eineinhalb Stunden ging ihr Bus.
22
Am Abend nahm Ada sich vor, am nächsten Tag abzufahren. Sie studierte den Busfahrplan, lernte die Zugzeiten auswendig und wusste, wann das Schiff abfuhr. Doch sie blieb. Die Liebe legte ihre Beine und ihre Willenskraft lahm.
Sie wachte spät auf, konnte ausschlafen, solange sie wollte. Der Platz neben ihr im Bett war leer. Frank arbeitete bis zum Mittag mit Mozie bei den Bauern in der Gegend. In der Leere des Bettes überfielen sie die Gedanken an zu Hause, die traurige Sehnsucht nach den Kindern, die Angst, dass Derk ihr nachfahren und alles verderben würde. Nein, dachte sie, das wird er nicht tun, denn dann muss er die Kinder unterbringen und kann so die Schande nicht geheimhalten. Nein, das tut er bestimmt nicht. Sie stellte neue, fieberhafte Berechnungen an und drehte und wendete alles so lange hin und her, bis sie genau wusste, dass sie noch
einen
Tag bleiben konnte. Dann sprang sie aus dem Bett und kochte Tee, schüttelte ihren inneren Kopf. Die Stunden danach saß sie mit einem Buch auf dem Treppenabsatz und genoss die wärmenden Sonnenstrahlen. Sie las ein paar Bücher hintereinander, auf Englisch. Sie gab sich nicht mehr zufrieden mit ihren kümmerlichen Sprachkenntnissen. Hier ist ein Wörterbuch, sagte Frank, wenn du ein Wort nicht weißt, schlag es nach, so mache ich das auch immer. Die Bücher waren zu schwierig für sie, auch wenn sie Wörter nachschlug, doch gierig las sie weiter. Alles würde anders werden.
Als die Männer zurückkehrten, nahmen sie draußen den Lunch ein, den sie bereitet hatte. Als würden die beiden Männer spüren, dass die Stunden der Einsamkeit gefährlich für sie gewesen waren, versuchten sie nun mit allen Mitteln, Ada zum Lachen zu bringen. Danach arbeiteten sie noch ein paar Stunden auf ihrem eigenen Land. Wenn Ada Lust hatte, half sie mit. Dann zogen sie zu dritt weiße Vogelnester über die Sträucher, und Mozie zeigte, wie man beim Pfropfen die Wunde des Weinstocks versorgen musste. Oder sie setzte sich einfach wieder hin und las. Doch wenn Frank in der Nähe war, konnte sie sich nicht konzentrieren. Ihre Augen schweiften ab über die Felder, wenn er dort gerade arbeitete, oder zum Traktor, auf dem er saß. Er war zweifellos der schönste Mann auf Erden. Sie konnte sich keinen schöneren Mann vorstellen. Ein großer Mann, mit schweren Knochen und einem leicht schleppenden Gang. Seine Lenden waren massiv und einladend. Es schien, als wäre er gewachsen, in ihrer Erinnerung hatte er damals verfroren und mager gewirkt. Neuseeland hatte ihn gut genährt, er hatte an Kraft gewonnen. Jede Bewegung, jeder Augenaufschlag, die Art und Weise, wie er stand, lief, saß – alles erweckte Lust in ihr, eine traurig stimmende Lust, weil das Verlangen größer war als die Gelegenheiten, das Verlangen zu stillen. Jede Zelle in ihr zeigte in seine Richtung, wie ein Kompass, zitternd und summend. Lass es bitte vorübergehen, bald laufe ich wieder neben Derk her, und dann stolpre ich.
Am späten Nachmittag kam er von seinem Land zurück, dann machten sie ein Schläfchen, und danach liebten sie sich, unter dem offenen Fenster, fast wahnsinnig vor Lust. Mit der gleichen Aufmerksamkeit, mit der er tagsüber auf dem Feld die Weinranken zurechtbog und führte, drückte er im Bett ihre Beine auseinander und erkundete jeden Millimeter ihres Körpers, berührte sie überall und hörte nicht auf, bis es aus ihr herausbrach und sie ihn nur noch anflehen konnte. Alles wurde von ihm begutachtet, benannt und gepriesen. Die Worte von damals fielen ihr ein, und es
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