Brautflug
Scheren zu demonstrieren. Sie kreischte, zappelte und kämpfte, gab sich nicht so schnell geschlagen, konnte sich aber dennoch nicht aus seinem Arm befreien. Er war bärenstark, und seine Hand fuhr blitzschnell über ihren Körper, so macht man das, als echter Mann, brummte er, hier und hier. Mit einem sicheren Strich, spürst du das, und dann machst du weiter und scherst hier und dann da, ja, und das gefällt so einem Schaf überhaupt nicht, so ein Schaf versteht ja überhaupt nichts, ein Schaf hat dem nichts entgegenzustellen. Fühlst du das, und seine Hand strich über ihren ganzen Körper, auch über die Stellen, an denen es fraglich ist, ob Schafe dort überhaupt Wolle haben. Und das Schaf gluckste vor Lachen, wand sich und kämpfte, verliebte sich in den Scherer und musste nach einer Weile zugeben, dass dies tatsächlich ein echter Mann war. Sag das nochmal, nein, wirklich, ein echter Mann, ich habe es nicht genau verstanden, ein echter, echter Mann! Na, das glaube ich aber auch.
Als sie zur Ruhe gekommen waren, nahmen sie wieder ihre Ausgangsposition ein. Ada griff nach einem neuen Foto. Frank mit zwei anderen Männern, alle drei auf dem Pferd, im Hintergrund eine Weide mit Schafen. Und ein Mädchen, das am Zaun lehnte und schräg zu den Männern hochschaute. »Das bin ich«, zeigte Frank, »das ist der andere Hirte, und das ist William.«
»Und das?«
»Das ist seine Tochter.«
»Williams Tochter?«
»Ja.«
»Ist sie nett?«
Alle Fotos waren in Neuseeland aufgenommen. Frank zusammen mit Maoris, Frank beim Fischen im Ozean. Sie sah einen Pionier, dem es scheinbar an nichts fehlte. Auf fast allen Fotos waren Mädchen zu sehen. Sie saßen auf einem gefällten Baum, lehnten am Zaun – die Hüfte eingeknickt, die Beine übereinandergeschlagen –, mal blond, mal dunkel, mal Maori, im Vordergrund, im Hintergrund, in Franks Arm, neben ihm auf einer Bank, mit Sonnenbrille auf der Nase oder beim Picknick.
Er sah, wie ihr Blick darauf verweilte. »Alles irgendwelche komischen Tanten«, sagte er und lenkte sie mit seiner Hand zwischen ihren Beinen ab. Sie lag mit der Stirn auf den Fotos und glitt rücklings in einen warmen Heuberg, und als das Verlangen zu stark wurde, drückte sie ihre Hüften an die seinen, und wie von selbst drehten sich ihre Körper ineinander. Sie wurden vollkommen willenlos und scheinbar flüssig, bis sie sich schließlich ganz auflösten, und als sie wieder eine feste Form angenommen hatten, musste schon wieder neues Holz aufs Feuer, und Frank legte eine neue Platte auf.
Die Nasen aneinandergeschmiegt, lagen sie da.
»Die ganzen Mädchen«, sagte sie leise. Er blies in ihr kurzes Haar.
»Ja … aber … nicht die Richtige. Noch nicht.«
Hinter seinen Augen lag ein dunkler Garten, ein Labyrinth, ein so geheimes Gebiet, dass sie sich nicht traute, nach seinen Fotos von noch früher zu fragen. Es hatte etwas mit dem Garten zu tun. Auch die Musik hatte damit zu tun. Trompete und Saxophon wateten durch einen sumpfigen Untergrund aus Bass, Schlagzeug und Piano. »Kind of Blue«, flüsterte ihr Frank ins Ohr, »Miles Davis.« Sie wollte es wiederholen, damit sie es nicht vergaß, später in ihrem eigenen Leben zu Hause, doch sie konnte sich auf einmal kein anderes Leben als dieses mehr vorstellen.
Er lag auf der Seite, auf einen Ellenbogen gestützt und studierte ihren Po. Es konnte sein, dass sie dort kleine Pickel oder andere Unvollkommenheiten hatte, aber sie war zu träge, sich wirklich darum zu sorgen. Im Bunker gab es einen einzigen Spiegel, der hing über dem Waschbecken. Sie hatte sich selbst zehn Jahre lang nicht von hinten gesehen. Genießerisch schloss sie die Augen. Er knetete sanft, streichelte und betrachtete sie, während sie zutiefst glücklich in der Wärme des Ofens in den Schlaf wegdämmerte – in der herrlichen Luft aus Feuer, Wein, Sex und Schweiß. Allmählich war Ada der Überzeugung, dass jede Unvollkommenheit, die zu ihr gehörte, von ihm mit derselben Freundlichkeit begrüßt werden würde. Du hast einen königlichen Hintern, bemerkte er. Dann fragte er, was das für zwei Flecken waren. »Was für Flecken?« »Auf deinen beiden Pobacken sind Flecken, ein bisschen dunkler und rauer als der Rest«, sagte er, »woher kommt das?« »Ich habe keine Ahnung. Ist es hässlich? Ist es schlimm?« Mühsam richtete sie sich auf. Sie drehte sich um und versuchte ihren eigenen Hintern zu sehen. »Nein, gar nicht«, antwortete er, »ich war nur neugierig, was es ist.«
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