Brautflug
Klagelaute einer Katze. Ihr Körper war schwerelos, fast gefühllos vor Erregung. Es war ein ernsthaftes Spiel, das hier gespielt wurde. Er ließ sie einfach eine Weile stehen und machte keinerlei Anstalten, sich irgendwo anders hinzubewegen. Sie blieb ruhig stehen, verbarg die Arme in den Falten ihres Rocks und rieb mit dem Fußballen über das glatte Holz.
»Zieh dich aus.« Eine leise Stimme, die keinen Widerspruch duldete.
Die Schnalle ihres Gürtels, die Knöpfe auf der Rückseite ihres Kleides, ihre rechte Hand schob den Stoff von ihrer linken Schulter, die linke Hand tat dasselbe mit der rechten. Das Kleid rutschte an ihren Armen hinab und fiel über die Brüste nach unten. Unendlich langsam zog sie die Arme aus den Ärmeln, mit zwei tauben Händen ergriff sie den Stoff auf Höhe ihrer Taille und zog das Kleid an ihren Hüften und ihrem Po herunter. Die Streifen glitten wie von selbst weiter in die Tiefe, adieu, schönstes Kleid, bleib dort einfach liegen. Das Kleid war ein Verbündeter, ein Mitschuldiger. Ohne das Kleid stände sie nicht hier. Sie stieg aus ihm heraus.
»Es ist hier ein bisschen wärmer als bei uns«, sagte sie.
Hierbei würde es nicht bleiben, das wusste sie sehr wohl. Unzüchtig war es, wie sie hier vor einem Mann in Unterwäsche stand. Ada konnte nicht mehr denken.
»Weiter«, sagte er.
»Bei uns gibt es nicht so viel Sonne«, sagte sie und zog ihr Höschen herunter, entlang ihrer Oberschenkel und Waden, zog einen Fuß nach dem anderen aus dem glatten Stoff heraus und schob es dann ebenfalls zu dem Kleid. Leistet einander Gesellschaft, ihr treuen Kleider, wartet auf mich, irgendwann komme ich zurück, auch wenn ich nicht sagen kann, wann.
Dann überkreuzte sie ihre Hände hinter dem Rücken und öffnete die kleinen Häkchen. Ein stolzes C-Körbchen, gnädiges Fräulein, hatte die Verkäuferin gesagt.
I dreamed I was a social butterfly in my maidenform bra
, wie es in der Werbeanzeige hieß. Ihre Brüste seufzten auf vor Erleichterung. Sie selbst jedoch fühlte sich nun doch sehr nackt. Sie sah über Franks Kopf hinüber auf den Mond und versuchte mit ihren Armen möglichst viel von ihrer Scham zu bedecken.
»Lass das«, sagte er, »ich will dich sehen.«
»Ich habe drei Kinder.«
»Zeig es mir.« Seine Stimme gab ihr Mut. In ihr erklang das Verlangen und ein verborgener, dunkler Schmerz. Ada wagte noch immer nicht recht, ihn anzusehen, ließ aber die Arme sinken. »Und doch«, sprach sie weiter, wie um sie beide zu beruhigen, »ist es auch schön dort. Ich liebe den Ozean.« Nach der Geburt ihrer Kinder war ihr Körper weicher geworden, runder. Sie war sich nicht sicher, ob er nun alle Prüfungen bestehen würde. »Manchmal laufe ich den ganzen Weg bis nach Hokitika. Dann bin ich … glücklich.«
An seiner Atmung hörte sie, was er von ihr hielt, was er für sie empfand. Und ihre Seele war auf einmal erfüllt von Glück, so viel Glück, dass für den Rest ihres Lebens genug für alle da sein würde – genug für Frank, Derk und die Kinder. Niemand musste zu kurz kommen, es gab Glück im Übermaß. Er stöhnte. Sie wiegte ihre Brüste in den Händen. »Du wunderschöne Frau«, sagte er mit schmerzerfüllter Stimme.
Sie war mit Sicherheit nicht seine erste Frau. Bestimmt führte er ein sündiges Leben – eine erschreckende Vorstellung. In verschiedenen Positionen tat sie, die verheiratete Frau, auf dem alten Sofa einige Dinge zum ersten Mal in ihrem Leben. Es gab Momente, in denen sie nicht so recht weiterwusste, doch dann sah sie ihn an und bemerkte, dass ihn die Verruchtheit dieser Dinge nicht kümmerte. Das beruhigte sie.
Stunden später lagen sie nebeneinander auf dem Teppich vor dem Kamin. Das Pinot-Noir-Trinken fiel ihr immer leichter. Hast du ein Fotoalbum, fragte sie, ich will dich kennenlernen. Die Nacht war noch lange nicht vorbei, und Ada war fest entschlossen, jedes kleinste Teilchen davon für sich einzuklagen. Darum blieb sie mit leicht geöffneten Beinen liegen, sodass er sie überall berühren konnte, während sie zusammen den unordentlichen Stapel Fotos durchsahen. Mozie auf einem Traktor, hinter ihm ein Mädchen. Frank, der mit einer riesigen Motorsäge einen Baum bearbeitet. Frank, der die Schafe schert, »versucht zu scheren«, erklärte er.
»Ja«, neckte sie, »Schafescheren ist was für
echte
Männer.«
»Wahrscheinlich schon, verdammt …« Bevor sie verstand, was hier vor sich ging, sprang er auf und nahm sie in den Haltegriff, um das
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