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Brautflug

Brautflug

Titel: Brautflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marieke Pol
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Spüle, keine Kuchenformen auf dem Herd, ganz untypisch für Marjorie. Spooky. Und dann dämmerte es mir allmählich. Ich bin zum Wintergarten gegangen und habe durch die gläserne Fassade ins Wohnzimmer geguckt.« Er schnaubte ein paar Mal durch die Nase, wie ein wütender Stier, den man zurückhält. »Alles ist weg.«
     
    »Ich dachte, ich hätte vielleicht das Haus verwechselt. Also bin ich zurück auf die Straße gegangen, um zu sehen, ob die Nummer stimmt. Ich hatte mich nicht getäuscht.«
     
    »Ich bin zögernd am Zaun stehen geblieben, wusste nicht, was ich denken oder tun sollte. Ich bin noch einmal nach hinten gegangen, um mich zu überzeugen, dass es keine Sinnestäuschung war. Und dann kam die Nachbarin angelaufen. Ich kenne sie ein bisschen, sie kam oft vorbei, wenn ich bei Hans und Marjorie war. Sie sagt: Du verstehst bestimmt nicht, was hier los ist, oder? Und sie erzählt mir, dass gestern ein riesengroßer Umzugswagen in die Straße eingebogen wäre und dass die Umzugsleute das gesamte Mobiliar eingeladen hätten. Sie hatte selbst nichts davon gewusst. Weder Hans noch Marjorie hatten etwas von Umziehen erzählt, obwohl sie eigentlich ein gutes Nachbarschaftsverhältnis pflegten. Das dachte sie zumindest. Daher wollte sie nun wissen, was los war, und Marjorie murmelte etwas von einem besseren Job. Sie erzählte ohne eine Miene zu verziehen, dass sie das Haus verkauft hatten, und sagte: Tut mir leid, aber wir sind ziemlich in Eile, und das war alles. Ein Handschlag und auf Wiedersehen. Die Frau sah mich mit großen Augen an. Sie wollten nächste Woche alle zusammen picknicken gehen.«
    Zu spät. Zu spät. Zu spät.
    »Das Telefon war abgemeldet, darum habe ich niemanden erreicht. Jetzt klärt sich alles auf. Anyway, mit Bobby war wohl alles in Ordnung, erzählte die Nachbarin, er konnte schon wieder laufen. Das war auf jeden Fall eine Erleichterung. Aber ehrlich gesagt, stand ich einfach vollkommen entgeistert da, starrte auf das blaue Haus und dachte: Wie um Himmels willen ist es möglich, dass sie das hier alles zurücklassen? Das Haus war für sie fast wie ihr zweites Kind!«
    »Wo sind sie hingezogen?«
    »Das habe ich auch gefragt. Die Sachen waren unterwegs zum Hafen, erklärte die Nachbarin, sie würden verschifft werden. Ich fragte: verschifft? Ja, antwortete sie, und die Familie fliegt. Wohin? Tja, Esther, dreimal darfst du raten, wohin.«
    Ich hätte sofort mit ihnen reden sollen.
    »Rat mal, wohin meine Freunde, mit denen ich so viele Stunden verbracht habe, ohne ein Wort zu sagen unterwegs sind?«
    Sie machte eine hilflose Geste, es konnte überall sein, von Whangarei bis Dunedin und zurück.
    »Ich will es dir sagen: Meine Freunde, mit ihrem Kind, das zu seiner großen Freude gerade im Jugendteam von Wellington angenommen wurde, meine Freunde, die kürzlich erst ihre Einbürgerung beantragt haben, sind auf dem Weg zurück nach Holland.«
     
    »Du hast richtig gehört. Erst sind sie von hier aus nach Auckland geflogen, und dann weiter nach Amsterdam.«
     
    »All die stolzen Geschichten, all die Zukunftspläne. Warum das alles? Haben sie vielleicht doch Heimweh gehabt und sich nicht getraut, darüber zu sprechen?«
    »Weißt du das ganz genau?«
    »Kein Abschied, keine Anzeichen, nichts. Weg.«
    »Für eine Weile. Im Urlaub.«
    »Für immer. Zurück ins Vaterland. Vielleicht erklärst du mir mal, warum, denn ich weiß es nicht. Mein Verstand kommt da nicht mit.«
    Marjorie, Angsthase.
    »Weißt du es?«
    »Nein«, sagte Esther schlicht und schlug die Hand vor den Mund. Sie sah, wie er umständlich ein Päckchen Zigaretten aus seiner Hosentasche zog, seine ganze Person zusammengeschrumpft zu einem einzigen Bündel eisigen Unverständnisses. Doch ein Eid ist ein Eid, und sie konnte ihm nicht helfen. Dankbar nahm sie die Zigarette an und hüllte sich in eine sichere Rauchgardine, hinter der sie einen Moment lang nachdenken konnte. Sie fragte sich, warum ihn das so berührte.
    Er inhalierte tief und stieß den Rauch kräftig und wütend aus. »Warum lassen Menschen einander im Stich? Ich wollte Bobby zusätzliche Trainingsstunden geben. Ich habe mich nicht einmal verabschieden können.«
    Sie dachte an Ada, die schöne, sanfte Ada, und sah, dass ihm jeglicher Boden unter den Füßen weggezogen worden war.
    »Mit Hans stecke ich mitten in den Baubesprechungen. Er hilft mir bei dem Entwurf meines Hauses. Immer freundlich, immer lustig. So ein liebenswürdiger Kerl. Nicht einmal angerufen hat

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