Breakfast on Pluto
Monate her war, daß sie, den Hauskittel unter ihrem schwarzen Mantel und das karierte Tuch auf dem Kopf, über die Dorfstraßen geschlendert war und gedacht hatte: »Wenn ich alles Geld spare, das Vater Bernard mit gibt, kann ich mir die Top Ten in der Hitparade kaufen.« Und wer weiß – vielleicht sogar die Langspielplatte mit der Filmmusik von South Pacific!
»Ich liebe Rosanno Brazzi«, sagte sie zu sich, als sie an Mulvey’s Pub vorbeikam. »Ich liebe ihn, und ich liebe seine Musik.«
Und diese Musik sang sie auch, als sie in der Küche der Pfarrei im schaumigen Seifenwasser des Handwaschbecken nach ihrem abgebrochenen Fingernagel fischte. »Schließlich wollen wir ja nicht, daß er ins Frühstück von Vater Bernard gerät!« lachte sie vor sich hin. In diesem Augenblick spürte sie, wie dieser sie im Vorübergehen ganz leicht mit den Fingerspitzen streifte, aber nie wäre ihr der Gedanke in den Sinn gekommen: »Ich weiß, was das zu bedeuten hat! Es ist nur ein Vorspiel zu dem, was gleich im Wohnzimmer passieren wird, wenn er mit seinem riesengroßen, grellroten Stengel hinter mir her ist!«
Wie sollte sie auch? Was allerdings trotzdem schade ist, denn sonst hätte sie wenigstens verstanden, was vor sich ging, als sie da gegen die Wand gedrückt wurde – und ein vierzigjähriger Geistlicher seinen Dödel mit einem Affenzahn in sie hinein- und aus ihr herausgleiten ließ. »Wer ist dieses Mädchen?« fragte sie sich, als sie von oben auf das Geschöpf niederblickte, dessen Kopf dauernd gegen das Tischbein schlug. Sie selbst war es nicht, das stand fest, denn sie flehte: »Hör auf! Hör auf!« Offensichtlich war es jemand anders, jemand, der aussah wie sie. Sie hoffte, daß es sie nicht zu sehr durcheinanderbringe!, daß sie es nicht eines Tages bereuen würde. Denn Eily wußte, diese Art Benehmen war ganz dazu angetan. Ihre Mutter hatte es ihr gesagt. Natürlich nicht so deutlich. Und besonders, ganz besonders bei einem Priester – selbst wenn der Priester schuld war. Eily konnte nur denken: »Bin ich froh, daß ich das nicht bin!« Denn sie bewahrte sich für die Ehe auf. Sie mochte noch so sehr auf Tanzveranstaltungen herumhopsen – die Ehe war für sie etwas Reines, Sauberes und Gesundes. Engelrein. Überhaupt nicht so wie das, was Vater Bernard da gerade trieb. So war es überhaupt nicht. Warum machte er das nur? fragte sie sich. Als sie sah, wie er einfach weitermachte, mußte sie weinen.
Aber nicht so sehr wie später, als sie begriff, um wen es sich handelte – daß es die ganze Zeit sie selbst gewesen war. Ihr könnt euch vorstellen, was für einen Schock sie da bekam. Sie weinte: »Oh, das Mädchen, das bin ja ich!« Und dann natürlich, als das Baby kam – das war der größte Schock von allen!
Wie’s gewesen wäre, wenn ihre Mami Bescheid gewußt oder irgendwie hinter ihre weiten Kleider geblickt hätte, konnte sie nur ahnen. Im Geiste hatte sie das ja auch schon viele Male getan – hatte ihre Mutter in der Menschenmenge auf dem Dorfplatz gesehen, alle Gesichter von einem Haß verzerrt, den sie noch nie zuvor erlebt hatte. Und ihre Mutter stimmt in die Rufe der anderen ein: »Hängt sie auf! Hängt sie auf, die Schlampe!«, und schon baumelt Eily Bergin an einem Laternenpfahl. Das war natürlich albern. So etwas würde nie geschehen! Es war nur ihre überreizte Phantasie! Was sollte sie tun? Hysterisch dachte sie: »Was soll ich tun? Soll ich’s vielleicht mit einem hölzernen Löffel auskratzen?« Da mußte sie lachen. »Womöglich kriege ich nur sein Auge zu fassen«, sagte sie und spuckte Auswurf in ihre Hand.
Am Ende glitschte das Kind mühelos aus ihr heraus. Und zwar an jenem Novemberabend, als Mr. und Mrs. Bergin behaglich vor ihrem schönen Kaminfeuer saßen. Nicht genau um diese Zeit, sondern ein paar Stunden später, in den frühen Morgenstunden. Worüber Eily nicht hinwegkam – erst ist da gar nichts, und plötzlich ein ganzer neuer Mensch! Mit kleinen dünnen Ärmchen und kleinen dünnen Beinchen und weichem braunem Haar und einem ovalen Gesicht! Und sieht zum Knuddeln aus! »Ich will ihn behalten! Ich will mein Baby behalten!« wollte sie schreien. Aber das konnte sie ja nun wirklich nicht tun!
Jedenfalls hatte Vater Bernard ihr gesagt, was zu tun sei. Am Ende war er so nett und gütig gewesen. Anfangs hatte er sich eklig benommen. »Du wirst es nicht behalten! Bist du verrückt geworden?« hatte er wie ein Stier gebrüllt. Sie glaubte schon, er wolle sie schlagen.
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