Breakfast on Pluto
junge Mike McQuillan. Seine Stimme echote übers Spielfeld, und der durchnäßte Ball landete direkt in seinen ausgestreckten Armen. »Was für eine starke Truppe!« dachte der Priester. »Eine solide Mannschaft von einsatzfreudigen Burschen, die beste, die dieses College je durchlaufen hat!« Was wohl der Wahrheit entsprach, denn Vater Joe konnte sich nicht erinnern, wann es eine Collegemannschaft das letzte Mal bis zur Leinster-Meisterschaft gebracht hatte. Und für die Moral des Seminars hatte es Wunder gewirkt! Es war erstaunlich, wie sehr ein sportlicher Erfolg bei kontemplativen jungen Männern Kameradschaft und Mannschaftsgeist beflügeln konnte. Als strahle das gesamte Gebäude ein spirituelles elektrisches Licht aus, das über das träge, schläfrige Land hinwegleuchtet. Mit jedem festen Tritt des Balls erklang die Stimme eines jungen Mannes: »Wir werden euch führen!
Wir, die heiligen und hingebungsvollen jungen Männer dieses Seminars, werden hinausziehen und euch, dem unermüdlich tätigen Bauernvolk unserer kleinen Grafschaft, den Weg zu Frieden und Liebe weisen in der Gemeinschaft des Heiligen Herzens Jesu!« Vater Joe war so zufrieden wie schon lange nicht mehr. Als er im peitschenden Wind stand, betete er stumm zum hl. Joseph von Copertino, der strenggenommen der Schutzpatron der Prüflinge war und sich nicht mit Sport befaßte, für den der Priester aber stets eine besondere Vorliebe empfunden hatte, daß sie am kommenden Samstag im Footballstadion von Borris-in-Ossory mit einem erheblichen Torvorsprung den Sieg erringen möchten.
Dem neunzehnjährigen Studenten und Footballspieler Bernard McIvor aus der Gemarkung Drumaloon, Tyreelin, ging, als er nach dem Abpfiff auf die Seitenlinie zulief, derselbe Gedanke durch den Kopf. Im Geiste spielte er so viele Möglichkeiten und Torverhältnisse durch, daß er ganz erschöpft war. Doch wie sein Freund Dermot Faughnan unter der Dusche bemerkte, während die nadelspitzen Wasserstrahlen dampfend auf sie niederprasselten und von ihren glänzenden Körpern abprallten: »Bernard, am Samstag können wir nur eines tun: mit Leib und Seele bei der Sache sein und unser bestes geben, stimmt’s?«
»So ist es, Dermot«, erwiderte der Seminarist und seifte sich die Unterseite seines Geschlechtsteils ein, wobei er instinktiv das Gesicht abwandte, wie er es immer tat, damit er in dieser Körpergegend nicht wieder jene schwellende Bewegung auslöste, die er bei sich immer »unanständig« nannte. Und gegen die das Footballspiel ein wunderbares Mittel war, denn wenn man in die Luft sprang, um den geschnürten Lederball zu fangen, der oft vor Nässe glitschig war (aber wen juckte das?), dachte man nicht mehr an Mädchen in durchsichtigen Kleidern oder an reife Frauen im Mieder, die des Nachts kamen und die Lippen öffneten, um einem Dinge zu sagen. Dinge, die man nicht hören wollte. Dinge, die sie natürlich ganz harmlos fanden. Zum Beispiel: »Hallo, Bernard!« oder »Das ist aber still hier, Bernard. Ich meine, im Schlafsaal!« Dabei waren sie verschlagen; taten so unschuldig, daß man nie antworten konnte: »Jetzt hören Sie aber auf! Ich weiß, was Sie vorhaben! Ich weiß, was Sie vorhaben, Miss! Oder Missis!« Die drehen sich um und versuchen einem die Schuld zuzuschieben, falls ihr versteht, was ich meine! Und behaupten: »Was? Aber ich habe doch gar nichts gesagt! Himmel noch mal, was ich gesagt habe, war doch vollkommen harmlos! Du kannst dich doch nicht umdrehen und mir die Schuld zuschieben, nur weil deine Flöte sich berufen fühlt, mich zu grüßen!« Was nicht sehr nett war – nun ja, vielleicht nicht so sehr »nicht nett« als vielmehr nicht fair. Es war nicht fair, Bernard solche Dinge zu sagen, wenn er ganz allein im Bett lag und sich überdies nicht wehren konnte. Schließlich stand er hier nicht dem Verteidiger von St. Malachy gegenüber oder dem angeblich glänzenden Flügelstürmer Matt McGlinchey! Mit denen wäre er mühelos zurechtgekommen! Hätte ihnen den Ball abgenommen und wäre wie der Wind davongerannt! Aber wenn jemand vor einem stand, einfach so dastand und sagte: »Hallo, Bernard!«, was sollte man da tun, besonders wenn eine leichte Brise den durchsichtigen Stoff anhob, und man sah – o Gott! O nein! Gott steh mir bei! O Jesus Christus!
Daß Seminaristen bereits einige Minuten vor dem Geläut der Morgenglocke erwachen, ist durchaus nichts Ungewöhnliches. Es ist eine Gewohnheit, die sie angenommen haben. Eine gute Gewohnheit,
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