Breakfast on Pluto
gewährt sie dir doch Zeit, über den bevorstehenden Tag zu meditieren. Eine kurze Besinnungspause, in der du persönliche Zwiesprache mit dem Heiland hältst, dem du ja dein Leben geweiht hast. Doch in diesem Fall gilt das alles nicht, denn Bernard ist nicht erst seit einigen Augenblicken wach, sondern schon seit drei Uhr morgens. Und er ist in schlechter Verfassung, fürchte ich. Als wäre sein Leben in eine neue, potentiell tödliche Phase eingetreten. Denn wenn schon die nächtlichen Heimsuchungen in Mieder und durchsichtigen Kleidern tiefes Entsetzen ausgelöst hatten, das er auf so vielen Footballfeldern mit mannigfaltigen stierähnlichen Angriffen im Wind tapfer zu bekämpfen versuchte, welche neuen Strategien konnte er dann anwenden, um sich der Ränke jener einen zu erwehren, in deren schwarzen Strudelaugen er so verzweifelt geschwommen war, nein, gezappelt hatte. Und die mit den Worten »Morgen nacht zur gleichen Zeit, Süßer!« wie eine Schlange aus seinem Bett geglitten war und wieder unter dem Kruzifix des Erlösers verschwunden war; dieser tadelte ihn von der kahlen Wand herab mit großer Traurigkeit, bevor er noch die Worte herausbringen konnte, die er ihr hatte sagen wollen: »Nein! Morgen nacht nicht! Nie wieder! Bleib weg! Bleib für immer weg!«
War es da ein Wunder, daß seine Bettlaken vollkommen durchnäßt waren von Schweiß und anderen unaussprechlichen Körpersäften? Nicht zuletzt von jenen Tränenergüssen, die gar nicht mehr versiegen wollten, als würden sie dem Untergang ganzer Kontinente gelten. »Warum? Warum? Warum?« ging er mit sich ins Gericht, während er sich mit einer zusammengedrehten Spitze des durchweichten Bettlakens die feuchten Augen tupfte. »Weil du versagt hast!« erwiderte der Erlöser mit steinerner Miene, die einem das Blut in den Adern gefrieren ließ, so selten sah man sie auf diesem selbstlosen Antlitz. »Weil du moralisch gesunken bist!« Und ob in einem einsamen Schlafsaal oder sonstwo, kein Säugling hat je so geweint wie dieser junge Mann namens Bernard McIvor, der einstmals darauf gebrannt hatte, Priester zu werden. Der von jenem Tag an alle seine Kräfte sammelte, um die seidenweichen Erscheinungen zu bannen, die spätnachts geschlichen kamen, mit ihren teichgroßen gespenstischen Augen zwinkerten und flüsterten, und der sich zu diesem Zweck seitdem fast ganz der Andacht und der geistlichen Lektüre (Selbstbeherrschung und Entsagung. Ein Handbuch für Geistliche) widmete.
Was aber alles nichts nützte, als eines bitterkalten, ganz normalen Morgens seine neue junge Haushälterin, die Ähnlichkeit mit Mitzi Gaynor hatte (was er natürlich nicht ahnte, er wußte gar nicht von der Existenz dieses Filmstars! – Musicals? Ein Anlaß zur Sünde!), sich über den Tisch beugte, um ihm sein Frühstück zu servieren (Ah! gebratener Speck! Und Eier! Himmlisch!) und in der Hose aus Serge wieder einmal eine atomare Explosion auslöste, mit dem Resultat, daß seine geistliche Lektüre überhaupt nichts nützte, ein Gedanke, der auch dem Mädchen mit dem Lockenkopf gekommen sein dürfte, das sich jetzt, an die Wand gedrückt, fragte, was eigentlich da unten an der Stelle vor sich ging, an der sie sich nur wenige Augenblicke zuvor befunden hatte und über der sie jetzt schwebte!
Als Terence hereinkam, brüllte ich gerade seinen Namen (Papi – Bernard – nennt ihn, wie ihr wollt), riß das Papier in Fetzen und rief: »Verdammt, den bringe ich um! Ich schneide ihm seinen Schwanz ab und brenne seine Kirche nieder –mit ihm drin!«
Das Blut in meinem Kopf pochte so heftig, daß ich schon dachte, ich hätte eine Gehirnblutung. Wenn nicht Terence mit seinen baumstarken Armen dagewesen wäre, hätte ich womöglich eine gehabt! Er machte mir einen Tee, beruhigte mich und sagte mir, was ich lernen müsse.
»Sie müssen lernen zu verzeihen«, sagte er. »Denn Sie wissen, was passiert, wenn Sie das nicht tun?«
»Was, Doktor?« krächzte ich, ganz erschöpft von meinem Gefühlsausbruch.
»Es wird Sie vernichten«, sagte er und reichte mir meinen Tee.
Als er das sagte, traten mir Tränen in die Augen, denn ich wußte, er hatte recht, und ich hätte es ja auch liebend gern getan (nicht, damit es mich nicht vernichten konnte, sondern weil es, wie ich in meinem tiefsten Innern wußte, das einzig Richtige war), aber ich brachte es nicht fertig, und je mehr ich daran dachte, desto rascher sauste das Blut durch meinen Kopf, so daß ich, wann immer ich schreibe,
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