Breakfast on Pluto
den Bleistift so fest umklammere, daß ich die Mine ich weiß nicht wie oft zerbrochen habe, Hunderte von Malen.
Dreiunddreißigstes Kapitel
Eine Novembernacht vor langer Zeit
Mr. und Mrs. Johnny Bergin liebten den Samstagabend. Besonders im November, wenn man auf den Rauhreif hinaussehen konnte, der die schöne Landschaft erstarren ließ, und man bei sich dachte: »Ist es nicht herrlich, hier vor dem lodernden Kaminfeuer zu sitzen, Radio zu hören und sich um nichts sorgen zu müssen, weil man ja zur Beichte gewesen ist und der liebe Herrgott auf einen herabblickt und denkt: ›Das sind die Bergins – an denen ich mein Wohlgefallen habe!‹«
Was auch nur recht und billig war, denn in ganz Tyreelin hätte man keine netteren, anständigeren Leute finden können als die Familie Bergin. Wenn Mr. Bergin im Lehnsessel saß, fielen ihm fast die Augen zu, teils weil ihn die züngelnden Flammen auf dem Kaminrost hypnotisierten, teils weil er den ganzen Tag über schwer gearbeitet hatte in der neuen Siedlung, die am Rande des Dorfes entstand. Mrs. Bergin lächelte, als sie zu ihm hinüberblickte, dann wandte sie sich wieder der Lektüre des Sacred Heart Messenger zu. Sie las in den Gedanken des hl. Antonius. Er war ihr der liebste Heilige. Gott allein wußte, wie viele Gebete sie im Lauf der Jahre an ihn gerichtet hatte. Und nicht eines davon hatte sie je bedauert, wie sie oft ihren Nachbarinnen gegenüber bemerkte: »Jede Sicherheitsnadel, die ich verloren habe, jeder Schilling, jedes Gebetbuch – der gute St. Antonius hat mir stets geholfen, sie wiederzufinden.« Als sie jetzt wieder daran dachte, legte sie die Hände in den Schoß und flüsterte stumm ein weiteres Gebet. Draußen schlug ein Hund an, dann war alles wieder still im Dorf. Sie lächelte in sich hinein, als sie ihre einzige Tochter oben herumgehen hörte, und mußte an ihren kleinen Buben James (wie sie ihn genannt hätten) denken, der ein Jahr vor Eileen tot geboren worden war. Wie schön wäre es gewesen, die beiden miteinander aufwachsen zu sehen, James mit seinem Gälischen Football und Eily (wie jeder sie zärtlich nannte) mit ihrer Musik. Denn Musik liebte sie über alles. Wie ihr Mann Johnny oft gesagt hatte: »Ich begreife nicht, daß sie darüber nicht wirr im Kopf wird! Ich könnte mir so was nicht anhören!« Aber es war schließlich ihr Leben, nicht wahr? Sobald sie ihre Hausaufgaben erledigt hatte, stieg sie geradewegs die Treppe hinauf, um ihre Schallplatten aufzulegen, die sie für einen Schilling sechs Pence bei McKeon’s erstand, und ihre Illustrierten durchzublättern – Picturegoer, Screen Parade, New Faces of the Fifties. Gott segne uns, wo hat sie die nur alle her? Aber die richten ja keinen Schaden an. Hatten die Nonnen ihr nicht gesagt, daß Eily womöglich zur Universität gehen könnte, wenn sie sich weiterhin so auf ihre Schularbeiten konzentrierte, und wie viele Mädchen aus Tyreelin hatten das je von sich behaupten können? So nähte und stopfte Mrs. Bergin denn einfach weiter, wenn über ihr die Dielenbretter knarrten und Vic Damone Stay With Me oder On the Street Where You Live sang, und sie sagte sich: »So ist unsere Eily.« Was sie auch dann sagte, wenn eine Nachbarin gelegentlich bemerkte: »Haben Sie denn nichts gegen diese Tanzveranstaltungen jeden Donnerstag, Mrs.?«
»Nein«, antwortete sie dann. »Denn so ist unsere Eily.« Die, seit sie laufen gelernt hatte, noch nie ein böses Wort zu ihrer Mutter gesagt hatte. Und die nicht eine Sekunde lang zögerte, als Schwester Lorcan ihr von Mrs.
McGlynns Mißgeschick berichtete (»Und da ist sie doch den Hügel von der Pfarrei heruntergekommen – du weißt ja, wieviel Frost wir hatten – und vor dem Tor von Pat McCrudden ausgerutscht und hingeschlagen!«), sondern sich bereit erklärte, ihr zu helfen und für die Haushälterin des Priesters einzuspringen. Sie hatte sogar gemeint, sie würde sich sehr freuen, Vater Bernard in Mrs. McGlynns Abwesenheit zu betreuen – zumal es ja nur darum ging, ihm das Frühstück zu bereiten und einige andere Haushaltspflichten zu übernehmen.
Was sie jetzt natürlich zutiefst bereute. Nur, daß ihre Mutter davon nichts wußte. Allerdings war ihr aufgefallen, daß ihre Tochter das Interesse am Schallplattenkauf verloren zu haben schien und auch nicht mehr zu den Tanzveranstaltungen ging, für die sie früher ihr Leben gegeben hätte. Eily schienen seitdem beinahe tausend Jahre verflossen zu sein, obwohl es nur wenige
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