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sie.
Er erwidert ihren Blick.
»Zu kompliziert. Jetzt gerade.«
Sie sieht ihn weiter an, und ihre Augen schreiben eine Einladung, es ihr später zu verraten.
Nach entsprechenden Lockerungsübungen.
»Gut, wenn kann umkehren«, sagt Tonja versonnen. »Irgendwann zu spät.« Ihre Augen ruhen traurig auf ihrem leeren Glas. »Kommt Punkt, dann geht nicht mehr. Dann bist du wie Rakete abgefeuert. Du weißt, du fliegst und explodierst. Keine Chance.« Sie zwinkert, lacht und breitet die Arme aus. »Also genieß Fliegen! Oder? Solange geht.«
Was gewissermaßen das Signal zum Aufbruch ist. Weil in der Wohnung, die sich Tonja und Irina teilen, auch ein gut gefüllter Kühlschrank steht, oder um es mit Marcello Mastroianni auszudrücken: Ein Flirt ohne tiefere Absicht ist so sinnvoll wie ein Fahrplan ohne Eisenbahn.
Und betreffs des Fahrplans ist die Haltestelle nicht weit.
»Ecke Shlomtsiyon HaMalka, Shim’on Ben Shetach«, verkündet Tonja über die Schulter, als sie gezahlt haben und die Heleni HaMalka hinunterschlendern. »Fünf Minuten laufen.«
Hakt sich bei Irina unter.
Die beiden tauschen ein paar Sätze auf Russisch aus, lachen. Gehen hüftschwingend vor ihnen her.
Überqueren die Yafo Street.
Björklund zieht Hagen am Ärmel. Wartet, bis ein paar Meter Abstand zwischen ihnen und den Mädchen liegen.
»Lass uns ins Uganda gehen.«
Hagen runzelt die Stirn. Den ganzen Abend über hat er seine Widerstandskraft an Mineralwasser trainiert, er will sie nicht auch noch an den zwei Ukrainerinnen stählen.
Björklund zeigt auf Irina. »Die studiert ebenso wenig Sozialpädagogik wie du Hauswirtschaftslehre.«
»Soll heißen?«
»Das sind Nutten.«
»Quatsch.«
Oder? Auch hierzulande ist die Prostitution fest in Händen der russischen Mafia. Sie locken die Mädchen mit klangvollen Jobangeboten aus ihren ukrainischen, weißrussischen, rumänischen und bulgarischen Kleinstädten ins Gelobte Land, wo sie dann in Bordellen arbeiten und alle Natascha heißen.
»Die sind zu selbstbewusst für Nutten.«
»Vielleicht sind sie das Connoisseur-Programm.«
»Keine Nutte sitzt stundenlang mit potenziellen Freiern vor dem Hataklit und verschwendet Zeit, in der sie Geld verdienen könnte.«
»Hm.«
»Und ohne gesagt zu haben, wie die Dinge liegen. Was, wenn wir keinen Bock auf bezahlte Liebe haben und abhauen? Zwei Stunden Akquise für die Katz. Du irrst dich, Krister.«
Björklund zuckt die Achseln.
1:15 Uhr.
Sideways Bar, Darna, Hataklit, Uganda, Rashale, Hazaazua, Café Hilel, Burgers Bar, Crossroads, Artel Jazz Club, Hess, Heleny, Leonidas, Village Green, Eldad Vezehu, Adom, Joy –
Und alle brechend voll.
Cox und ihre Leute haben sich zu den Polizisten gesellt, durchstreifen die Kneipen. In solchen Momenten empfindet sie es als Vorteil, einen Meter neunzig groß zu sein. Man sieht über die Köpfe hinweg, Hataklit zum Beispiel: Cox scannt den Raum auf einen Blick, wäre er hier, sie würde ihn binnen Sekunden entdecken –
Ist er nicht.
Nächster Laden. Uganda. Drängt sich zwischen munter plappernden, Bier trinkenden Jugendlichen hindurch, fängt die Blicke der Typen ein, sieht sie ihre altbewährten Strategien durchgehen, nichts finden, wie man so eine Riesenlady angräbt –
»Signal verlagert sich nach Süden.«
»Bewegt er sich?«
»Schwer zu sagen.«
Weil die Mastenpeilung nur zeigt, ob man sich im Senderadius aufhält, nicht wo.
»Jetzt ist er zweifach eingeloggt – Heleni HaMalka verschwindet – neuer Sendekreis kommt hinzu – südöstlich. Ja, er scheint sich zu bewegen.«
»Schnell?«
»Moment – Signal bleibt konstant – nein, eher langsam.«
Zu Fuß.
Cox verlässt das Uganda und marschiert zurück auf die Heleni HaMalka, wirft einen Blick auf den Stadtplan in ihrem Smartphone. Die GPS -Ortung zeigt ihre Position an.
»Welche Straßen?«
»Yafo, Shlomtsiyon HaMalka, Koresh.«
Nicht gerade ermutigend. Auch dort jede Menge Kneipen, die bis in die Morgenstunden geöffnet haben. Sie überquert die Yafo, die das Viertel um die Heleni HaMalka nach Süden begrenzt, springt vor einer herannahenden Straßenbahn über die Gleise zu ihrer Maschine und fährt die Koresh hoch.
Mit etwas Glück erwischt sie Hagen, bevor er im nächsten Tresengewühl verschwindet.
Sie spazieren die abschüssige Shlomtsiyon HaMalka mit ihren hübschen hellen Sandsteinhäusern herunter. Tagsüber ist die Straße belebt, jetzt liegen die Geschäfte und Cafés im Dunkeln, und die Zweige der Bäume
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