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Breaking News

Breaking News

Titel: Breaking News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Straße, gut und gerne zehn Meter tief, er würde sich die Beine brechen und was sonst nicht alles. Besser aufs Dach des Nachbargebäudes. Nur rund drei Meter, einziges Problem:
    Das Dach ist geschrägt.
    Egal, dahinten kommen größere Probleme.
    Er hört sie nicht mehr, hegt aber keinen Zweifel, dass sie so gut wie bei ihm sind.
    Springt.
    Der Krach, mit dem er aufkommt, dürfte einige Leute aus dem Schlaf hochfahren lassen. Hagen fällt auf den Hintern und beginnt sofort zu rutschen. Am Turm wird einer der Verfolger sichtbar, ruft dem anderen etwas zu, dann springt auch er. Schneller und schneller geht es abwärts. Wie eine Katze versucht Hagen auf dem glatten Dach Halt zu finden, immer noch viel zu hoch über der Straße, doch da ist nichts, nicht mal eine verdammte Dachrinne. Er wird zerschmettert werden. Sieht den anderen auf dem Rücken liegend heransausen, geht über die Kante, macht sich auf das Schlimmste gefasst –
    Der Aufprall presst die Luft aus seinen Lungen.
    Jeder Knochen tut ihm weh, als er sich aufrappelt, doch zerschmettert ist er nicht. Auf einem Balkon gelandet. Umklammert das Gestänge der Brüstung, schaut in die schwarze Krone eines Baums, der aus der Straße wächst, auf das unter ihm liegende Pflaster.
    Vier Meter? Bestimmt.
    Neben ihm knallt der andere auf den Balkon, und das gibt den Ausschlag.
    Hagen setzt über die Brüstung.
    Irgendwann mal hat er diesen Kurs bei der Bundeswehr gemacht, wie man richtig fällt, erste Regel: Der Statistik vertrauen, wonach du meist aufrecht landest, uraltes Repertoire der Evolution. Zweite Regel: seitwärts oder vorwärts abrollen, um in einer fließenden Bewegung wieder auf die Beine zu kommen. Dass er im Herzen Jerusalems auf die uralten Tricks zurückgreifen muss, hätte er sich kaum träumen lassen, jetzt zahlt sich das Training aus. Krümmt den Körper zur Kugel im Moment, da seine Füße den Boden berühren, rollt herum, ist schon wieder oben, die Gasse wie ausgestorben. Umso bedrohlicher der Soundtrack. Autos, die plötzlich heranrasen, zum Stehen kommen, der Aufprall, als der andere auf dem Gehweg landet – die anderen, das sind zwei, ganz sicher! – das Stakkato ihrer Schritte –
    Hagen nimmt die Beine in die Hand.
    Schlittert um die nächste Ecke, legt alle Kraft in diesen Sprint, hinein in eine Schneise, eng, lichtlos, voller Gerümpel, vorbei an überquellenden, stinkenden Müllcontainern und gestapelten Bierkästen, reißt einen davon um, Getöse, als zentnerweise Glas zu Bruch geht, offenbar ist er ins Hinterland der Gastronomie geraten, hört die Verfolger heranlärmen –
     
    Cox starrt fassungslos in die Wohnung.
    Mit ihren 30 Jahren hat sie mehr Schlimmes gesehen, als ein Mensch überhaupt je sehen sollte. Was Schläger und Besoffene anrichten, in ihren Familien, untereinander, an Unbeteiligten. Damit ist sie aufgewachsen, und der Bekanntschaft Perlmans verdankt sie Einblicke in die verschlungenen Wege der menschlichen Anatomie. Das Werk palästinensischer Gürtelbomber in Tel Aviv, Jerusalem und Aschdod, die Hinterlassenschaften israelischer Kampfhubschrauber und Merkavas in Gaza, Nablus und Ramallah, muslimische und jüdische Körper – sobald das Innere nach außen drängt, ist kein Unterschied mehr feststellbar. Gesichter, die unter dem Ansturm umherschießender Nägel und Kugellager zerhackt, Menschen, die von der Wucht der Explosion in Ansammlungen menschlicher Teile verwandelt werden, das hat auf grausige Weise etwas Völkerverbindendes, hier wie dort die gleichen Irren, die sich jeder als Einziger für normal halten.
    Was sie hier zu sehen bekommt, ist anders.
    Schlicht noch –
    BÖSER .
    Sie öffnet sich, lässt die Eindrücke wirken. Spürt dem Ausbruch der Gewalt nach, unter dem sich diese makellose Luxuslandschaft in ein Panorama des Grauens verwandelt hat. Mit unheimlicher Kaltblütigkeit wurde hier gefoltert und gemordet. Blut ist in hohem Bogen über den sandhellen, teuer aussehenden Teppichboden gespritzt und hat Bilder geschaffen, die sich gerahmt in jeder Galerie gut machen würden. Tote dazwischen wie drapiert, eine Installation. Cox steigt über einen wie gekreuzigt daliegenden Mann hinweg. Seine Kehle klafft auseinander, ein zweiter, roter Mund, der sie obszön anlächelt. Neben ihm ist einMuskelprotz in sich zusammengesackt, sein T-Shirt getränkt von Blut aus mehreren Einschusslöchern. Verrenkt über der Lehne eines Sessels hängt jemand mit Skimaske. Als Cox auf ihn herabschaut, schaut sie in ein

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