Breaking News
den ineinander verkeilten Fahrzeugen gleich wieder zu stauen.
»Beeilt euch!«, schreit er.
Läuft zur Treppe, weil er weiß, gleich wird es ungemütlich.
Die himmlischen Heerscharen werden über sie kommen.
Perlman sieht ihn laufen. Cox ist schon auf dem Plateau, verschwindet soeben unter einem Dach aus Laub.
Adler und drei Männer hasten ihr hinterher.
»Schießt auf die Beine«, weist er die Agenten an. Zu Dreyfus: »Adler ist Ihr Mann. Wollen Sie das übernehmen?«
Dreyfus hängt bereits mit der Waffe im Seitenfenster.
Über speckige, krumm getretene Stufen springen sie nach unten.
»Wohin?«, keucht Yael.
»Da.«
Drei Kreuzgewölbe öffnen sich vor ihren Augen, blindlings laufen sie ins mittlere hinein. Dunkelheit verschluckt alle Konturen. Wie überbelichtet erstrahlt der Halbkreis am Ende des Ganges, Yael dagegen ein hastender Schatten. Ihre Schritte vervielfachen sich, prasseln über Decken und Wände, dann sind sie raus aus dem Schlund, eine Gasse, abwärts, in Jahrhunderten verwitterte Fassaden. Gras sprießt aus Mauerritzen, Klettergewächse ranken in Balkongittern, schwere, verzierte Türen. Aus offenen Fenstern hängt Bettwäsche, hoch auf den Dächern Wassertanks, gestelzt wie Mondfahrzeuge, unmöglich zu sagen, welche historischen Epochen sich hier mischen, und außerdem –
SO WAS VON EGAL !
– und auch wieder nicht, da sich Hagen unvermittelt die Frage stellt, warum die ganze malerische Pracht mitten am Tag bar aller Menschen ist.
Wie auch das Plateau.
Bar aller Menschen.
Cox flucht, während sie im Sattel stehend die Stufen hinunterholpert. Hunde und Motorräder auf Treppen, da wird nie was draus, kann es nicht EINMAL einfach sein? Warum müssen da gleich drei Scheißbogengänge nebeneinanderliegen, die unter Garantie in völlig verschiedene Richtungen führen, und von Hagen und der Ärztin keine Spur?
Sie zögert.
Für einen der Wege muss sie sich entscheiden.
Rechts.
Wumm – Wumm – Wumm –
Wie eine fette Libelle steht der Helikopter direkt über dem Plateau. Adler dreht sich im Laufen um, sieht einen seiner Leute straucheln, sich am Boden wälzen.
Die schießen auf sie.
(Ihr schießt? An eurer Stelle würde ich Granaten werfen!)
Rennt schneller. Wenn es noch Zweifel gab, dass seine Tarnung aufgeflogen ist, werden sie von den wild ballernden Agenten gerade zersiebt. Nun, damit war zu rechnen. Irgendwie muss er es schaffen, sich abzusetzen, sobald Kahn und Hagen aus dem Verkehr gezogen sind. Mit knapper Not gelangen sie aus dem Kugelhagel in den Schutz der Platanen, die das Plateau überschatten, erreichen die rückwärtige Treppe, immer zwei Stufen auf einmal nehmend – Ratlosigkeit.
Drei Möglichkeiten.
Die BMW ist noch zu hören, aber von wo?
In welchen der Gänge ist Cox gefahren?
Die Gassen spielen einander den Schall zu, wahrscheinlich erklingt er dort am lautesten, wo gar niemand ist.
»Links!«
Agenten springen aus dem Helikopter, Dreyfus hinterher.
Überschaut das Plateau.
Niemand.
»Zur Mauer!«
»Kreisen«, sagt Perlman.
Der Hubschrauber schiebt sich langsam voran. Sein bedrohlicher Schatten wandert über Dächer und Gassen. Jemand ruft an, ein weiterer Bekannter aus besseren Tagen. Der Bürgermeister von Nablus, in heller Aufregung.
»Kein Grund zur Sorge«, versichert ihm Perlman. »Wir jagen nur unsere eigenen Leute.«
»Dafür habt ihr schon einen ansehnlichen Haufen Blech aufgeschichtet. Warum ausgerechnet in Nablus, Allmächtiger?«
»Ich erklär’s dir bei einem guten Essen.«
»Ric, das ist kein Spaß. Pausenlos rufen Leute an. Wir sitzen in einem Konzert aus Klingeltönen. Ich hoffe, das geht schnell vorüber. Sag mir, dass ihr in Kürze verschwunden sein werdet.«
»Inschallah.«
»Wenn Gott will? Wann hättest du je getan, was Gott will?«
Gute Frage, denkt Perlman.
Wann hätte Gott je getan, was ich will?
Und Hagen kommt die Erleuchtung – klar, so simpel.
Keine Geschäfte, keine Banken, keine Cafés.
Und wo nichts dergleichen ist, haben Einheimische wenig Grund, sich herumzutreiben. Altstadt hin oder her, was sollen sie in ihrem eigenen Museum? Die meisten hier dürften nichts sehnlicher wünschen, als dass die Welt ihre Stadt mit anderen Augen sieht, doch das Problem ist, die Welt sieht sie gar nicht.
Sie haben das perfekte Touristenzentrum.
Nur keine Touristen.
Mal dir Brügge aus.
Die Pyramiden.
Venedig, ganz ohne Touristen. Der Markusplatz, gähnende Leere, übersät von
Weitere Kostenlose Bücher