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»Wetten?«
»Sei trotzdem leise.«
»Ich bin die Lautlosigkeit selbst.« Er dreht den Schlüssel im Schloss, macht Licht in der Diele, geht weiter ins Wohnzimmer. Spürt, noch bevor er den Schalter betätigt, dass irgendetwas nicht so ist, wie es sein sollte, und dann sieht er es.
Die Jungs sitzen auf dem Sofa.
Mit angstgeweiteten Augen
Zwei Pistolen sind auf ihren Kopf gerichtet.
Eilat
Yael weint. Um die verlorenen Jahre, und weil man die Zeit nicht zurückdrehen kann. Ihre Tränen tropfen auf ihn herab, fangen sich wie Tau in seinen Brusthaaren. Sie will sich wegdrehen, er hält sie zurück. Zieht sie an sich, streichelt sie weiter und lässt sie weinen.
»Glaubst du, man kann wieder unschuldig werden?«
Die Frage klingt kindlich, tatsächlich bedeutet sie alles. Seit Anbeginn der Menschheit.
(Hättest du mich noch vor einer Stunde gefragt –)
»Man kann auch wieder gesund werden«, sagt er.
»Schuld ist keine Krankheit.«
»Doch. Die schlimmste.«
»Und wenn du andere krank machst?« Sie schnieft. »Umbringst?« Stützt sich auf die Ellbogen. »Wir können niemanden wieder lebendig machen, Tom. Keinen unserer Toten.«
»Niemand kann ändern, was er getan hat.«
»Ihr Christen habt wenigstens die Beichte –«
Er hebt die Brauen. »Du meinst, da kommt so ein Kerl in Soutane und murmelt, Ego te absolvo , und du kannst losziehen und den nächsten Mist bauen?«
»Spielt eh keine Rolle«, flüstert sie. »Ich kann mir nicht verzeihen.«
»Nein.« Er schüttelt den Kopf. »Ich mir auch nicht.«
Eine Weile liegen sie einfach so da.
»Du wolltest Inga nicht schaden«, sagt sie. »Oder Krister. Du warst fahrlässig. Aber du hast nie eine Entscheidung getroffen, wie ich sie getroffen habe. Du wolltest die Geiseln retten –«
»Toller Versuch.«
»Mich hast du gerettet.«
»Ja, nachdem ich dich überhaupt erst –«
»Nein, Tom.« Sie schüttelt den Kopf. »Ich war schon ganz unten. Es wurde allerhöchste Zeit, mich mit meinen Taten zu konfrontieren. Andernfalls wäre ich früher oder später wahnsinnig geworden. Dein Problem ist, dass alle dich schuldig gesprochen haben, meines, dass mich nie jemand schuldig gesprochen hat. Verstehst du? Das ist mein Problem. Mir konnte nie jemand vergeben.«
Er lässt die Worte einsinken.
»Ich glaube, es gibt da ein Missverständnis mit der Vergebung.«
»Welches?«
»Ein Verbrecher, der vorzeitig entlassen wird, ist darum nicht frei.«
»Und wer entscheidet, wann er frei ist?«
»Nur er kann das.«
Wenn er es kann.
Kaum etwas ist schlimmer, als sein eigener Schuldner zu sein. Tausendmal magst du dir einreden, Schuld abgetragen zu haben, aber durch nichts machst du die Dinge ungeschehen. Vergebung tilgt Vergangenes nicht, doch sie gibt dir die Zukunft zurück.
»Vielleicht läuft ja alles auf einen Handel hinaus«, sagt er.
»Du meinst, wenn wir etwas so Wertvolles tun, dass es lohnt , uns selbst zu verzeihen –«
»Etwas Ausgleichendes. Ja.«
»Funktioniert das so?«
»Keine Ahnung. Wir sollten es rausfinden.«
Sie seufzt. Schaut auf die Uhr.
»Wir sollten vor allen Dingen unsere Klamotten zusammensuchen.«
23:00 Uhr.
Der Bell H-13 sinkt dem Landefeld entgegen. Zehn Minuten, nachdem der Anruf aus Nablus erfolgte, saß er schon im Cockpit. Flog selbst, Pilot und einziger Passagier.
Diese Mission verträgt keine Zeugen.
Der Hubschrauber setzt auf.
Er geht zu dem unterwegs georderten Mietwagen und bilanziert. Die Soll-Spalte kann man zum Buch binden, ans Haben muss man mit der Lupe ran. Der Anschlag gescheitert. David tot. Benjamin, Absalon und ein Dutzend Männer verhaftet, auch wenn bald alle wieder auf freiem Fuß sein dürften, da sich keinem das Geringste beweisen lässt, falsch, ließe ! – hätte Benjamin seine Gefangenen nicht in einem unverständlichen Anfall von Sentimentalität laufen lassen.
Jetzt können die zwei den halben Untergrund identifizieren.
Einen ganzen Keller voll.
Er nimmt den Zubringer zur Innenstadt. Über dem Golf von Akaba steht ein Perlmuttmond und setzt den Wellen Lichtspitzen auf. Eine dieser prachtvollen Eilat-Nächte, deretwegen die Hotels auch um diese Jahreszeit gut besucht sind.
Haben wir überreagiert?
Als Hagen in die Offensive ging, verloren wir stetig an Boden, aber wir mussten alles daransetzen, ihn vor Ben-Tov in die Hände zu bekommen! Man stelle sich vor: ein Coup, gegen den die Geschichte des politischen Mordes verblasst. Es so aussehen zu lassen, dass kein Mensch überhaupt je auf die
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