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Breathe - Flucht nach Sequoia: Roman (German Edition)

Breathe - Flucht nach Sequoia: Roman (German Edition)

Titel: Breathe - Flucht nach Sequoia: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Crossan
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Bedeutung, wie so viele vor und nach ihnen.
    Quinn ruft nach mir. Konzentrier dich, Bea!
    Ich schnappe mir einen schimmligen, demolierten Sitz und schleife ihn aus dem Zug.
    Gewaltsam stopfe ich ihn in den Schacht, wo er dumpf aufschlägt. Quinn dreht ihn auf die Seite und verwendet ihn als Trittbrett. Nach zwei Anläufen bringt er Kinn und Ellbogen über den Rand, um endlich rauszurobben. Keuchend liegt er am Boden. »Höchste Zeit für Liegestütze«, meint er und ich muss trotz allem lächeln.
    Doch neben uns ist Jazz’ Wimmern in ein Schluchzen übergegangen.
    Ihre Cordhose ist über dem Knie aufgerissen. »Du musst leise sein, Jazz«, flehe ich. Wir haben einfach keinen Schimmer, wer oder was sich hier im Dunkeln verbirgt. Möglich, dass es hier vor Ausgestoßenen nur so wimmelt. Vielleicht sucht mich auch schon die Armee.
    Ich ziehe Jazz’ Hose zur Seite und wende mich dann hastig ab, um meinen Mageninhalt unten zu behalten. Das ist nicht einfach nur Blut, das ist ein tiefer, schartiger Schnitt, den ganzen Unterschenkel hoch. Sogar ein Stück Knochen schaut raus.
    Plötzlich steht Quinn neben mir und starrt entsetzt auf die Wunde. Ich wickle mir meinen Schal ab und binde ihn eng um Jazz’ Bein. Sie beißt sich in die Faust. »Das tut weh… so schrecklich weh.«
    »Was sollen wir jetzt machen?«, frage ich.
    »Wir bringen sie in den Bahnhof und dann…« Der Rest bleibt in der Luft hängen. »Schaffst du’s, sie zu tragen?«
    »Muss ich wohl.«
    »Nicht anhalten, auch wenn sie schreit«, sagt er.
    »Ich schreie nicht«, erklärt Jazz unter Tränen. Doch sie schreit. Und schreit und schreit und schreit und schreit.
    Bis wir Jazz schließlich durch den pechschwarzen Tunnel in den Bahnhof St. Pancras geschleppt haben, ist sie bewusstlos. Ich halte mich selbst kaum noch auf den Beinen. Bei so einer Beanspruchung reicht unser Sauerstoff niemals bis nach Sequoia.
    Wir legen Jazz unter einer Marmoruhr ab und kauern uns neben sie. Sie rührt sich nicht. Ich schiebe meine Hand unter ihre Jacke und beruhige mich etwas, als ich ihren Herzschlag spüre.
    »Das ist übel«, sagt Quinn. Ich kriege vor Schnaufen kein Wort raus und komme erst langsam wieder zu Atem, den Blick auf die Glaskuppeldecke des Bahnhofs gerichtet. Der Nachthimmel hängt voller Sterne. Wunderschön sieht das aus
    Quinn lehnt sich zu mir rüber. »Wir werden das schaffen, hörst du?«, sagt er. Er versucht, gute Stimmung zu machen, aber was bleibt uns jetzt noch für ein Ausweg? Jazz’ Bein wird sich entzünden. Und dann? Lassen wir sie hier verfaulen und ziehen einfach weiter?
    »Erst stirbt sie und dann sterben wir«, sage ich.
    Er schüttelt mich. »Was redest du für einen Quatsch zusammen?«
    Ich schubse ihn fort. »Falls es dir bisher entgangen sein sollte, Quinn, wir alle müssen sterben.«
    »Wir leben.« Er schiebt erst seine, dann meine Atemmaske beiseite, um mir rasch einen Kuss auf den Mund zu drücken. Vor ein paar Wochen noch habe ich mir nichts sehnlicher gewünscht als die Gewissheit, von Quinn geliebt zu werden. Unser erster Kuss war wie ein Lebenselixier – aber heute geben mir seine Lippen nichts. »Du musst stark sein«, ermahnt er mich und schiebt die Masken wieder zurück.
    Und recht hat er. Mom und Dad würden nicht wollen, dass wir uns hängen lassen. Sie würden wollen, dass ich kämpfe, genau wie sie es am Schluss getan haben. Und wenn wir dabei draufgehen.

OSCAR
    Seit zwei Tagen bin ich Gefangener in meinem eigenen Haus und so langsam platzt mir der Kragen. Nach unserer Rückkehr von der Schlacht um den Hain hat Jude Caffrey mich einfach in einen Geländewagen voller bewaffneter Soldaten gepflanzt und nach Hause geschickt, anstatt mich beim Eindämmen des Aufstands helfen zu lassen. Er meinte, das sei nur zu meiner eigenen Sicherheit, aber wovor er mich genau schützen will, hat er nicht verraten. Und ich wage schwer zu bezweifeln, dass auch nur eine dieser »Leibwachen« meine Angreifer besser abwehren könnte als ich.
    Wenn meine Schwester nicht wäre, hätte ich mich schon längst verpisst. Aber ich will sie nicht alleine lassen. Bei meiner Rückkehr war Niamh jenseits von Gut und Böse. Sie und dieser Todd Soundso waren gerade in ihrem Zimmer gewesen, als die Soldaten hineinmarschiert kamen. Im Polizeigriff wurden sie in den Keller abgeführt und mussten dort warten, bis ich zurückkam. Kaum stand ich in der Tür, wurde ich mit Fragen überhäuft – Wo hatte ich gesteckt? Was war passiert? Wannkönnten wir wieder

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