Breathe - Flucht nach Sequoia: Roman (German Edition)
raus? Aber ich durfte ihr nichts erzählen. Der Einsatz am Hain war streng geheim. Und selbst wenn ich ihr hätte antworten dürfen, ich hätte es nicht gewollt. Stattdessen verzog ich mich sofort in mein Zimmer, riss mir die Uniform und die dreckigen Stiefel vom Leib und pfefferte sie gegen die Wand. Kampf gegen Terroristen, hatte es geheißen. Also, das war ja wohl die größte Scheiße, die ich jemals gehört hatte.
Weder meines noch Niamhs Pad haben seitdem ein Lebenszeichen von sich gegeben. Nichts als Schneegestöber auf dem Monitor. Ab und zu knallt draußen ein Schuss oder irgendeine Stimme ertönt durchs Megafon. Und seltsamerweise scheint keiner zu wissen, wo mein Vater steckt. Nicht, dass ich sein größter Fan wäre, aber so langsam wird’s unheimlich.
»Sind Sie verheiratet?«, fragt Niamh unseren aktuellen Leibwächter, der uns gerade vor den Gefahren unserer eigenen Küche bewahren darf. Sie wickelt sich eine Haarsträhne um den Finger, bis die Spitze ganz blau ist. Todd ist auf Tauchstation.
»Spar’s dir, Niamh«, sage ich. Der Typ muss an die vierzig sein und Niamh flirtet aus purer Langeweile.
»Das nennt man höfliche Konversation, Oscar. Könntest du auch mal versuchen.« Sie klettert auf einen Barhocker und lehnt sich auf den Marmortresen, das Gesicht in die Hände gestützt.
Ich gehe zum Fenster. Die Wachen ums Haus sehen aus wie ein menschlicher Zaun vor einer völlig verwaisten Straße. »Wie lang soll das noch gehen?«, frage ich.
»Bitte treten Sie vom Fenster zurück«, mahnt der Soldat. Er ist kleiner als ich, ein totaler Hänfling. Aber ich gehorche und hole eine Karaffe mit Saft und ein paar Erdbeeren aus dem Kühlschrank.
»Möchten Sie auch was?« Normalerweise würde sich unsere Haushälterin Wendy um die Gäste kümmern, aber seitdem sie in ihr Nebengebäude verbannt worden ist, müssen sich Niamh und ich zum ersten Mal in unserem Leben selbst um unsere Versorgung kümmern.
»Nein«, wehrt der Soldat kurz ab und reckt den Kopf ruckartig Richtung Flur. »Warten Sie hier«, flüstert er, zum zwanzigsten Mal am heutigen Tag. Dann schlüpft er aus der Küche und außer Sichtweite. Ich schenke mir ein Glas Saft ein.
»Dieser Abschaum bringt echt nichts als Ärger. Ich hoffe, Daddy macht sie fertig«, sagt Niamh und verstummt eine Weile. »Glaubst du, Daddy geht’s gut?« Sie streckt einen Arm aus, um ihre glänzenden Fingernägel zu bewundern. Auch sie spielt die Sorglose.
»Der weiß sich schon zu wehren«, entgegne ich. Wer sollte es wagen, sich mit meinem Vater anzulegen? Aber komisch ist es schon, dass er sich so gar nicht meldet, obwohl wir hier eingeschlossen sind.
Niamh zieht ihr Pad aus einer Küchenschublade. »Warum funktioniert das Teil nicht?« Sie knallt es auf die Marmorplatte. »Teufel noch mal.«
Der Wachmann kommt wieder in die Küche, gefolgt von Jude Caffrey, der seine Atemmaske auszieht, die Flasche aus seinen Gürtelschlaufen hakt und alles zu Boden wirft. Der Soldat wendet sich schnell ab und kehrt unsden Rücken zu. »Oscar. Niamh«, grüßt Jude. Er trägt immer noch die gleichen versifften Klamotten vom letzten Mal und seine Knöchel sind wund. Einen Rasierer hat er auch lange nicht mehr in der Hand gehabt.
»Was wollen Sie denn hier?«, motzt Niamh.
»Setz dich!« Ich tippe auf einen Hocker.
Als er weiter in die Küche kommt, erspähe ich Todd hinter ihm. Mit seinem T-Shirt in der Hand lungert er im Türbogen rum. Sein Oberkörper ist nackt, die Haare stehen ihm zu Berge, als hätte er gerade einen Ringkampf hinter sich. »Ist es vorbei?«, fragt er.
»Die Kuppel ist mit Halothangas vollgepumpt worden«, sagt Jude und setzt sich auf den Hocker. Er spricht nur mit mir, als sei Todd gar nicht da. Todd wirkt verunsichert und tritt zögerlich in die Küche. Er wartet auf ein Wort des Grußes. Oder zumindest auf eine Geste, dass man ihn wahrgenommen hat.
»Und was bedeutet das?«, frage ich.
»Wenn du ohne Sauerstoffflasche rausgehst, kippst du um«, sagt Jude nüchtern. Das war nicht meine Frage, ich bin ja nicht bescheuert und das weiß er genau.
Mein Mund ist völlig ausgedörrt. »Jude, ist das ein Putschversuch?«, hake ich nach. »Wo ist mein Vater?«
»Hast du’s denn nicht in den Nachrichten gesehen? Die Pressekonferenz?«
»An unseren Bildschirmen ist was verstellt«, zischt Niamh. Nur Cain Knaverys Tochter würde es sich erlauben, in diesem Ton mit dem Heerführer unserer Kuppel zu sprechen.
Der hebt nur eine Augenbraue. »Du da,
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