Breathe - Flucht nach Sequoia: Roman (German Edition)
verzieh dich«,befiehlt er Todd, der endlich den Weg in sein T-Shirt gefunden hat.
»Also, dann hol ich mir mal eine Sauerstoffflasche aus dem Keller, was?«, sagt Todd. Keiner reagiert, noch nicht mal Niamh.
Jude schließt die Augen und massiert sich die Lider. »Geh deinem Freund ein bisschen zur Hand, Niamh.«
»Wie bitte?« Ihr klappt die Kinnlade runter und sie braucht ein paar Augenblicke, um auf zutiefst gekränkt umzuschalten. »Sie sind hier Gast in meinem Haus.«
»Bitte, Niamh. Lass mich mit Jude reden.« Ich neige den Kopf zur Seite und sie stürmt aus dem Raum, Todd hinterher.
Jude steht auf, schiebt sich die Hände in die Taschen und wiegt sich in seinen Matschstiefeln langsam im Kreis. Der helle Marmorboden ist schon völlig versaut von dem Dreck, den er uns ins Haus geschleppt hat. »Eure Sicherheit hat oberste Priorität. Für die nächsten Tage haben wir Scharfschützen auf eurem Dach postiert und ich rate euch dringendst, im Haus zu bleiben«, sagt Jude. Trotz seiner Größe und den breiten Schultern wirkt er ungewohnt müde und niedergedrückt.
»Meinst du wirklich, ich brauch einen Babysitter?«
»Ich bezweifle nicht, dass du auf dich achtgeben kannst. Reine Vorsichtsmaßnahme, nichts weiter.«
Seit meinem vierzehnten Lebensjahr bin ich unter Jude Caffrey bei den Spezialeinsatzkräften und er weiß, dass ich einen Angreifer mit zwei Fingern ausschalten könnte. Und es schon getan habe – vor kaum zwei Tagen im Hain.
Jude geht zur Spüle, dreht den Hahn auf und hält seinen Hals unter den Wasserstrahl. Kopfschüttelnd richtet er sich auf, lässt sich das Wasser in den Kragen rinnen.
Mit nassen Händen schiebt er sich das schütter werdende Haar aus dem Gesicht und verschränkt die Arme hinter dem Rücken. Er will Zeit schinden, merke ich, und in meinem Bauch beginnt es zu rumoren. Womit will er nicht rausrücken?
»In der Kuppel ist die Hölle los. Ein Aufstand der Ausgestoßenen, wie du weißt«, erklärt er.
»Mit gutem Grund«, fahre ich ihn an. Ich habe die Motive des Ministeriums bisher nie hinterfragt, aber jetzt habe ich sie gesehen, die Bäume im Hain, und sie zerstört, auf Befehl von Jude.
Er scheint etwas entgegnen zu wollen, hält sich jedoch zurück. Ich hole kurz Luft. »Wo ist mein Vater?«
Er zwickt sich in die Nasenwurzel und seine offensichtliche Nervosität lässt mich gegen die Wand zurücksinken. »Dein Vater ist tot, Oscar«, sagt er.
Bei den Worten zucke ich zusammen. »Was?« Nicht, dass ich nicht verstanden hätte, ich brauche nur etwas Zeit zum Verarbeiten, das ist alles.
»Es tut mir leid«, sagt er.
»Schon klar.« Ich bleibe in der Senkrechten, immerhin ein Fortschritt zu damals bei Wendys Verkündigung, dass meine Mutter nicht mehr sei. Damals lag ich wimmernd am Boden. Heute bewahre ich Haltung. Und meine Fassung.
Aber verdammt durstig bin ich. Mein Mund ist trockener denn je. Ich kehre zum Kühlschrank zurück, holedie Karaffe heraus und setze sie direkt an, schütte mir Saft über den Mund und das ganze Hemd. Jude nimmt mir die Karaffe ab. An seiner Jacke fehlt ein Knopf. An der Stelle baumelt nur ein loser Faden. Ich konzentriere mich voll darauf. Auf irgendwas muss ich mich konzentrieren. Vielleicht ist ihm der Knopf im Hain abgerupft worden.
»Du stehst unter Schock. Setz dich hin«, befiehlt er. Dürfte stimmen. Und wenn ich schon so reagiere, wie wird Niamh es erst aufnehmen?
Sie hat nicht den leisesten Schimmer und ich bin derjenige, der es ihr beibringen muss. Irgendwie ist die Luft dünner geworden. Ich zerre an meinem Kragen.
Jude führt mich zum Esstisch und drückt mich auf einen Stuhl. »Ganz langsam atmen«, sagt er. Ich schiebe ihn weg. Diese Hände will ich nicht auf mir haben.
»War mir klar, dass so was passiert sein muss.« Ich hole ganz tief Luft, die Worte tot und auf ewig kreiseln mir im Kopf herum. Weder war ich Vaters Liebling noch sein Freund, aber das hier geht gar nicht.
»Bei der Pressekonferenz hat Quinn… da wurde dein Vater angepöbelt und auch angegriffen, aber gestorben ist er an einem Herzinfarkt. Bis die Rettungswagen da waren, war es schon zu spät.«
»Was soll ich jetzt machen?«, frage ich. Er muss mir dringend verraten, wie mein Leben weitergehen soll – was als Nächstes kommen wird.
Aber Jude ist Militär, er glaubt, mir geht es um die Ergreifung der Täter.
»Na ja, wie du weißt, sind wir den Rebellen innerhalbwie außerhalb der Kuppel auf den Fersen. Wir haben sie fast völlig in die Enge
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