Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition)
vergiss nicht: Er ist ein Premium. Premiums geschieht nichts. Obendrein arbeitet sein Vater bei BREATHE. Einem wie Quinn etwas anzutun, ist einfach zu riskant.«
»Aber er ist gerannt. Das haben wir doch selbst gesehen. Und dann haben sie das Feuer eröffnet. Warum lügst du mich an?«
»Ach was, Quinn ist schnell. Er hat wahrscheinlich schon den halben Weg zum Rebellenhain hinter sich gebracht.«
»Aber er kennt den Weg doch gar nicht. Wie sollte er denn dorthin finden?«
»Er wird schon hinfinden. Er macht sich bestimmt wahnsinnige Sorgen um dich und wird deshalb alles dransetzen, um dorthin zu gelangen.«
»Nein. Wird er nicht. Und außerdem will er etwas von dir , nicht von mir . Er wird sich Sorgen um dich machen.Er ist doch völlig verrückt nach dir. Aber das hast du sicher selbst schon gemerkt, oder?« Bea blickt mich prüfend an, und ich sehe, wie sehr sie sich wünscht, dass ich ihr widerspreche. Dass ich sage: Nein, Quatsch, ich habe überhaupt nichts gemerkt. Und wieso sollte er in mich vernarrt sein, so ein Blödsinn.
»Er kennt mich doch überhaupt nicht, Bea«, sage ich stattdessen. Was ja auch stimmt. Ein Bild von Abel schießt mir durch den Kopf: seine breiten Schultern, seine zu einem Lächeln gekräuselten Lippen, wenn er mich geneckt hat. Wenn Quinn noch lebt, werde ich ihm sagen, dass er sofort aufhören soll, mich anzuglotzen. Ich will nicht, dass mich ein Typ je wieder so anschaut.
»Hier werden wir jedenfalls nicht durchkommen«, wiederhole ich und deute auf den Trümmerhaufen.
Wenn Quinn vom Pinkeln zurückgekommen wäre, hätte ich so getan, als würde ich ebenfalls kurz verschwinden – nur dass ich nicht pinkeln, sondern mich endgültig aus dem Staub machen wollte. Und selbst als der Panzer uns unter Beschuss nahm, habe ich noch überlegt, in die entgegengesetzte Richtung abzuhauen als Bea und Maude. Das wäre mir lieber gewesen, als Petra zu erklären, warum ich völlig unangekündigt Fremde mit anschleppe. Aber es hat nicht geklappt, weil Maude bei mir im Schlepptau hing. Und jetzt sieht es so aus, als hätte ich sie alle beide dauerhaft am Hals.
»Es ist zwecklos, hierzubleiben«, wiederhole ich.
Da hebt Bea einen losen Stein vom Boden auf und wirft ihn von einer Hand in die andere, immer hin undher. Und dann plötzlich knallt sie ihn mit voller Wucht gegen einen alten Fahrkartenautomaten.
»Wenn Quinn es nicht überlebt, dann bist du Schuld«, sagt sie.
Und ob es mir gefällt oder nicht, ich muss es akzeptieren: Jetzt habe ich auch noch Quinn Caffreys Blut an meinen Händen.
QUINN
Ich brauche eine ganze Weile, bis ich wieder zu mir komme. Dann aber weiß ich schlagartig, dass ich unter einem Ziegelhaufen begraben bin. Mein Mund ist voller Dreck und Staub. Irgendwie muss das Zeug durch meine Atemmaske eingedrungen sein. Ich hab einen solchen Durst, dass ich alles trinken würde, solange es nur flüssig ist.
Zum Glück kann ich atmen. Meine Sauerstoffflasche ist bei all den Explosionen also nicht geplatzt. Aber sehen kann ich nichts. Ich blinzele. Nichts passiert. Um mich herum bleibt es zappenduster.
Irgendwie schaffe ich es, die Geröllschicht unmittelbar vor meinem Gesicht beiseitezuschieben und mich millimeterweise zu drehen und zu winden, obwohl mir jedes einzelne Körperteil rasend wehtut. Und tatsächlich vergrößert sich der Hohlraum ein wenig, in dem ich eingeschlossen bin. Allerdings fühlt es sich so an, als würde über mir eine riesige Betonplatte liegen. Ich drehe mich wieder auf den Rücken und versuche, die Platte mit den Füßen hochzustemmen. Doch sie bewegt sichnicht einen Zentimeter. Zwar hat sie mich davor bewahrt, komplett verschüttet zu werden, doch jetzt hält sie mich gefangen. Und weil es so dunkel ist, weiß ich nicht mal, wie tief unter den Trümmern ich liege.
Ich drehe und winde meine Beine noch einmal, um sicherzugehen, dass ich sie überhaupt noch spüre. Obwohl: Es kann natürlich sein, dass sie gar nicht mehr da sind. Im Film hab ich so was mal gesehen: Soldaten, die im Krieg ihre Beine verloren hatten und vor lauter Schmerzen nicht einmal merkten, dass sie verstümmelt worden waren. Stattdessen fingen sie an, über ihre Frauen und so was zu reden. Je ruhiger und entspannter sie waren, desto wahrscheinlicher war es absurderweise, dass sie ihre Beine, ihren Kopf oder irgendein anderes Körperteil verloren hatten. Oder tot waren.
Vielleicht bin ich selbst ja auch tot. Ich hab bislang kaum über den Tod nachgedacht, aber wenn ich ihn
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