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Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition)

Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition)

Titel: Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Crossan
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du wirst sehen«, versichert sie mir nach einer Weile, und obwohl ich ihr gar nicht widerspreche, bekräftigt sie noch einmal: »Ihm geht’s ganz sicher gut.«
    Die arme Maude ist felsenfest davon überzeugt, dassdie Geister der Toten in den Tunneln weiterleben. Sie fühlt sie sogar vorbeihuschen.
    »Geschieht dir recht«, blafft Alina. »Hättest sie halt nicht umbringen sollen.«
    Mühsam kämpft sich Maude die Gleise entlang, denen wir durch die nasskalten unterirdischen Röhren folgen. In dem braunen Wasser, durch das wir waten, treiben immer wieder Knochen. Teilweise ist die Brühe knöcheltief, sodass wir trotz unserer Stiefel schon nach kurzer Zeit eiskalte Füße haben.
    Maude hat offenbar das dringende Bedürfnis, uns von den Leuten zu erzählen, die sie »befreit« hat.
    »Ich muss etwas gestehen«, bittet sie, aber Alina lässt sie nicht zum Zuge kommen.
    »Hey, Alte, spar die deine Luft zum Atmen. Niemand will deine Geschichten hören.«
    Alina hat recht. Auch ich habe keine Lust, etwas über die Menschen zu erfahren, die freiwillig in den Tod gegangen sind. Ich will nichts wissen von ihrer Verzweiflung. Ich brauche Hoffnung. Was haben wir denn sonst, außer Hoffnung?
    Endlich erreichen wir die nächste Station.
    »Wo sind wir?«, fragt Maude.
    Ich lasse den Lichtkegel der Taschenlampe schweifen, um mir ein Bild von der Umgebung zu machen. Die Wände sind grau, aber an einer Stelle kann man noch ansatzweise Buchstaben in einem großen roten Kreis erkennen. »Tottinghan ale?«
    Maude betrachtet die kaputte Beschilderung und stöhnt auf. Wahrscheinlich auch eine Todesstation. Alinaist inzwischen weit vor uns. Sie läuft immer noch die Schienen entlang und hat schon fast den Tunneleingang am anderen Ende der Station erreicht.
    »Alina!«, rufe ich. Sie dreht sich um und schüttelt den Kopf. »Alina, lass uns raufgehen!«
    Wir sind ewig durch den Tunnel gelaufen, da kann man sich ausrechnen, wie lange wir oberirdisch für den Rückweg zu Quinn brauchen. Alina klettert auf den Bahnsteig und verschwindet in einem überwölbten Gang. Ich hieve Maude ebenfalls hoch und steige hinterher. Wir setzen uns auf eine Bank, die an der Wand festgeschraubt ist, und Maude öffnet ihre vergammelten, nassen Stiefel.
    Schließlich taucht Alina wieder auf. Wie in Zeitlupe kommt sie auf uns zu und lehnt sich dann neben der Bank an die Wand.
    »Alina?«
    »Tut mir leid, Bea, tut mir echt leid. Ich hab wirklich nicht mehr dran gedacht«, sagt sie schließlich.
    »Woran? Was ist?« Ich stoße sie mit der Taschenlampe an. »Hör mal, wenn du nicht mit mir mitgehen willst, dann ist das okay, verstehe ich. Dann gehe ich eben alleine«, sage ich, hoffe aber inständig, dass sie mich nicht alleine gehen lässt.
    »Das ist es nicht. Schau dich mal um.«
    Erneut leuchte ich mit der Taschenlampe über die Wände.
    »Siehst du nichts?«
    »Was?«
    »Feuer«, krächzt Maude. Ich betrachte die Wände genauer.Sie sind von einer dicken schwarzen Rußschicht bedeckt.
    »Die Aufgänge und Rolltreppen sind weg. Zerstört. Es gibt keinen Weg nach oben«, erklärt Alina.
    »Aber an der nächsten Station können wir doch hoch«, sage ich.
    Doch Alina weicht meinem Blick aus.
    »Was?«, frage ich.
    Sie nimmt mir die Taschenlampe aus der Hand und richtet sie auf die Anzeige meiner Sauerstoffflasche. Dann leuchtet sie ihre eigene Flasche an.
    »Es würde Stunden dauern, zu Quinn zurückzulaufen. Und dann müssten wir ihn ja auch noch finden. Dazu bräuchten wir neuen Sauerstoff. Anders schaffen wir’s nicht.«
    »Quatsch, wir haben genug«, widerspreche ich. »Wir könnten doch einfach schneller laufen. Wir könnten rennen.« Aber ich weiß, dass das eine unsinnige Idee ist, weil wir dann nämlich nur noch mehr Sauerstoff verbrauchen würden. Alina fasst mich am Arm und wir gehen ein Stück den Bahnsteig entlang, weg von Maude.
    »Es gäbe eine Möglichkeit, wie wir’s schaffen könnten«, flüstert sie. »Mit einer zusätzlichen Sauerstoffflasche bliebe uns vielleicht genug Zeit, um nach Quinn zu suchen.«
    Als ich mich umdrehe und zu Maude blicke, kippt sie gerade das Wasser aus ihren Stiefeln.
    »Entweder sie oder Quinn. Es ist deine Entscheidung, Bea.«
    Ich bin so gelähmt vor Entsetzen, dass ich kein Wort herausbringe.
    Jetzt schaut Maude zu uns. »Ich hab Hunger«, sagt sie.
    Ich gehe zurück und krame in meinen Rucksack. »Hier, nimm den Proteinriegel.«
    Sie grapscht ihn sich, reißt ihn auf und stopft sich den halben Riegel auf einmal in

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