Brechreizend - Die fiesesten Reiseziele der Welt
und dann noch einmal in 2003, als die freiwilligen Sanitäter sich in Algerien um Erdbebenopfer kümmerten – rollten die Organisatoren einfach nur symbolisch einen Laib Käse den Hügel hinunter, als Zeichen dafür, dass die Tradition ungebrochen blieb. Schön wäre es, wenn dies auch für die Knochen der Teilnehmer gelten könnte.
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Michael und Isaac Pollan
Die schlechtesten Essen Barcelonas
Das beste Essen Barcelonas zu küren, wäre sicherlich eine schwierige Aufgabe, denn die Stadt ist bekannt für ihre ausgezeichnete katalanische Küche. Auf unserer letzten Reise jedoch waren wir uns einig, das miserabelste Gericht gefunden zu haben: eine tiefgefrorene, in der Mikrowelle erwärmbare Paella – nebenbei bemerkt bei Spaniern ein beliebter Fernsehsnack –, wie man sie häufig in preisgünstigen Lokalen im Dunstkreis sehenswerter Touristenattraktionen serviert bekommt. Eine echte Paella ist eine Delikatesse, ein nach Safran duftendes Festmahl aus Fleisch, Gemüse oder Meeresfrüchten, das zusammen mit Reis in einer zweigriffigen Pfanne gegart wird, bis sich schließlich auf dem Boden der Pfanne eine köstliche Kruste gebildet hat. Aber eine Paellapfanne passt nun einmal nicht in einen Mikrowellenherd.
Die Erfahrung ereilte uns an einem heißen Nachmittag nach dem Besuch von Gaudís seltsam wundervollem Garten, dem Park Güell. Wir verließen die Anlage ausgehungert um vier Uhr nachmittags und konnten kein Restaurant finden, das gewillt war, uns ein spätes Mittagessen zu servieren. Das Küchenpersonal machte Pause.Nicht so die Mikrowelle eines Lokals in der Nähe des Andenkenladens, dessen Karte die unterschiedlichsten spanischen Nationalgerichte anpries – Tapas, Raciones und eben auch jene verhängnisvolle Paella. Ich bestellte, und irgendjemand außerhalb meines Gesichtsfeldes schob das Ding in die Mikrowelle. Nur wenige Minuten später wurde das Gericht serviert.
Warum ich es bestellt habe? Wahrscheinlich aus dem Wunsch heraus, ein spanisches Gericht zu essen. Doch in der Substanz, die auf einem Teller dampfend vor mir stand, war nichts Einheimisches zu finden. Sie bestand aus einem soliden Klotz aus pappigem Reis, hier und da gespickt mit einem einsamen Wurstende oder einer an Weltschmerz verendeten Krabbe.
Ich hätte doch besser den Hot Dog nehmen sollen.
Michael Pollan ist der Autor des Buches Das Omnivoren-Dilemma: Wie sich die Industrie der Lebensmittel bemächtigte und warum Essen so kompliziert wurde .
Vor unserer Reise nach Barcelona hatten berühmte Feinschmecker meine Eltern und mich mit langen Listen über Lokale, in die wir in der Hauptstadt der Tapas einkehren sollten, ausgestattet. Leider nutzten uns diese Listen absolut nichts, als uns alle drei auf unserem Weg vom Park Güell zur U-Bahn-Station ein nagendes Hungergefühl überfiel. Natürlich wusste ich, was das bedeutete. Wir befanden uns weitab jeglicher kulinarischer Oase und würden uns in ein Restaurant wagen müssen, das in keinem unserer Reiseführer Erwähnung fand. Hier gab es keine Empfehlung von Alice Waters, die genüsslich zu einfachen, aber köstlichen Tomatenbroten oder zu Serrano-Schinken riet, oder von Dan Barber, der gebratene Artischocken mit Limonenaïoli anpries. Noch nicht einmal der Vorschlag meiner Großmutter, einmal Pimientos de Padrón zu versuchen, zählte hier. Wir waren ganz auf uns allein gestellt.
Das Lokal, in dem wir landeten, war so nichtssagend, dass es nicht einmal einen Namen besaß. Trotzdem blieb uns keine andere Wahl, denn alle übrigen Restaurants hielten Siesta und waren geschlossen. Nicht jedoch dieses anonyme Loch. Als wir auf der an das Schaufenster gehefteten Speisekarte Paella entdeckten, gingen wir hinein.
Drinnen wurden wir sofort begrüßt und an einen Tisch gebracht, der so passgenau in eine Ecke gepresst war, dass er mich an einen Spielstein beim Tetris erinnerte. Ich setzte mich. Sofort fielen mir drei Dinge auf. Erstens: Das Tischgeschirr und die Stühle waren aus Plastik. Zweitens: Im Restaurant saß kein einziger Spanier, und drittens: die Toiletten! Oje, die Toiletten! Sie waren nicht etwa diskret im hinteren Teil des Lokals oder im Flur untergebracht, sondern lagen, unserem Tisch schräg gegenüber, mitten im Speisesaal. Das Örtchen aus drei dünnen Wänden besaß etwa die Größe einer Toilettenkabine auf dem Flughafen und war weder schall- noch geruchsdicht.
Trotz dieser Beobachtungen erschienen uns die Gerichte auf der Karte alles andere als ekelerregend. Meine
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