Brechreizend - Die fiesesten Reiseziele der Welt
eine Art kapitalistischer »Ihr könnt uns mal«-Aktion zur Touristenattraktion um.
Ein Besuch ist insbesondere für Leute, die unter Klaustrophobie leiden, oder für Menschen mit Panikattacken und jenen, die Angst davor haben, lebendig begraben zu werden, wenig empfehlenswert. Die Teilnehmer werden zunächst auf einen Bahnsteig geführt, wo sie ihre persönliche Habe in eine winzige Box stopfen müssen. Anschließend händigt man ihnen einen Helm aus und scheucht sie in eine enge Lore. An dieser Stelle müssten ihnen eigentlich die ersten Fragen kommen, wie zum Beispiel: »Warum fahren wir mit dem Zug?« Oder, noch wichtiger: »Wohin fahren wir?« Die meisten Touristen allerdings ergeben sich vertrauensvoll in ihr Schicksal, weil der Zug an die Bahn in Disneyland erinnert, und denken gar nicht erst über unangenehme Fragen nach.
Der von Klaustrophobie geplagte Besucher wird entsetzt feststellen, dass der Zug etwa achtzig Meter durch einen engen, in soliden Granit gehauenen, unterirdischen Tunnel rast. Sobald die Waggons das Tempo drosseln, wundern Sie sich vielleicht über kichernde Mitreisende, denen nicht klar zu sein scheint, dass es in dieser engen Höhle weder Notausgänge noch Notäxte gibt. Einige bange Minuten später erreichen Sie die tiefste Stelle. Sie dürfen für eine Weile aussteigen und zur eigentlichen Attraktion des Tunnels gehen: der Barrikade zwischen Nord- und Südkorea. (Auch wenn Sie mich für einen Spielverderber halten: Das Ding sieht aus wie eine Mauer.) Das Gute an dem Tunnel ist, dass er mit seinen zwei mal zwei Metern Durchmessern nicht ganz so beengend wirkt wie die Zugfahrt, doch der vergleichsweise große Bewegungsradius lohnt nicht die Panikattacke, von der man auf dem Weg dorthin überwältigt wird.
20. Ein Bus in Samoa zur Hauptverkehrszeit
I hre Meinung über eine Busfahrt in Samoa steht und fällt mit einer wichtigen Variablen: Haben Sie gern engen Kontakt zu Fremden, oder lieber nicht? Wenn ich von engem Kontakt spreche, meine ich nicht etwa, dass Ihr Gesicht in die Achselhöhle eines Mitfahrers gedrückt wird. Ich spreche davon, dass Sie auf seinem Schoß sitzen.
In Samoa sind die Busse klein, haben nur wenige Sitz- und eigentlich keine Stehplätze. Den Busfahrern bleiben somit nur zwei Möglichkeiten: Entweder lassen sie die Leute auf der Straße stehen oder sie vertrauen darauf, dass jeder schon irgendwie einen Sitzplatz finden wird. Die Etikette verlangt nach der zweiten Option. Wenn der Bus also anhält – was überall erfolgen kann, denn in Samoa gibt es nur wenige planmäßige Haltestellen –, rücken die Passagiere schweigend zusammen, bis für den Neuankömmling ein Plätzchen auf jemandes Schoß frei wird. Auf wessen Schoß Sie landen, hängt von Ihrem Status in der sozialen Hierarchie ab: Ältere Herrschaften dürfen vorn sitzen, dahinter sitzen Frauen mit Kindern, hinter denen wiederum Frauen ohne Kind und ganz hinten sitzen die Männer.
Wenn Ihre Privatsphäre nicht allzu raumgreifend ist, kann das Auf-dem-Schoß-Sitzen durchaus Spaß machen, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass Ihr Untersitzer das Rumpeln durch die Schlaglöcher wunderbar abfedert. Trotzdem solltenSie aufpassen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation sind über fünfundsiebzig Prozent der Samoaner fettleibig. Wenn Sie also unten statt oben sitzen, könnte der Bustransfer recht schmerzhaft ausfallen.
Und noch etwas: Nach Jahren des Rechtsfahrens wurde auf Samoa vor einiger Zeit der Linksverkehr eingeführt. Der Wechsel sorgte nicht nur für eine sprunghafte Zunahme von Frontalzusammenstößen, er bedingt auch die Tatsache, dass sich viele Bustüren zur Seite des Gegenverkehrs öffnen.
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Mary Roach
Das Tupperware-Museum
Amerika hat eine bemerkenswerte Vorliebe für sehr spezifische, unnötige Artikel zur Aufbewahrung von Lebensmitteln. Diese Begeisterung wurde fast im Alleingang von Earl Tupper entfacht, dessen Firmenimperium in Orlando uns im Lauf der Jahre nicht nur mit einer für Rechts- und Linkshänder geeigneten Knoblauchpresse, sondern auch mit einer Teigfalle und einer Bananendose beglückt hat. Vor einiger Zeit habe ich einen Artikel über Tupperware geschrieben, teils, weil ich von Mr. Tupper und seiner Ware wirklich fasziniert bin, teils, weil ich mir – für mich selbst unbegreiflich – schon immer gewünscht hatte, wenigstens einmal im Leben das Tupperware-Museum für historische Lebensmittelbehältnisse zu besuchen. Kann es überhaupt etwas Langweiligeres
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