Breeds: Dashs Bestimmung (German Edition)
aussehender Mann, und sie sehnte sich offenbar inzwischen geradezu verzweifelt nach Zuwendung. Nach Hilfe. Sie wollte ihre Tochter in Sicherheit wissen, und dieser Mann wirkte, als wäre es ein Leichtes für ihn, sie beide zu beschützen. Doch Elizabeth wusste inzwischen, dass es niemanden gab, der ihr wirklich Schutz bieten konnte. Das war ihr immer wieder auf unbarmherzige Weise deutlich gemacht worden.
Sie senkte den Kopf und betrachtete erneut Cassie, die lustlos an einer Pommes knabberte. Auch von dem Hamburger hatte sie nur ein paarmal abgebissen, weil Elizabeth sie dazu genötigt hatte.
»Du musst etwas essen, Baby«, flüsterte sie leise und kämpfte gegen die Tränen. »Es ist alles gut. Ich verspreche es dir.«
»Ich bin müde, Mama.« Cassie tunkte die Pommes in den Ketchup, aß sie aber nicht. Sie spielte lediglich damit, und das auch nur halbherzig.
»Iss, Cassie. Und trink deine Milch.« Sie schob das Glas näher zu ihrer Tochter, und es brach ihr fast das Herz, als Cassie den Kopf hob und sie mit trostlosem Blick ansah.
Elizabeth hatte Mühe, einen Wutschrei zu unterdrücken. Kein Kind sollte jemals so etwas durchmachen müssen.
»Dash wird heute Abend kommen, Mama.« Tränen standen in den Augen des kleinen Mädchens, und sie sah sie so traurig an, dass Elizabeth lieber gestorben wäre, als diesen Blick noch länger zu ertragen.
»Baby …« Wie sollte sie es ihr nur sagen? Wie sollte sie erklären, dass Dash Sinclair ja noch nicht einmal wusste, dass sie am Leben waren, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass die Killer ihnen dicht auf den Fersen waren?
Der letzte Angriff war nicht das schlimmste Erlebnis während der Monate ihrer Flucht gewesen, aber eines der härtesten. Die Männer hatten ihnen aufgelauert. Wenn Elizabeth nicht so schnell die Kellertür hinter ihnen abgeschlossen und das Fenster entdeckt hätte, wären sie jetzt tot. Doch so hatte nur eine Kugel ihren Oberschenkel gestreift, und sie hatte sich an der gesplitterten Fensterscheibe die Hüfte aufgeschnitten. Elizabeth war erschöpft und hungrig, aber sie fürchtete, wenn sie heute Abend zu viel Geld fürs Essen ausgab, war später nicht mehr genug da, um wenigstens Cassie zu versorgen.
Elizabeth bemerkte, dass der Mann, der immer noch an der Tür gestanden hatte, sich nun in Bewegung setzte, und sie hob den Kopf. Als er sie mit seinen kühlen goldbraunen Augen musterte, drohte eine Panikattacke sie zu überwältigen. Seine Gesichtszüge waren von edler Wildheit, perfekt geschnitten, wie die eines Kriegers. Oder eines Attentäters? Waren Danes Feinde es inzwischen womöglich leid, selbst die Drecksarbeit zu erledigen?
Während ihr diese Gedanken durch den Kopf schossen, kam er näher. Er ging nicht einfach, er glitt dahin. Das eindrucksvolle Spiel seiner Muskeln war selbst durch sein Hemd hindurch zu erkennen. Und dann griff er langsam hinter sich.
Elizabeth versteifte sich vor Angst, jederzeit bereit, über den Tisch zu springen und Cassie zu schützen, sobald eine Waffe ins Spiel käme. Lieber Gott! Was jetzt? Sie saßen in der Falle. Der Fluchtweg war versperrt, und es gab keine Möglichkeit, sich zu verstecken.
Ein Lächeln spielte um die Mundwinkel des Fremden, als könnte er ihre Gedanken lesen. Aber er zog keine Waffe aus der Tasche, sondern ein verknittertes Stück Papier. Sie starrte es an, während ihr das Herz im Hals schlug und Furcht in ihrem Magen brannte. Doch zugleich spürte sie ein völlig unangebrachtes Ziehen tief zwischen ihren Schenkeln.
Er blieb an ihrem Tisch stehen und sah auf sie herab. Dann glitt sein Blick zu Cassie. Elizabeth schaute ebenfalls zu ihrer Tochter, in ihre großen, runden Augen.
»Cassie«, murmelte er, als er ihr das Blatt Papier reichte. »Ich habe deinen Brief bekommen.«
Als Cassie seinen Namen flüsterte, hatte Elizabeth das Gefühl, die Welt würde stillstehen. »Dash?«
Das ist unmöglich, sagte sie sich. Dieser Mann konnte einfach nicht Dash Sinclair sein. Er konnte sie nicht gefunden haben. Woher sollte er überhaupt wissen, dass sie Hilfe brauchten? Doch wer sonst sollte er sein?
Er wandte sich wieder Elizabeth zu. »Haben Sie gegessen?«
Sie konnte nur den Kopf schütteln. Lieber Gott. Das war unmöglich. Es war ein Trick. Sie nahm den Brief vom Tisch und faltete ihn auseinander.
Es gibt bestimmt noch viele andere kleine Mädchen, die Sie lieb haben. Mama sagt, dass Sie bestimmt verheiratet sind und Kinder haben und uns nicht brauchen. Aber ich brauche Sie, Dash.
Weitere Kostenlose Bücher