Brenda Joyce
näher zu sich. Elysse wischte sich die unaufhörlich
fließenden Tränen ab und wünschte, sie hätte nicht so offen gesprochen. Endlich
sagte Alexi mit fester Stimme: »Der Navigator näherte sich ihr auf
unangemessene Weise. Elysse wurde grob belästigt, aber mehr ist nicht passiert.
Nichts sonst.«
Devlin sah
ihn an und war offensichtlich nicht überzeugt, dass er ihm glauben konnte.
Elysse
errötete, als Cliff schroff sagte: »Wo ist Montgomerys Leichnam?«
Alexis
Blick war unverwandt auf sie gerichtet. Elysse zitterte in den Armen ihrer
Mutter. Ausdruckslos sagte er: »Die Leiche liegt draußen auf der
Terrasse.« Und finster fügte Alexi hinzu: »Wir haben miteinander gerungen,
und er ist mit dem Kopf auf die Steinstufen geschlagen.«
Devlin
sagte: »Sie waren also auf dem Rasen, nicht auf der Terrasse.«
Alexi sah
ihn kühl an.
Devlin
bekam einen roten Kopf. »Wohin hat er dich geführt?«, fragte er Elysse.
»Ich weiß
nicht – ich hatte die Terrasse nicht verlassen wollen.«
»Als ich ihn sah,
wollte ich ihn umbringen.«
Cliff
erbleichte. »Hat irgendjemand etwas gesehen?«
Elysse biss
sich auf die Lippen. Sie wollte jetzt nicht die beiden Frauen in der Halle
erwähnen.
Alexi sah
das offensichtlich genauso, denn er sah sie mahnend an. »Wir können nicht zu
den Behörden gehen.« Alexi sprach schnell und mit Nachdruck. »Wenn wir das
tun, werden die Ereignisse dieses Abends öffentlich gemacht, früher oder
später, während einer Ermittlung oder sogar eines Verfahrens. Davon würde
Elysse sich niemals erholen.«
Sie wusste,
er würde jetzt alles tun, um sie zu beschützen. Cliff wandte sich an Devlin.
»Wir müssen den Leichnam verschwinden lassen.«
Devlin nickte.
»Einverstanden.«
Virginia
flüsterte: »Sie werden sich darum kümmern, Darling. Alexi wird nichts
geschehen, und dir auch nicht.«
Elysse
betete, dass ihre Mutter recht hatte.
Devlin und
Cliff sahen einander an. Devlin sagte: »Wir werden Montgomery auf See
bestatten. Niemand wird je etwas davon erfahren.«
Er hatte gerade einen Mann getötet.
Es war halb
vier am Morgen, und in Windhaven war alles ruhig. Die Frauen schliefen fest in
der zweiten Etage. Alexi folgte seinem Vater, Devlin und Jack in die Küche. Die
Männer hatten das Haus unauffällig durch den Hintereingang betreten. Den Frack
hatte er schon vor langer Zeit ausgezogen, und sein weites weißes Hemd war nun
schwarz von Schmutz und Öl. Die Ärmel hatte er bis zum Ellenbogen hochgerollt.
Es fiel ihm noch immer schwer, klar zu denken. Bewusst war ihm nur der
hämmernde Schmerz in der Brust und in seinem Kopf. Selbst seine Rippen taten
weh, als wären sie geprellt oder gebrochen. Es tat so weh, dass ihm das Atmen
schon während der ganzen Nacht schwergefallen war.
William
Montgomery war tot.
Aber Elysse
war nichts passiert.
Er zitterte
vor Erschöpfung. Elysse war bedrängt worden – angegriffen. Sie hatte versucht,
sich von Montgomery zu befreien. Ihre Röcke waren über die Schenkel
hochgeschoben gewesen. Als er das gesehen hatte, hatte er ihre Angst gespürt,
ihre Furcht, die Panik.
Sofort
hatte er den anderen Mann vernichten wollen. Und so war es dann auch gekommen.
Der Tod war
ihm nicht fremd. Aber in Notwehr blutrünstige Piraten abzuwehren war eine
Sache. Was in dieser Nacht geschehen war, das war etwas anderes. Und es fiel
ihm schwer, das zu verstehen.
Montgomery
war sein Schiffskamerad gewesen. Sein Navigator. Sein Freund. Er hatte Alexis
Leben gerettet. Und Alexi hatte ihn gerade umgebracht ...
Es konnte das
nicht begreifen.
Die anderen
Männer waren ebenso zerzaust und schmutzig. Seit sie den Hafen von Limerick
verlassen hatten, hatte keiner von ihnen ein Wort gesprochen. Schweigend
folgten sie nun Cliff durch die weitläufige Küche, die abgesehen von einem
kleinen Feuer in völliger Dunkelheit lag, dann weiter durch eine ebenso
spärlich beleuchtete Halle in die Bibliothek. Cliff machte sich nicht die Mühe,
die Teakholz-Türen zu schließen. Stattdessen zündete er einige Gaslampen an.
Devlin ging
hinüber zu den Spirituosen und schenkte aus einer Karaffe Brandy in vier Gläser
ein. Seine Miene war finster. Auch er war tief in Gedanken. Alexi stand nur da
und beobachtete ihn, ohne ihn wirklich zu sehen. Sein Kopf schmerzte heftiger
als je zuvor.
Er hatte
Montgomery vollkommen falsch eingeschätzt. Wenn er gewusst hätte, wozu dieser
Mann fähig war, dann hätte er ihn nie mit nach Hause gebracht, und schon gar
nicht nach Askeaton Hall. Ihm
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