Brenda Joyce
er.
Francesca lächelte und steckte ihre Pistole wieder weg. Sie
blickte sich neugierig um. Grace Conway hatte ganz offensichtlich recht viel
Geld in ihre Einrichtung gesteckt – die Stoffe der Sessel- und der Kissenbezüge
waren sorgfältig ausgewählt worden, der Perserteppich schien kostspielig
gewesen zu sein und über dem Esstisch hing ein aufwendiger kleiner
Kristallkronleuchter. Auf dem Tisch stand ein großer, silberner Kandelaber.
Francesca fand, dass es eine ausgesprochen geschmackvoll eingerichtete
Wohnung war. Ob Evan für die Möbel bezahlt hatte? Oder sogar für die ganze
Wohnung? Ihr wurde ganz elend zumute, wenn sie an den Moment dachte, in dem
sie ihm erzählen musste, was geschehen war.
Bragg durchwühlte die Schubladen eines eleganten Sekretärs, der
in der hinteren Ecke des Zimmers stand, neben Doppelfenstern mit steifen
Brokatvorhängen. Er nahm auf dem Stuhl davor Platz.
Francesca schritt hinüber, wobei sie nicht
widerstehen konnte, einen neugierigen Blick in Miss Conways Schlafzimmer zu
werfen, und sie errötete, als sie ein Himmelbett mit einer rosa-weißen
Tagesdecke und einem passenden Baldachin sah.
»Ihr Bruder hat die Miete für diese Wohnung bezahlt«, sagte Bragg
ausdruckslos.
Francesca wurde bang ums Herz. »Das überrascht mich nicht«,
erwiderte sie.
Bragg drehte sich mit dem Stuhl zu ihr um. »Ich habe einige
Liebesbriefe gefunden.«
»Von
Evan?«
»Von
Evan.«
»Nun ja,
sie war seine Mätresse.«
Bragg betrachtete sie forschend. »Ich möchte nicht, dass das hier
in die Zeitungen kommt.«
Sie biss sich auf die Lippe und trat näher auf
ihn zu. »Wenn Evan in die Angelegenheit verwickelt sein sollte, dann höchstens
am Rande. Das wissen Sie.« Ihr Blick, der nach Trost und Beruhigung suchte,
wich nicht von ihm.
»Gewiss«, sagte er leise. »Aber ich weiß auch,
dass sich Männer schon seit Urzeiten ihrer unerwünschten Mätressen entledigen.
Einem Reporter wie Arthur Kurland käme eine solche Geschichte gerade
recht und das ist es, was mir Sorgen bereitet.«
»Ich weiß«, flüsterte sie verzweifelt. »Der Gedanke daran, was die
Öffentlichkeit sagen und denken wird, wenn diese Sache ans Licht kommt, quält
mich schon lange. So viele Leute wissen, dass sich Evan nichts aus Sarah macht!
Eigentlich weiß die ganze Welt, dass es eine arrangierte Partie ist. Erst
Sarahs Atelier und jetzt Miss Conway ... Es sieht nicht gut aus, nicht wahr?«
Bragg erhob sich rasch, und bevor sie sich versah, hatte er
tröstend den Arm um sie gelegt. »Wir wissen beide, dass Ihr Bruder kein
Verrückter ist und lediglich wütend auf Ihren Vater und niemanden sonst. Wir
werden die Ermittlungen ohne viel Aufhebens führen, um Ihrem Bruder Unannehmlichkeiten
zu ersparen. Wir treffen uns morgen bei Ihnen zu Hause«, fügte er hinzu.
Francesca wandte sich ihm zu. »Evan ist nicht in diese Angelegenheit
verwickelt. Das wissen wir beide!«
»Wir wissen, dass er kein Mörder ist«, sagte
er ruhig.
Sie starrte in seine ernst dreinblickenden Augen. Er würde immer
ihr Fels in der Brandung sein, sie niemals im Stich lassen. Wie so oft wusste
sie auch jetzt genau, was er gerade dachte. Sie waren beide davon überzeugt,
dass Evan kein Mörder war, aber es mochte Leute geben, die anderer Ansicht
waren.
»Sie dürfen Evan von Miss Conway erzählen, aber befragen Sie ihn
bitte nicht«, fügte Bragg hinzu.
Ein bitteres Gefühl stieg in ihr auf und sie
löste sich von ihm. »Ist es das, was Sie vorhaben? Sie wollen ihn verhören?«
»Ehrlich gesagt, ja«, antwortete er. »Ich
muss davon ausgehen, dass Ihr Bruder irgendwie in die Sache verwickelt ist.«
Als er ihr grimmiges, unglückliches Gesicht sah, fügte er hinzu: »Aber wenn wir
Glück haben, wird sich Miss Conways Ermordung lediglich als ein trauriger
Zufall erweisen.«
Francesca trat einen Schritt von ihm fort. Sie war überaus
bekümmert, doch sie gab sich große Mühe, gelassen zu bleiben. Zum ersten Mal
bereute sie ihren Entschluss, Privatdetektivin geworden zu sein.
Nein, korrigierte sie sich im Stillen, sie wünschte sich nur, diesen Fall nicht lösen zu müssen.
Sie hatten
die Villa der Cahills erreicht. Das Gebäude lag in der Fifth Avenue, zwischen
der Sixt-First und der Sixty-Second Street, nur zwei Häuserblocks weit vom
Metropolitan Club entfernt und trug die Nummer 810. Braggs Daimler bog surrend
in die Auffahrt vor dem Haus ein. Francesca saß zitternd neben ihm auf dem
Beifahrersitz. Sie war müde geworden – schließlich war
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