Brenda Joyce
apricotfarbenen Kleid, zu dem sie ein enges, mit
Zitrinen besetztes Halsband trug. Viele waren der Ansicht, dass sich die
Cahill-Schwestern wie ein Ei dem anderen glichen, aber Francesca hatte ihre
Schwester immer für die Schönere gehalten. Sie bewunderte Connie dafür, dass
sie immer – ganz gleich, zu welcher Tageszeit – außerordentlich elegant
gekleidet war. »Was führst du denn jetzt wieder im Schilde, Fran?«, fragte
Connie mit neckender Stimme.
»Sie hat mit Bragg angebandelt!«, erwiderte
Evan grimmig. Dann kehrte er seinen Schwestern den Rücken zu und bahnte sich
einen Weg durch die Gästeschar.
Connies Brauen wanderten kurz in die Höhe, ehe sie sich Francesca
zuwandte. »Soweit es mich angeht, sind das gute Neuigkeiten. Du weißt, dass ich
den Commissioner mag.«
Francesca schwieg. Erleichtert stellte sie fest, dass sich ihre
Eltern außer Hörweite befanden. Die beiden unterhielten sich in einiger
Entfernung mit zwei anderen Ehepaaren, während sie die Löwendressur beobachteten.
Connie mochte Bragg tatsächlich und war
geradezu entzückt, dass ihre Schwester im reifen Alter von zwanzig Jahren endlich
einmal romantische Gefühle für einen Gentleman zu hegen schien.
Francesca blickte Connie an und wurde schmerzlich an das Geheimnis
erinnert, das sie vor ihr verbarg. Einige Tage zuvor hatte sie Connies Ehemann
bei einer leidenschaftlichen Umarmung mit einer anderen Frau beobachtet, doch
sie hatte ihrer Schwester kein Wort darüber verraten.
Es fiel ihr immer noch schwer zu glauben, dass Neil Montrose seine
Frau betrog. Francesca hatte ihren gut aussehenden, aristokratischen Schwager
von dem Moment an, als sie ihm fünf Jahre zuvor vorgestellt worden war,
angebetet. Und bis zu jenem Vorfall hatte sie geglaubt, er liebe seine Frau über
alles. Doch darin hatte Francesca sich offenbar getäuscht.
»Ach, du meine Güte!«, entfuhr es Connie
plötzlich, die mit großen Augen das Spektakel auf der Tanzfläche beobachtete.
Francesca drehte sich um und sah, dass die spärlich bekleidete
Frau mittlerweile auf dem Rücken eines der Löwen ritt. Einige Männer pfiffen,
als die Frau ihnen zuwinkte.
»Sieht gefährlich aus«, brummte Francesca.
»Mehr als gefährlich«, sagte Connie. »Also, Fran, was ist los mit
dir?«
Francesca schob den Gedanken an Neil Montrose beiseite. »Bragg hat
abgesagt«, erklärte sie. Ihre Schwester war die Einzige, die von der
Verabredung wusste.
»Wie bitte?« Connie warf ihr
einen entgeisterten Blick zu.
»Ich bin eine Närrin«, fuhr
Francesca fort. »Und verdammt enttäuscht.« Dadurch, dass sie es laut aussprach,
gestand sie es sich zum ersten Mal selbst ein.
Plötzlich wurde es im Saal auffällig still,
und Francesca blickte zur Tanzfläche hinüber. Die Frau hing jetzt mit dem Kopf
nach unten an einem Trapez, wobei der kurze Rock beinahe ihr Hinterteil
entblößte und ihre Brüste aus dem engen Korsett quollen. Einer der Dompteure
hielt die vier Löwen in Schach, die friedlich in einer Reihe dalagen. Die drei
anderen Männer bildeten eine menschliche Pyramide, und ganz offensichtlich
wollte der oben stehende Mann die Akrobatin in der Luft an den Händen
ergreifen.
»Oh, Fran, ich bin mir sicher, dass Bragg
einen guten Grund dafür hatte. So etwas kommt vor«, hob Connie an, ohne die
Augen von dem Geschehen auf der Tanzfläche zu nehmen.
»Du bist voreingenommen«, sagte Francesca.
»Das bist du auch«, erwiderte Connie.
In diesem Augenblick schrie die Menge auf.
Der Mann, der auf den Schultern seiner beiden Kollegen gestanden hatte, hing
jetzt ebenfalls kopfüber an dem Trapez, sodass die beiden Akrobaten jetzt
Rücken an Rücken gefährlich dicht über den Köpfen der Gäste hin und her
schwangen.
»Himmel!«, stieß Connie hervor. Ihre Wangen waren vor Aufregung
gerötet.
Auch Francesca starrte sprachlos zu den beiden
Trapezkünstlern hinauf. Plötzlich veränderten die beiden ihre Position und
saßen mit einem Mal oben auf dem Trapez, die Gesichter einander zugewandt, die
Frau auf dem Schoß des Mannes.
Jemand pfiff, und ein Mann rief etwas. Andere
applaudierten. Die Akrobaten versetzten die Schaukel mit Hilfe ihrer Körperbewegungen
in immer größere Schwingungen. Es war beinahe so, als würden sie sich auf dem
Trapez lieben.
Francesca stammelte: »Glaubst du etwa ... Sie werden es doch nicht
wagen ... Das würde White doch nicht zulassen!«
»Das
erscheint mir nun doch ein wenig unanständig«, hauchte Connie, ohne die Augen
von den beiden
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