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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David
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besten mit ihm an, dachte Gero und nahm neben ihm Platz.
    »Was willst du, Sachse?« knurrte der Herzog und rückte dabei ein Stück von ihm weg.
    »Mit dir trinken, wenn es beliebt.«
    »Beliebt nicht«, entgegnete Eberhard dumpf. »Mit einem Sachsen trinke ich nicht. Einer so falsch wie die anderen … Schere dich zur Hölle, verdammtes Aas!« schrie er auf einmal, holte aus und hätte unweigerlich Geros Krug vom Tisch gefegt, wenn ihm sein rechter Nachbar nicht in den Arm gefallen wäre. In diesem Moment erinnerte sich der Graf, daß Eberhard kürzlich vom König bestraft worden war, weil er die Burg eines seiner Vasallen niedergebrannt hatte.
    Auch in den folgenden Tagen gelang es Gero nicht, seine Isolierung zu durchbrechen. Bald merkte er, daß dies allein nicht an seiner Ungeschicklichkeit liegen konnte. War der König zugegen, wurde er mit ausgesuchter Höflichkeit behandelt, in dessen Abwesenheit jedoch zeigten ihm viele die kalte Schulter. Selbst Männer, von denen er bis dahin gemeint hatte, daß sie ihm gewogen waren, mieden ihn. Sowie er sich ihnen näherte, verstummte die Unterhaltung, und nicht selten löste sich die Gesprächsrunde dann auf.
    Andere, wie die ihm künftig unterstellten Grafen Christian und Thietmar, wichen ihm zwar nicht aus, ließen indes erkennen, daß sie es gern getan hätten. Befahl er die beiden zu sich, gehorchten sie sofort, schauten aber, während er zu ihnen sprach, wie ertappte Verbrecher umher. Ähnlich erging es Gero mit Graf Hermann, seinem Amtskollegen an der Niederelbe. Eben noch hatte dieser, vom König dazu angehalten, seine Erfahrungen mit den Obodriten geschildert und dabei auch freimütig über die Mißhelligkeiten berichtet, die ihm seine Erhebung im verflossenen Jahr eingetragen hatte. Eine Weile später geschah es, daß sich ihre Blicke an der Tafel kreuzten, und Gero, in der Annahme, daß sie natürliche Verbündete seien, zwinkerte Hermann freundschaftlich zu. Da erstarrte dieser, wurde rot und senkte bestürzt die Augen.
    Der einzige, der Gero ungezwungen begegnete, war sonderbarerweise Ottos Bruder Heinrich, ein Jüngling von fast mädchenhafter Schönheit, dem nachgesagt wurde, daß er grenzenlos hochmütig wäre. Einmal trafen sie einander auf der Treppe. Überzeugt, daß ihn der Prinz nicht beachten werde, verneigte sich Gero flüchtig und trat hierauf zur Seite. Heinrich stürmte vorbei, hielt jedoch plötzlich inne, und als er den Grafen erkannte, hellte sich sein bartloses Gesicht auf. »Wie geht es dir, Graf Gero?« erkundigte er sich lebhaft und betrachtete ihn mit der kalten Neugier eines Kindes, das gerade einer Fliege die Beine ausreißt.
    »Gut, Herr«, entgegnete Gero überrascht, worauf der junge Mann, der sonst nur selten lächelte, in schallendes Gelächter ausbrach, ihm auf die Schulter klopfte und weiterlief. Fortan richtete Heinrich, sobald er seiner ansichtig wurde, stets diese Frage an ihn und ließ danach, ohne die Antwort abzuwarten, sein rätselhaftes Lachen ertönen.
    Die Woche in Magdeburg wurde für Gero zu einer Tortur. Tagsüber, auf der Jagd, hatte er sich in der Gewalt, nahte aber der Abend, befiel ihn ein Zittern, Kopf und Magen begannen zu schmerzen und der Körper zu jucken. Irgend etwas braute sich zusammen, er spürte es ganz deutlich. Und da Thankmar dem Hoftag ferngeblieben war, mußte der Graf immer häufiger an Ottos letzte Worte bei ihrer Unterredung im August denken.
    Dieser wollte von seinen Befürchtungen allerdings nichts wissen. »Wie hast du dir den Weg nach oben denn vorgestellt?« sagte er, als ihn Gero auf die Stimmung unter den Großen aufmerksam machte. »Steil und steinig, im übrigen aber wie jeder andere – vielleicht so? Bei Gott, ich wünschte ebenfalls, er wäre bloß das. Doch leider zieht es auch noch auf ihm. Die meiste Kraft benötigst du deshalb nicht zum Gehen, sondern um zu verhindern, daß du wieder ins Tal geblasen wirst. Unten warten sie nämlich schon darauf, daß du ihnen vor die Füße rollst … Glaubst du, ich wäre besser dran? Vor einigen Tagen habe ich Heinrich beschenkt, das Gut bei Merseburg, du weißt. Trotzdem überlegt mein kleiner Bruder von früh bis spät, wie er es bewerkstelligen kann, daß wir unsere Plätze tauschen. Beklage ich mich etwa darüber?«
    »Du mißverstehst mich, Herr König. Ich bin auf Neid gefaßt, und soweit seine Folgen nur mich betreffen, sind sie mir gleichgültig. Aber betreffen sie wirklich nur mich? Es will mir scheinen, als sei ich für einige

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