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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David
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müssen ausnahmslos dran glauben.«
    Er ballte die Fäuste.
    »Wißt ihr, was diese Hunde tun? Sie sondern die Knaben aus, messen sie, und wer groß genug ist, daß er ihnen nicht mehr unter die Achselhöhlen paßt, springt über die Klinge. Von meinen Bauern hat sich lediglich die Hälfte retten können, der Rest ist tot oder irrt durch die Wälder. Bei meinen Nachbarn sieht es ähnlich aus. Welch ein Aderlaß!« rief er stöhnend und fing an, die Namen der zerstörten Ortschaften aufzuzählen.
    Otto hatte sich erhoben, lief jetzt zum Ofen und spie ins Feuer. Heinrich indes kaute weiter. »Das ist eine wichtige Nachricht«, sagte er mit vollem Mund. »Einerseits beabsichtigen unsere Gäste anscheinend, das Grenzgebiet auf Jahre hinaus möglichst vieler seiner wehrfähigen Männer zu berauben. Andererseits wünschen sie offenbar, daß es nicht gänzlich verödet, sondern ihnen als eine Art Vorratskammer erhalten bleibt. Einen Sinn ergibt das nur, wenn sie vorhaben, uns künftig wieder regelmäßiger zu beehren. Alles deutet darauf hin, daß sie ihrer Sache ziemlich sicher sind, was mir natürlich sehr zupaß kommt.«
    »Kommt es das, Vater?« entgegnete Thankmar dumpf. »Wie du redest …« Er spannte die Wangenmuskeln. »Aber dich hat es ja auch nicht so hart getroffen wie uns. Unsere Bauern sind es vor allem, die du diesen Hunden als Köder vorgeworfen hast. Rechne nicht damit, daß ich mich freue, weil sie ihn verschlungen haben.«
    Heinrich, im Begriff, einen Fisch zu entgräten, schaute verwundert auf. »Köder? Verschlungen? Verstehst du, wovon er redet?« sagte er zu Otto. »Meinen Besitz hätte es nicht getroffen?« wandte er sich wieder an Thankmar. »Nun, mich dünkt … Gerade nanntest du einige Dörfer, deren Bauern ich durchaus zu den meinen zähle.«
    »Dir bleiben wahrhaftig genug!« Thankmar lachte schrill. »Wovon ich rede? Davon, daß du doch vermutlich längst wußtest, daß die Ungarn anrückten. Trotzdem hast du es bis zum letzten Moment verheimlicht.«
    »Warum zum Teufel hätte ich es verheimlichen –«
    »Ach Vater, wer kennt schon deine Pläne. Ich wenigstens«, Thankmar streifte Otto mit einem anklagenden Blick, »darf mich dessen seit geraumer Zeit leider nicht mehr rühmen.«
    Es entstand eine Pause.
    »Du bist verrückt, mein Freund«, sagte der König nach einer Weile gelassen. »Oder übermüdet? Gewiß, das wird es sein. Also gut. Du hast deinen Auftrag erfüllt, und dafür danke ich dir. Wenn dir noch etwas einfällt, teile es mir morgen mit. Jetzt will ich dich nicht länger aufhalten. Schlafe dich aus oder tue, was dir beliebt.«
    Thankmars Gesicht wurde fleckig. »Ich soll gehen?« würgte er hervor.
    »Aber ja. Worauf wartest du?«
    Thankmar bückte sich nach seiner Mütze, setzte sie jedoch nicht auf. Schnaufend ging er zur Tür und drehte sich um. »Worauf ich warte?« fragte er entrüstet. »Du scheinst zu vergessen, daß es auch mein Eigentum ist, das du deinen Plänen geopfert hast. Ich bestehe nicht auf einer Entschädigung, und zwar allein deshalb, weil ich weiß, daß andere sie dann ebenfalls fordern könnten. Eine Geste des Mitgefühls darf ich aber wohl verlangen.«
    Otto sah Thankmar ungläubig an, seufzte leise und barg das Gesicht in den Händen. Heinrich legte das Messer beiseite und lehnte sich zurück. »Was für eine schmutzige Lüge!« sagte er, während er seinen Bart nach Speiseresten absuchte. »Kein einziger von ihnen hätte sterben müssen, wenn meine Anweisungen befolgt worden wären. Sie hätten den größten Teil des Viehs, Futter, Saatgut und etwas Hausrat mitnehmen können, kurz alles, was man braucht, um über den nächsten Winter zu kommen. Aber nein, im Unterschied zu früher wollten sie diesmal offenbar auf gar nichts verzichten. Warum? Noch besitze ich keine Beweise, doch gibt es bereits Anzeichen, daß einige von euch, meine Herrn Thüringer, die Bauern beschwichtigt haben. Ihr hättet ihnen ja fürs erste die Abgaben erlassen oder sogar mit ihnen teilen müssen. Und weil euch das nicht paßte, hieltet ihr es für das Schlauste, mich ein bißchen unter Druck zu setzen. All die Jahre hat der König versprochen, daß er die Ungarn so schnell wie irgend möglich verjagen werde; erfährt er, daß zahlreiche Menschen nicht rechtzeitig geflüchtet sind, wird er gezwungen sein, mit seinem Heer unverzüglich aufzubrechen. So habt ihr doch spekuliert, nicht wahr?«
    Thankmars Augen traten hervor, seine Lippen begannen zu beben, und das schöne schmale

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