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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David
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bemerke ich eine Lücke. Ich befehle, die Lücke zu schließen, aber unsere Pferde werden plötzlich langsamer, es ist, als träten sie auf der Stelle, und so können die Ungarn ungehindert entwischen. Schweißgebadet wache ich auf … Mir ist klar, was es mit diesem Traum auf sich hat. Noch nie habe ich soviel geplant wie im letzten Jahr, alles will ich vorhersehen und lenken, nichts dem Zufall überlassen. Eigentlich ist das gegen meine Überzeugung. Ich fand immer, man müsse dem Glück einen gewissen Spielraum gewähren, dürfe es nicht zu gängeln suchen, weil es sich sonst dafür rächt. Diesmal wich ich von diesem Grundsatz ab, und das bedrückt mich. Verstehst du, was ich meine?«
    »Ich denke schon«, antwortete Otto. »Für meinen Teil glaube ich allerdings, daß sich die Vorsehung«, er betonte das Wort, »um solche Erwägungen nicht schert und unbeirrt ihre Absichten verfolgt. Schließlich ist sie keine launische Frau, sondern der Wille Gottes, daher handelt sie nicht neben, sondern durch uns.«
    »Glaubst du?« fragte der König und nickte Otto aufmunternd zu.
    »Ja«, sagte dieser knapp und hüllte sich wieder in Schweigen.
    Heinrich, ein wenig enttäuscht, blickte zum Fenster, an dessen hölzerner Klappe der Sturm rüttelte. Winzige Eiskörner stäubten durch die Ritzen, schmolzen während des Fluges und bildeten auf den Dielen kleine Pfützen. Vom Hof drang das kratzende Geräusch der Schneeschieber herauf.
    »Natürlich schmerzt es auch mich, daß ich diesem Gesindel nicht sofort das Fell über die Ohren ziehen kann«, hörte er sich auf einmal sagen. »Die Bauern vertrauten mir, und sie tun es weiterhin. Sie haben die Burgen erbaut und die Übergriffe der Besatzungen erduldet. Nun muß ich zulassen, daß man sogar ihre Kinder tötet. Wahrhaftig, manchmal verüble ich es meinem Schöpfer, daß er ausgerechnet mir dieses Amt übertrug.«
    Auf Ottos Gesicht malte sich Verwirrung, die rasch in einen Ausdruck von Unbehagen überging. »Du machst dir grundlos Vorwürfe«, sagte er mürrisch. »Dein Sieg wird alle Opfer rechtfertigen. Außerdem hattest du keine Wahl …« Er brach ab, als habe ihn diese Beteuerung maßlos erschöpft.
    Sein Vater betrachtete ihn nachdenklich. »Was ist mit dir?« fragte er. »Mißfällt dir etwas?«
    »Mir? Nicht, daß ich wüßte«, erwiderte Otto, wobei er unwillig die Brauen zusammenzog. »Obschon …«, setzte er mit spröder Stimme hinzu. »Du warst sehr hart zu ihm, allzu hart, wie ich meine. In meiner Gegenwart … Ich leugne nicht, es war mir unangenehm.«
    Der König, er hatte sich bei diesen Worten leicht verfärbt, spitzte den Mund und begann, mit den Fingern seiner Rechten auf die Tischplatte zu trommeln. »Es war dir also unangenehm«, sagte er düster. »Das tut mir leid.«
    »Ich weiß, Vater, er forderte dich heraus. Aber warum hast du ihn vom ersten Augenblick an so abweisend behandelt? Zeige ihm doch, daß du ihm vertraust, es würde ihn glücklich machen.«
    »Glücklich, ach was! Er zürnte mir bereits, als er hereinkam. Und dir, wie mir schien, nicht minder. Kaum, daß er uns einmal ansah.«
    »Er fühlt sich benachteiligt, das verbittert ihn«, wandte Otto vorsichtig ein. »Früher jedenfalls mochten wir einander. Soweit es mich betrifft, hat sich daran nichts geändert.«
    Heinrich beugte sich vor und schaute sinnend an ihm vorbei. »Demnach wäre ich es, der euch entzweit hätte?« bemerkte er nach einer Weile. »Nun, das ist wohl möglich. Irgendwann freilich«, fuhr er entschlossen fort, »wäre es ohnehin dazu gekommen. Er ist des Königs ältester Sohn und kann sein Nachfolger doch nicht werden, zumindest solange nicht, wie es dich und deine Brüder gibt. Niemals wird er sich damit abfinden, sondern darin immer eine unverdiente Strafe sehen. Von einer solchen Ansicht bis zur Rebellion sind es nur wenige Schritte. Er steht meinem Herzen näher, als du ahnst, und gerade deshalb werde ich weiterhin dafür sorgen, daß er gar nicht erst in Versuchung gerät, diesen Weg einzuschlagen.«
    Otto neigte den Kopf und bedeutete dem Vater so, daß er nicht länger beabsichtigte, ihm zu widersprechen. Dieser, nun vollends verstimmt, widmete sich wieder seinem Essen. Seit geraumer Zeit verspürte er häufig den Wunsch, einen Menschen an seiner Seite zu wissen, der ihm nicht bloß gehorchte, sondern ihn wirklich verstand und seine Entscheidungen ohne jede Berechnung guthieß. Niemand schien ihm für eine solche Rolle besser geeignet als dieser kluge und

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