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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David
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Gesicht erbleichte. »Das ist ungeheuerlich!« brach es aus ihm heraus. Er preßte die Hände gegen die Schläfen und fuhr keuchend fort: »Ja, wir haben den Leuten gesagt, du würdest es nicht zulassen, daß sie der Ungar abermals überrumpelt. Immer wieder haben wir ihnen das in den letzten Jahren versichert, und zwar in deinem Auftrag. Und diese Hoffnung hätten wir innerhalb weniger Tage zerstören können? Du solltest unsere Bauern doch kennen! Nicht Tage, sondern Wochen hätten wir hierfür gebraucht. Der eine jammerte wegen seiner Tauben, ein zweiter wollte noch seinen Brunnen zumauern, und alle hatten Angst, daß ihnen unterwegs das Vieh krepiert. Ich habe gefleht, gelockt und geflucht, sie beeilten sich trotzdem nicht. Der König wird uns nicht im Stich lassen, hielt mir noch am Morgen meiner Abreise einer der Dorfältesten entgegen. Was hätte ich ihm antworten können?«
    Heinrich winkte ab. »Du hast versucht, die Leute zu beschwatzen – meinethalben. Aber was vermag der Mund, wenn das Herz etwas ganz anderes fühlt? Deines haderte mit mir. Es überrascht mich daher nicht, daß man dir nicht gehorchte.«
    Thankmar zögerte. »Es ist wahr, ich grollte dir«, gab er schließlich trotzig zu. »Und ich grolle dir noch mehr, seitdem ich weiß, daß du die Herzöge viel früher vom Nahen der Ungarn benachrichtigt hattest als uns. Denn wie sonst läßt es sich begreifen, daß ihre Aufgebote genau dann –«
    »Wann hätte ich sie deiner Ansicht nach zu Hilfe rufen sollen?« schnitt ihm der König das Wort ab. »Wenn die Ungarn den Rhein erreicht hätten? Und willst du ernstlich behaupten, die Bauern wären im Januar leichter zu bewegen gewesen als jetzt, in die Burgen zu ziehen – auf den bloßen Verdacht hin, daß ein Überfall drohte? Denn um nichts weiter als einen Verdacht – nimm das gütigst zur Kenntnis – handelte es sich damals … Meine Pläne! Deine Bauern!« brüllte er plötzlich mit überkippender Stimme. »Ja, geht es tatsächlich nicht in deinen Kopf, das alles, was ich tue, auch für dich und deinesgleichen geschieht? Worin besteht wohl mein Plan, wenn nicht darin, die Ungarn so zu schlagen, daß sie die Lust verlieren, jemals wiederzukommen? Oder möchtest du, daß wir bis zum Jüngsten Tag vor ihnen zittern müssen?«
    Er hob den Zeigefinger.
    »Nein, das möchtest du natürlich nicht. Wie jeder von uns wünschst auch du sie zur Hölle, vorausgesetzt freilich, daß dein Eigentum dabei keinen Schaden erleidet. Nun, wer verstünde das nicht. Treffen wir uns also nächstens mit ihnen an der Saale und fragen wir sie, ob sie nicht willens sind, sich bereits hier einer Schlacht zu stellen. Gewiß, meine Herrn Ungarn, seid ihr des Reisens überdrüssig, und da unsere Bauern nur ungern ihre Häuser verließen, wäre es doch das Vernünftigste, wir schlügen uns sofort, ohne daß ihr sie zuvor behelligt. Bemerkt überdies, daß die meisten von uns gepanzert sind, ihr dürft deshalb hoffen, daß euch auch die Mühen der Rückkehr erspart bleiben … Du bist zwar ein Narr«, schloß er unvermittelt, »aber das entschuldigt nicht alles. Wage es darum nicht, deine bösartigen Hirngespinste gegenüber anderen zu wiederholen. Sollte mir das jemals zu Ohren gelangen, lasse ich dich scheren und als Hochverräter in ein Kloster sperren. Und jetzt verschwinde.«
    Fassungslos sah ihn Thankmar an. Er öffnete den Mund, ächzte jedoch nur, drehte sich dann taumelnd um und ging.
    Sowie sie allein waren, stand Heinrich auf, lief ein paar Schritte durch die Kammer und nahm wieder Platz. »Mutig ist er ja«, sagte er erschöpft lächelnd. »Und der Wahrheit gefährlich nahe gewesen.« Er blickte zu Otto, und da dieser keine Miene verzog, setzte er hinzu: »Gewiß, ich hätte mit der Schwerfälligkeit der Bauern rechnen müssen. Aber ich wollte nun einmal ganz sichergehen … Dennoch bin ich nicht unzufrieden«, fuhr er aufgeräumt fort. »Die Verluste sind beträchtlich, trotzdem geringer, als ich anfangs befürchtet hatte. Zudem übertreibt er vermutlich ein bißchen. Wie auch immer, unsere Gäste machen also Gefangene. Und«, er lachte kurz, »die Hoftore hängen sie aus! Vortrefflich! Als ob sie es darauf abgesehen hätten, mir eine Freude zu bereiten.«
    Erneut schaute er zu Otto, der teilnahmslos auf den Tisch starrte. »Weißt du, wovon ich fast jede Nacht träume?« sprach der König nach einer Pause weiter. »Wir haben sie umzingelt, stürmen von allen Seiten auf sie zu – da, mir stockt der Atem,

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