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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David
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man damit rechnen, daß der durch keinerlei Beute beschwerte Feind bei einer drohenden Umklammerung unverzüglich die Flucht ergriff. Daran war er kaum zu hindern, beruhte doch die Stärke der königlichen Streitmacht vor allem auf den Panzerreitern, die sich für eine Verfolgungsjagd nicht eigneten. Entkamen die Ungarn, beschwor dies die Gefahr zusätzlicher Verwüstungen herauf, in Gegenden zumal, die für die Abwehr eines Überfalls nur unzulänglich gerüstet waren. Sie konnten versuchen, nach Norden auszuweichen und in das von Kriegern weitgehend entblößte sächsische Hinterland einzudringen, wo sie dann ähnlich hausen würden wie in Thüringen. Oder sie wandten sich nach Franken, um von dort über Bayern nach Böhmen zu gelangen. Beide Stämme aber hatten Hilfstruppen entsandt; es mußte die Herzöge verdrießen, wenn er ihnen zum Lohn dafür Tausende rachedurstiger Heiden auf den Hals hetzte.
    Vorteilhafter erschien ein sofortiger Angriff auf das ungarische Ostheer. Es hatte Raubgut und Gefangene zu verlieren und würde sich daher gewiß einer Schlacht stellen. Sie versprach jedoch allenfalls den halben Erfolg, denn sobald die nach Westen gerittenen Ungarn von der Niederlage ihrer Gefährten erfuhren, würden sie den Kampf vermutlich gar nicht erst aufnehmen oder ihn vorzeitig abbrechen. Nein, wenn er den ganzen Erfolg wollte, und er wollte ihn nach wie vor, gab es nur eines: darauf zu vertrauen, daß Siegfried ihnen standhielt und sie dabei so aufrieb, daß man sie nicht mehr zu fürchten brauchte – und erst danach über die Zurückgebliebenen herzufallen. Ein Sieg des Grafen war durchaus vorstellbar, schließlich hatte er es jetzt bloß noch mit der Hälfte der Ungarn zu tun. Zudem verfügte er über die gesamte Landwehr Westthüringens und der angrenzenden sächsischen Gaue, in der im Verteidigungsfall alle männlichen Bewohner vom dreizehnten Lebensjahr an zu dienen hatten. Zwar handelte es sich bei ihnen überwiegend um Bauern und Knechte, Leute also, deren Kampfwert nicht sonderlieh groß war. Da sie jedoch wußten, was ihnen und den Ihren blühte, falls sie unterlagen, würden sie ihre Anstrengungen sicherlich verdoppeln. Sollten sie trotzdem überrannt werden … aber daran mochte der König vorläufig nicht denken.
    Eine knappe Woche verstrich, dann erwies sich, daß er richtig entschieden hatte. Am Morgen des dreizehnten März erreichte ihn die Nachricht, daß die Ungarn an der Werra geschlagen worden waren, so gründlich, wie er es kaum zu träumen gewagt hatte. Sogleich befahl er den Aufbruch, und schon am Tag darauf befand sich das Heer auf dem Marsch nach Südosten. Unterwegs traf eine weitere Meldung ein, die besagte, daß sich der Feind gesammelt habe und ihnen bereits entgegenzöge. Heinrich frohlockte, denn jetzt würde er es sein, der den Ort des Treffens bestimmen konnte. Am linken Ufer der Helme, nahe der Stelle, wo sie in die Unstrut mündete, ließ er ein Lager errichten. Die Gegend war waldarm und eben, für eine Reiterschlacht somit überaus günstig.

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    D IE K AMPFESWEISE DER Nomaden konnte einen Christenmenschen zur Verzweiflung bringen. Niederlagen, die ihnen vor ungefähr zwei Jahrzehnten von den Bayern zugefügt worden waren, hatten sie gelehrt, daß sie beim Zusammenstoß mit einem zahlenmäßig gleichstarken Reiterheer leicht den kürzeren zogen. Deshalb scheuten sie die Berührung mit dem Feind zunächst und beschossen ihn solange mit Pfeilen, bis er mürbe wurde und floh, was für ihn meist die Vernichtung bedeutete. Ging er aber seinerseits zum Angriff über, warteten sie nicht erst, bis ihre Köcher leer waren, sondern traten geordnet und ohne eigene Verluste den Rückzug an. Sie einzuholen, war wegen der Schnelligkeit ihrer Pferde ein aussichtsloses Unterfangen. Bereits nach kurzer Zeit tauchten sie aus einer anderen Richtung auf, und alles begann von vorn. Dank ihrer hervorragenden Manövrierfähigkeit konnten sie dieses Spiel beliebig oft wiederholen und damit auf Dauer jeden Gegner demoralisieren.
    Gegen diese Taktik half nur eines: sie so weit heranzulocken, daß es für sie zum Wenden der Gäule zu spät war; dann würden sie sich stellen müssen. Um sie zu verleiten, ihre gewohnte Vorsicht aufzugeben, hatte der König seine Streitmacht noch einmal gemustert und dabei fast ein Zehntel der Leute – solche mit gesundheitlichen Beschwerden oder geringer Kampferfahrung – ausgesondert. Die ungarischen Spähtrupps, die das Heer seit dessen Aufbruch beobachtet

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