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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David
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Gerfalken den Anschein, als eile er zu einer Begrüßung. Mühelos die Schwingen bewegend, gewann er rasch an Höhe, ohne jedoch auf den Reiher einzudringen. Dieser, durch das Klingeln der Schellen aufmerksam geworden, fing jetzt an, sich emporzuschrauben, und geraume Zeit konnte man meinen, hier sei ein Spiel im Gange, wer denn höher fliegen könne.
    Endlich gelang es dem Greif, seinen Gegner zu übersteigen, worauf dieser im Nu sein Verhalten änderte: Man sah deutlich, wie er den Kopf mit dem spitzen Schnabel nach oben bog. Obwohl die Zuschauenden wußten, daß diese Taktik in der Regel nur bei unerfahrenen Beizvögeln Aussicht auf Erfolg hatte, entrang sich vielen von ihnen ein Stöhnen; denn wie stets bei diesem Kampf hatte es den Anschein, daß der Falke, wenn er angriff, aufgespießt werden würde. Für die Dauer von zwei Wimpernschlägen leuchtete seine Unterseite in der Sonne auf, dann legte er die Schwingen an und stieß herab. Ein verzweifeltes ›Griäk‹ ertönte. Beide Tiere wirbelten in die Tiefe und trennten sich wieder. Noch einmal gelang es dem Reiher, sich zu fangen. Da begann er plötzlich zu taumeln, und gleich darauf stürzte er, von dem Falken verfolgt, der Erde entgegen.
    Abermals wurden begeisterte Rufe laut. Ein junger Mann, der etwas abseits an einem Baum lehnte, riß sogar die Arme hoch, eine Gebärde, die in sonderbarem Gegensatz zu der mißmutigen Starre seiner Gesichtszüge stand. Der gestutzte Bart sowie die Kleidung wiesen ihn als vornehmen Sachsen aus, er trug jedoch kein Schwert, sondern lediglich ein kurzes Messer.
    Auch sonst unterschied ihn manches von den anderen um ihn herum, war er doch seit mehr als sieben Jahren ein Gefangener. Freilich kein gewöhnlicher. Er wurde nicht geschlagen und nicht verhöhnt. Er bekam genügend zu essen. Nicht einmal an gewissen Zerstreuungen fehlte es ihm. Regelmäßig besuchten ihn Beauftragte des Königs und prüften wohlwollend seine Beschwerden. Sie kümmerten sich nicht nur um die Pflege seines Eigentums, sie sorgten überdies dafür, daß er stets soviel besaß, wie er in die Gefangenschaft mitgebracht hatte; was er verbrauchte, wurde ihm ersetzt. Das reichte weit über die mit seiner Sippe getroffene Vereinbarung hinaus, in der festgelegt worden war, daß sie für seinen Bedarf an Pferden, Hunden, Jagdwaffen und Kleidung aufzukommen habe. Sah man davon ab, daß er bei seinen Ausritten ständig von Wachen umgeben war und nicht in Fehden verwickelt werden konnte, so führte er das Leben eines sächsischen Edelings – und keineswegs das eines der ärmsten.
    Nein, er konnte sich nicht beklagen. Doch obschon er sich dessen bewußt war, empfand er für jene, deren Geisel er war, besonders aber dem Mann gegenüber, den man gestern gekrönt hatte, nichts als Haß. Inständig hoffte er, daß sich der Falke verflogen habe oder verunglückt sei, und je länger er sich dieser Vorstellung überließ, desto wohler wurde ihm. Er malte sich aus, daß sich das Tier mit den Geschühriemen in einem Strauch verhakt und beim Bestreben, sich zu befreien, verletzt habe. Da hing es nun, hilflos flatternd, die weiße Brust blutbesudelt, nicht ahnend, daß bereits ein Fuchs heranschlich und nach ihm schnappen würde … Vielleicht war der Reiher aber auch in den Teich gefallen, worauf sich der Falke, um ihn am Versinken zu hindern, in blinder Gier in ihm festgekrallt hatte und nun mit seiner Beute unterging. Am Ufer aber stand der König, vor Entsetzen wie versteinert.
    »Woran denkst du, Tugumir?« fragte es neben ihm.
    Der Gefangene wandte den Kopf. Über seine Miene glitt ein treuherziges Lächeln. Die tiefliegenden Augen indes blickten so kalt wie zuvor, als er antwortete: »Du hast mich ertappt, Herr Bischof. Ja, ich dachte eben, wie froh ich wäre, hätte auch ich so einen wundervollen Vogel.«
    »Hm«, machte der andere zweifelnd. »Und darum sprichst du von ertappt? Dein Wunsch ist nicht verwerflich. Oder verhält es sich vielleicht so, daß du gern diesen Falken hättest und ihn also dem König neidest?«
    »Es ist, wie du vermutest«, gab der junge Mann ohne Umschweife zu. »In der Tat, für einen Augenblick verspürte ich Neid. Doch ist mir das erst durch deine Worte bewußt geworden.«
    »Für einen Augenblick? Gestehe, auch dies ist nur die Hälfte der Wahrheit. Du willst deinen Schöpfer, mich und selbst dich betrügen. Oder wagst du es, das zu bestreiten?«
    »Nein«, bestätigte der Gefangene, zerknirscht seufzend, »auch darin hast du leider

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