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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David
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schaute sich suchend um und rannte dann zwischen den ihm entgegenströmenden Menschen auf Gero zu. Dieser erkannte ihn jetzt – es war Konrad, sein jüngster Dienstmann.
    »Du mußt umkehren, Herr Graf!« rief der Bursche atemlos. »Wir haben Besuch …« Er stockte, denn eben wurde der Tote an ihm vorbeigetragen.
    »Warum zum Teufel schreist du so!« fuhr ihn Gero an. »Und was meinst du mit Besuch?«
    »Verzeih, Herr.« Konrad strich sich über das erhitzte Gesicht und trat näher. Gedämpft sagte er: »Es ist ein Bote des Königs. Er hat es sehr eilig und will dich sofort sprechen.«
    »Boten haben es immer eilig«, erwiderte der Graf. »Das ändert sich, sobald man sie anständig bewirtet … Wie hast du uns übrigens gefunden?«
    Der andere zuckte die Schultern. »Ich wußte ja ungefähr, wo ich euch hätte einholen müssen, aber von euch war weit und breit nichts zu sehen. Irgendwann kam ich an einer Wiese vorüber, auf der –«
    »Ich verstehe«, unterbrach ihn Gero und streifte Konrad mit einem anerkennenden Blick. »Was ist – habt ihr ihn nun anständig bewirtet?«
    »Wir haben es versucht, doch er wies alles zurück. Nur einen Becher Milch nahm er an. Überhaupt ist das ein merkwürdiger Mann. Er redet mit keinem, selbst seinen Leuten hat er verboten, sich mit uns zu unterhalten. Nicht einmal ins Haus wollte er, wir mußten ihm einen Stuhl in den Hof tragen. Mein Gefühl sagt mir, daß das kein gewöhnlicher Bote ist.«
    »Das klingt beinahe, als ob du dauernd Umgang mit Abgesandten des Königs hättest«, versetzte der Graf spöttisch, stimmte jedoch Konrads Schlußfolgerungen innerlich zu. Nach dessen Schilderung konnte es sich bei dem Ankömmling nur um Werner handeln, einen Mann, den bereits Heinrich mit Aufgaben betraut hatte, die besondere Verschwiegenheit erforderten.
    Gero befiel eine schmerzhafte Erregung, die unterwegs noch zunahm, und um sich abzulenken, zwang er sich, an den Vorfall unter der Linde zu denken. Statt seine Rechtschaffenheit zu bestaunen, hatten sich ihm die Bauern widersetzt – wie hatte das geschehen können? Weil du hochmütig geworden bist, gab er sich sogleich die Antwort. Du verachtest dein Amt und meinst, daß sie das nicht spüren. Sie merken jedoch genau, was in dir vorgeht, und deshalb entgleiten sie dir. Laß dir deine Niederlage also eine Warnung sein. Und höre endlich auf, Wünsche zu nähren, die für dich unerfüllbar sind … Aber indem er sich hierzu ermahnte, fühlte er auch schon, daß ihm eben dies unmöglich war. Sogar jetzt beschäftigte ihn ja nichts anderes als die Frage, welchen Auftrag dieser Bote haben mochte.
    Als sie durchs Tor ritten, bot sich ihnen ein sonderbarer Anblick. Werner (er war es tatsächlich), ein hagerer Mann schwer bestimmbaren Alters, saß auf einem Stuhl in der Mitte des Hofes. Er hatte die Beine übereinandergeschlagen, und obwohl ihn die Nachmittagssonne blendete, schaute er den Heimkehrenden unverwandt entgegen. Um ihn herum standen seine Begleiter, fünf Knechte, die offenbar darauf achteten, daß er nicht von den Tieren behelligt wurde.
    Dieses Bild war ziemlich komisch, doch um der Höflichkeit zu genügen, mußte Gero so tun, als sei er gekränkt. Nachdem sie einander begrüßt hatten, sagte er darum vorwurfsvoll: »Du weigerst dich, mein Haus zu betreten? Ich mochte es nicht glauben, aber nun sehe ich es selbst. Verrate mir gütigst, womit ich solchen Schimpf verdient habe.«
    »Mitnichten, Graf Gero, verdienst du Schimpf«, antwortete Werner mit spröder Stimme. »Ebensowenig freilich tat ich dir welchen an. Überall in Sachsen rühmt man deine Gastfreundschaft, von der es heißt, daß derjenige, der sie genießt, die Kraft verliert, ihr rechtzeitig zu entsagen. Mir, der ich in Eile bin, darf dies auf keinen Fall geschehen. So bleibt mir nur, sie dadurch zu ehren, daß ich mich ihr entziehe. Erweise dich deshalb als mein Freund und versuche mich nicht länger.« Er leckte sich die Lippen und fügte hinzu: »Erlaube nun, daß ich mich meines Auftrages entledige.«
    »Gewiß. Worin besteht er?«
    »Es ist der Wunsch des Königs, dich umgehend zu sprechen. Wie du vielleicht weißt, befindet er sich gegenwärtig in Wallhausen. Wann wirst du bei ihm erscheinen?«
    Der Graf dachte nach. »Ich breche morgen früh auf«, erwiderte er. »Hält das Wetter an, werde ich spätestens am übernächsten Tag bei ihm eintreffen.«
    Werner nickte, rührte sich aber nicht von der Stelle; vermutlich wartete er auf die Frage, was der

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